Musica Aeterna Bratislava, Peter Zajicek
Lange hat sich Naxos Zeit gelassen, diese Produktion aus dem Jahre 1993
zu veröffentlichen. Schade eigentlich, denn zu verstecken gibt es da
nichts, zu entdecken hingegen vieles. Insofern mag der vom Komponisten dem ersten Stück verliehene (nicht-programmatische) Titel "Bona nova" = Gute Nachrichten/Neuigkeiten, als beredt gelten.
Muffat, der u.a. in Wien, Salzburg und Passau wirkte, ist nicht nur der Herkunft nach (Vater Schotte, Mutter Französin) ein Wanderer zwischen den Welten, sondern auch einer jener Musiker gewesen, die sich darum mühten, die so unterschiedlichen Regional-Stile seiner Zeit zu einer Synthese zu führen. Beeinflußt, teils direkt, teils indirekt, unter anderem durch Corelli, Lully und Kerll finden sich auf diese Weise italienische, französische und deutsche Elemente in seinen Concerti grossi. Wer Vergnügen an musikhistorischen Betrachtungen hat, kann dies an den einzelnen Sätzen nachvollziehen und wird den Abwechslungsreichtum zu schätzen lernen, auch wenn nicht alles in genialer Weise verknüpft erscheint.
Die auf historischen Instrumenten spielende Musica Aeterna Bratislava präsentiert vor allem die einleitenden Sätze der Konzerte, die - in der italienischen Tradition stehend - zumeist einen langsamen, elegischen Grundton aufweisen, sehr gefällig.
Hervorgehoben sei insgesamt der schöne Klang und das gelungene Spiel des Cembalos. Nicht unwichtig, erwächst doch aus dem Continuo alles weitere an Verzierungen, Soloeinsätzen etc., denn die Concerti sind größtenteils aus Kammersonaten entstanden.
Weniger überzeugend gelingt leider die Darbietung der französischen Tanzsätze. Hier legt das Ensemble dann doch eine recht schematische Spielweise an den Tag, die häufig das tänzerische Element zugunsten höfischer Etikette und Steifheit verleugnet. Zwar sollten die Werke auch nicht eigentlich dem Tanz, sondern der Unterhaltung am Hofe dienen, aber daß diese so bieder ausfiel, mag man sich selbst dann nicht vorstellen, wenn man bedenkt, daß es sich um den Hof eines geistlichen Herren, des Bischofs von Passau, handelte.
Ab und an blitzt dann aber doch etwas von der notwendigen Spielfreude auf, so zum Beispiel in der Gigue im ersten oder der Sonate im sechsten Konzert. Allzu schnell jedoch verlöschen diese Glanzlichter wieder und es drängt sich das Gefühl auf, als hätten die Ausführenden hier zuviel Respekt vor der kompositorischen Leistung gehabt und sich deshalb nicht getraut, mal richtig schwungvoll "zuzupacken".
Deshalb geht zudem einiges von der Wirkung verloren, die der Wechsel zwischen den einzelnen Sätzen erzeugt. Durch den starken Kontrast liegt gerade hier der besondere Reiz der Stücke, der sie eigentlich interessanter macht, als etwa die bekannteren Concerti grossi Corellis.
Noch auffälliger wird dieses Manko beim Stimmungs-, Tempo-, Themenwechsel in einem Satz selbst, so in der Aria des dritten Konzertes. Ein Mehr an Schärfe und auch der heutige Hörer würde nicht nur aus historischem Interesse aufhorchen, sondern aus reinem Vergnügen an der Musik die Lautstärke höher drehen.
Dennoch: Es ist zu hoffen, daß Naxos sich nicht wieder so viele Jahre Zeit läßt, um durch "Vol. 2" die Sammlung mit den noch fehlenden 6 Concerti komplett zu machen.
Repertoire: 4 Punkte
Klang: 4 Punkte
Interpretation: 3 Punkte
Edition: 4 Punkte
Gesamt: 15 Punkte
Sven Kerkhoff