Barclay James Harvest
All is safely gathered in; An Anthology 1967 - 1997 (5-CD-Box-Set)
|
|
|
Barclay James Harvest gehören zu den progressiven Super Acts der 70er, die von Kritikern in der Vergangenheit ähnlich wie Supertramp oft als zu leicht befunden wurden. Pop-Lastigkeit und damit verbunden unerwünschte Kommerzialität wurde ihnen vorgehalten. Mit dieser opulenten 5-CD-Box im vierteiligen aufklappbaren Digi-Pack geschieht den Briten endlich ein Stück weit Gerechtigkeit.
Nicht nur für die Band auch für die Fans ist Freude angesagt. Denn das Box-Set compiliert nicht einfach Tracks aus den verschiedenen Alben der Band, sondern greift massiv auf Single-Version, b-Seiten und andere oft nicht veröffentlichte Alternative-Versions zurück. CD 5 besteht gar ganz aus Mono-, Demo-, Live- und anderen Sonderversionen.
Wer sich gut geordnet zuerst mit der ersten CD des Box Sets beschäftigt, wird die Labelpolitik der großen Companies von heute wieder einmal verfluchen. Wenn da nicht mit dem Debüt-Album der große Wurf gelingt, werden die Bands wie heiße Kartoffeln fallen gelassen. Barclay James Harvest dagegen gehören zu einer Band, die langsam aufgebaut wurde und Zeit hatte sich zu entwickeln, auch wenn die Plattenverkäufe zu Beginn nicht sonderlich ermutigend waren. Der Grund wird von der ersten CD gut wiedergespiegelt. Der noch sehr stark im Folk verhaftete Art-Rock, der noch kaum Rock war, ist ganz nett, wirkt aber oft recht blass, manches gar ziellos. Am Ende der CD, die nur mit dem überragenden “Mockingbird” einen Titel enthält, der den Test of Time“ bestanden hat, steht mit “After the Day” ein Stück das phasenweise schon den typischen Barclay James Harvest-Sound bietet.
Zu Beginn der zweiten CD wird der Sound dann etwas dunkler, kräftiger und sogar härter, ein qualitativer Quantensprung setzt aber erst mit den Songs von Everyone is everybody else ab Track 10 ein. Hier wird ein Sound kreiert, der die Band bis zum Album XII prägen wird. Mit den folgenden drei Alben steigen Barclay James Harvest langsam auf zum musikalischen Olymp, den sie mit Gone to Earth erreichen, eine Scheibe, die für alle Zeiten den Maßstab für ein Album dieser Band darstellen wird. So sieht es auch John Lees – jedenfalls bis heute. “Ich habe meinen Lieblingssong noch nicht geschrieben. `Hymn´ und `How do you feel now´ kamen ihm nah, aber bis jetzt habe ich es nicht geschafft und vielleicht werde ich es nie tun.“ (Beiheft, Seite 27)
Wie so oft fährt das Album nach dem Durchbruch die Ernte ein, so auch bei Barclay James Harvest. Mit XII erleben die Briten einen Riesenerfolg insbesondere in Deutschland. Gleichzeitig aber muss die Band mit dem Ausstieg von Wooly Wolstenholme den ersten Mannschaftswechsel in ihrer Geschichte verkraften. Sie macht als Trio weiter. Ist es das Fehlen des alten Mitstreiters oder die Luft auf den Gipfeln der Charts, wer weiß? Es folgen jedenfalls zwei recht erfolgreiche Alben, die moderner, synthetischer, poppiger und kommerzieller wirken, als das bisherige Werk. Für die Band lohnt es sich erst einmal. Sie wird Stammgast in den Charts.
Danach ist für viel Fans Schluss mit der Band – zu recht, wie All is safely gathered in zeigt. Die Songs zeigen zum Teil mehr Pathos als Substanz, werden sehr synthetisch und im Vergleich zu den guten Zeiten ziemlich durchschnittlich. All is safely gathered in urteilt hart. Das Album Victim of Circumstance ist hier überhaupt nicht vertreten.
Insgesamt kann man das Box Set nur loben. Die Geschichte von Barclay James Harvest wird dargestellt ohne die Schwachstellen zu vertuschen. Dabei hat man die Highlights aber so gut betont, dass das genussvolle Hören nicht zur verständnisvollen pflichtgemäßen Geschichtsbetrachtung verkommt.
Bereits die Auswahl der Stücke stellt eine klare Wertung dar. Die frühen Jahre der Band bis hin zu den großen Erfolgsjahren Ende der 70er und Anfang der 80er nehmen dreieinhalb CDs in Anspruch. Die folgenden 25 Jahre müssen sich mit der verbleibenden Hälfte der vierten CD begnügen. Und die Sondertracks der fünften CD 5 greifen auch vorwiegend auf die frühen Barclay James Harvest zurück.
Begleitet wird die Box von einem ordentlich gebundenen, 60-seitigem, reich bebildertem, englischsprachigem Booklet – fast schon einem kleinen Taschenbuch, das neben Bildern, Infos etc auch persönliche Statements von John Lees, Les Holroyd, Wooly Wolstenholme und Mel Pritchard enthält. An dieser Stelle ist allerdings auch vorsichtige Kritik anzubringen. Leider ist nie angegeben, woher die jeweiligen Zitate stammen. So kann der Leser nicht nachvollziehen, ob die Musiker sich direkt in der gerade besprochenen Zeit äußern, oder sie aus einer ferneren Zukunft oder gar der Gegenwart heraus kommentieren.
Wer Barclay James Harvest nur von Ferne kennt wird bei der Lektüre des Booklets erstaunt sein, dass die auf den ersten Blick so harmonisch und romantisch wirkende Schmetterlingsband erstaunlich viel politische Songs im Programm hat und ein starkes in Spiritualität eingebettetes gesellschaftskritisches Engagement. Ob diese Spiritualität nun christlich oder irgendwie esoterisch zu verorten ist, ist vor allem am Beispiel ihres grandiosesten Albums Gone to Earth immer wieder einmal diskutiert worden. Und auch in diesem Booklet lässt John Lees die letzte Antwort offen. “Ich bin kein religiöser Freak und ich gehe nicht zur Kirche, aber ich glaube an Gott und ich glaube auch, dass er dem Kokain vorzuziehen ist. Menschen auf Drogen reden oft davon, sie würden einen „Trip“ machen, einen Flug spiritueller Freiheit,“ um dann aus seinen eigene Lyrics zu zitieren: “Don’t try to fly, you might not come down.”
Vor dem Flug durch die Geschichte von Barclay James Harvest muss hingegen nicht gewarnt zu werden, obwohl auch hier akute Suchtgefahr besteht. Euer persönlicher Suchtberater weist daher auf eine mögliche Spätfolge von All is safely gathered in. Sie besteht in der rücksichtslosen Anschaffung des BJH-Backkatalogs.
Norbert von Fransecky
Trackliste |
CD 1: With Words and Pen I write (1968 - 1971)
1 Early Morning (2:30) 2 Pools of Blue (Abbey Road Version) (4:55) 3 Eden unobtainable (3:00) 4 Poor Wages (3:02) 5 Brother Thrush (2:20) 6 Taking some Time on (5:31) 7 The Sun will never shine (5:09) 8 The iron Maiden (2:43) 9 Dark now my Sky (11:57) 10 She said (8:32) 11 Song for dying (5:03) 12 Galadriel (3:14) 13 Mockingbird (6:41) 14 Too much on your Plate (5:30) 15 The Poet (4:18) 16 After the Day (5:18)
CD 2: Round and round now we go (1972 - 1975)
1 Medicine Man (Single Version) (4:28) 2 A Song with no Meaning (4:23) 3 Ursula (The Swansea Song) (2:51) 4 Child of Man (3:18) 5 When the City sleeps (Released under the Pseudonym "Bombadil") (4:10) 6 Summer Soldier (10:28) 7 One hundred Thousand Smiles out (6:06) 8 Moonwater (2002 Remix) (7:20) 9 The Joker (3:29) 10 Crazy City (4:05) 11 Child of the Universe (Alternate Version) (3:38) 12 Negative Earth (Original Mix) (5:33) 13 The great 1974 Mining Disaster (Original Mix) (4:46) 14 For no One (Live) (5:44) 15 Song for you (5:20) 16 Sweet Jesus (3:30)
CD 3: Miles away in endless Flight (1975 - 1979)
1 In my Life (4:39) 2 Titles (3:49) 3 Jonathan (4:45) 4 Ra (7:18) 5 Rock'n'Roll Star (5:17) 6 Suicide? (7:56) 7 Hymn (Single Edit) (4:23) 8 Poor Man's moody Blues (6:55) 9 Hard hearted Woman (4:27) 10 Sea of Tranquility (4:03) 11 Berlin (4:47) 12 The closed Shop (3:46) 13 In Search of England (4:12) 14 The Song (they love to sing) (6:03) 15 Sperratus (4:59)
CD 4: Silver drifting on high (1981 - 1997)
1 In Memory of the Martyrs (7:44) 2 Life is for living (Single Version) (3:31) 3 Nova Lepidoptera (Live) (6:01) 4 Sip of Wine (Live) (4:58) 5 Fifties Child (4:18) 6 Ring of Changes (Single Mix) (4:38) 7 African (5:51) 8 On the Wings of Love (5:56) 9 Lady Macbeth (4:34) 10 If Love is King (6:02) 11 Cheap the Bullet (4:30) 12 The Ballad of Dendhaw Mill (9:00) 13 Back in the Game (6:48) 14 Children of the Disappeared (5:00)
CD 5: The Wheat and the Chaff (1971 - 1997)
1 Dark now my Sky (Live) (9:39) 2 Medicine Man (Abbey Road rough Mono Reduction Mix) (5:21) 3 Ursula (The Swansea Song) (Abbey Road rough Mono Reduction Mix) (3:03) 4 Somewhere there you know (Abbey Road rough Mono Reduction Mix) (3:56) 5 Moonwater (Demo) (6:58) 6 The World goes on (Live) (6:22) 7 Capricorn (Single Edit) (3:25) 8 Love on the Line (Live) (6:30) 9 For your Love (Live) (8:18) 10 Lady Macbeth (Demo) (5:09) 11 John Lennon's Guitar (Demo) (6:29) 12 Cheap the Bullet (Demo) (5:33) 13 Three Weeks to Despair (6:00) |
|
|
|
|
Besetzung |
John Lees (Git, Voc) Les Holroyd (B, Acc Git, Piano, Voc) Wooly Wolstenholme (Keys, Git, Voc) Mel Pritchard (Dr, Perc)
Gäste: Kevin McAlea (Keys) Colin Browne (Keys, Git) Bias Boshell (Keys) Jeff Leach (Keys <1977>) Sam Brown (Back Voc) Jan Ince (Back Voc) Helen Chapelle (Back Voc)
|
|
|
|