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CD Brenner - Segen oder Fluch?
 

Eigentlich wollte Manuel einfach nur einen Artikel schreiben in dem er seine Beschwerden über CD Kopierer loswerden wollte... angesichts der doch recht verschiedenen Meinungen in der Redaktion hat sich daraus allerdings eine kleine Diskussion entwickelt. Hier alle Kommentare der beteiligten Mitarbeiter.


Erst vor wenigen Tagen gab die Plattenindustrie bekannt, dass erstmals mehr CD`s illegal gebrannt als im Handel verkauft worden sind.

Ich persönlich kann diese Entwicklung nicht so ganz nachvollziehen. Sicherlich muss man bei der Musikqualität nur minimale bis keine Abstriche hinnehmen und wird auch fast jeder neuere PC mit einem CD-Rewriter (Brenner) ausgeliefert, doch fehlt diesen Klonscheiben irgendwie das Herz. Das Cover kann zwar mit einem Farbdrucker eingescannt und ausgedruckt werden, der aufkommende Stolz endlich dieses lang herbeigesehnte Teil ergattert zu haben kommt aber nur in den wenigsten Fällen auf. Das Eintauchen in die "Welt" des entsprechenden Werkes durch stundenlanges lesen bzw. interpretieren der Texte, bewundern der Bilder im Booklet, Zuordnung der Komponisten mit den Stücken und das Stöbern durch Zitate und Grußworte der Musiker, wird dem Konsumenten erheblich erschwert, da er an diese Infos höchstens noch durch Medien wie z.B. das Internet kommt. Selbst die Erkenntnis das auf dem Longplayer mehr oder weniger bekannte Gastmusiker mitwirkten, fehlt dem Hörer meist.

Auf längere Zeit setzt bei den beschriebenen Rohlingen der "Radioeffekt" ein, man hört die Teile solange bis die Musik "in" am laufenden Band, ein paar Wochen später verschwindet die CD unter seinen ganzen anderen Kollegen, denen das gleiche Schicksal zuteil wurde und wird zwecks mangelnder Identifikation nur noch selten aus dem Regal geholt. Aber ich denke mal, dass diese Meinung nicht für jeden zutrifft und mancher sich durchaus "nur" mit der Musik zufrieden gibt.

Aber was unternimmt die Musikindustrie gegen den durch anfänglich erwähnten Missstand verursachten Umsatzschwund. Vor einiger Zeit wurden immer mehr CD`s mit einem Kopierschutz ausgestattet, dieser hatte jedoch ein paar schwerwiegende Nachteile. Erstens konnte man das Produkt nicht auf einem PC abspielen um sich z.B. die Arbeit ein wenig durch Musik zu verschönern und zweitens musste auf diese CD auch im Auto verzichtet werden, da bei günstigen Playern immer wenn wegen z.B. einer Fahrbahnunebenheit ein Ruckeln einsetze, diese CD wieder bei Track eins von vorne losging, was tierisch nervte, wie man sich vielleicht vorstellen kann. Nach einem besseren Kopierschutz wird natürlich geforscht, doch dieser kostet natürlich auch etwas und so wird das Preisniveau eines Silberlings, der Dank Urheberrechtsverletzungen und steigenden Kosten oft schon über der Faustregel von 30 Mark oder neuerdings 15,34 Euro liegt, noch mehr steigen. Da man dies dem Kunden nicht zumuten will, versuchen die Plattenfirmen den Kauf ihres Produktes durch diverse Zugaben wie nett aufgemachten Digipacks, Gewinnspielen, Posters usw. schmackhaft zu machen. Auch wird gegen MP3-Börsen im Internet, wo man sich Lieder für lau (meist illegal) runterladen kann, gerichtlich mobil gemacht oder zumindest eine Gebühr von dem entsprechenden Betreiber verlangt.

Damit sich auch in Zukunft noch der "Normalverdiener" dem Musikgenuss hingeben kann würde ich euch raten CD`s zwar zu kaufen, aber nicht jede Ausschussproduktion, die der Markt hergibt, sondern mehr auf Qualität zu achten, sich die CD`s vorher anzuhören und/oder sich in entsprechenden Magazinen darüber zu informieren. So hilft man mit den Preis niedrig und die Qualität hoch zu halten (oder zu steigern), was eigentlich der Idealzustand sein sollte.

Manuel "Oberlehrer" Liebler


Kommentar von Hendrik Stahl:

Ein heikles Thema, in dem ich mit Manuel nur wenig übereinstimme. Das Kopieren von Tonträgern (egal welcher Art) ist nicht illegal. Beim Kaufen eines Tonträgers, eines Rohlings, einer Leerkassette, eines Kassettenrecorders oder eines CD Brenners bezahlt man immer einen gewissen Anteil an GEMA Gebühren, die ja bekanntlich den Musikern zugute kommen. Die GEMA Gebühren, die beim Kauf eines Tonträgers zum Tragen kommen, lizensieren den Käufer automatisch zum Anfertigen von bis zu 7 Kopien die er privat und unentgeltlich (z.B. als Geschenk oder im Tausch) an Bekannte, Verwandte und Freunde weitergeben darf. Illegal ist die Weitergabe erst dann, wenn man dafür Geld verlangt (über den Selbstkostenpreises für Rohling, Hülle etc. hinaus). Das ist aber in den seltensten Fällen so. Einer Band kann es also egal sein ob sie ihr Album original verkaufen oder ob es kopiert wird.

Die einzigen Leidtragenden sind die Plattenfirmen (Händler profitieren ja auch von den Kopien), die dabei natürlich weniger verdienen. Deshalb erfinden die auch solche dummen Sprüche wie "Copy kills music" (korrekt müsste es heißen "Copy kills industry") und unverschämte Kopierschütze wie den von dir erwähnte. Abgesehen davon, dass er (wie jeder vorherige und wahrscheinlich auch wie jeder zukünftige) bereits wenige Wochen nach Veröffentlichung mit entsprechenden Freeware Tools "geknackt" werden konnte, hält er den Kunden davon ab von seinem guten Recht Gebrauch zu machen Kopien anzufertigen. Deshalb kann man solche CD`s auch jederzeit, sofern nicht ein entsprechender Vermerk auf der Hülle stand, als Mangelware umtauschen lassen.

Für kleine Bands die zu wenig Platten verkaufen und zu selten im Radio gespielt werden, dadurch also durch das GEMA Raster fallen, sind Kopien natürlich weitaus schlimmer - von diesen Bands werden aber auch so gut wie keine Platten kopiert. Die meisten Bands von denen kopiert wird sind sehr populär.

Ein weiterer Punkt ist: Es werden mehr CD`s gebrannt, okay, aber werden deshalb weniger verkauft? Wahrscheinlich kaum, denn manche Leute brennen derart viel, dass sie sich niemals alle CD`s original leisten könnten - geschweige denn an allen Bands so sehr interessiert sind, dass sie ein original haben wollten. Die genauen Zahlen der angeblichen Umsatzverluste sind zwar leider nicht zugänglich, aber verdienen Plattenfirmen wirklich nur noch halb so viel wie noch vor 10 Jahren? Kann ich mir nicht vorstellen, denn trotz des angeblich so schlimmen Brennertums hat in den letzten Jahren kein einziges Major Label Konkurs angemeldet - und so reich, dass sie auf die Hälfte der Umsätze verzichten können sind wohl die allerwenigsten Firmen.

Insgesamt kann ich mir sogar gut vorstellen, dass das zunehmende Brennen von CD`s sich sehr positiv auf das gesamte musikalische Leben ausgewirkt hat. Leute besitzen plötzlich Platten von deren Interpreten sie vorher nie gehört und deshalb auch nie 30 DM dafür ausgegeben hätten, entsprechend steigen die Besuchszahlen von Konzerten und die Einschaltquoten von Musiksendern.

MP3`s steigern das Musikinteresse in der Bevölkerung sicherlich ähnlich, sind aber im Gegensatz zu gebrannten CD`s viel häufiger illegal da die wenigsten MP3 Seiten und Tauschbörsen GEMA Gebühren zahlen. Aber es gibt auch legale MP3 Seiten, wie etwa unser Partner tonspion.de, der die MP3`s von Plattenfirmen zu Promotionzwecken zum Download bereitgestellt bekommt. Unsere MP3 Seite, die im Grunde nur tonspion.de verlinkt hat, ist also "clean".

Eigentlich sollte die Plattenindustrie froh sein, dass nur genauso viele CD`s gebrannt wie verkauft werden, denn "normal" sollte es so sein, dass 7mal so viel gebrannt wird.

Hendrik Stahl

Kommentar von Martin Konvicka:

CDs brennen aus der Musikerperspektive

Vorweg: Seit ca. einem halben Jahr habe ich auch einen CD-Brenner zu Hause und habe auch einige CDs gebrannt. Nicht zuletzt aus dem einfachen Grund, dass das Geld mal etwas knapper war, ich aber trotzdem nicht auf neue CDs verzichtet werden wollte.

In dem Punkt, dass GEMA-Künstler wohl nicht ganz leer ausgehen wenn man ihre CDs brennt ist schon richtig, doch denke ich mehr an kleinere Bands ohne Plattenvertrag. Wenn eine noch recht unbekannte Band zum Beispiel ein Album auf eigenem Weg verkauft und sich viele Leute, die sich für die Musik interessieren das Album brennen statt kaufen und sich somit die Verkaufszahlen in Grenzen halten, ist das für die Band nicht gerade fördernd, da man erstens kein Geld damit verdient und zweitens man sich auch Gedanken macht, ob die CD so schlecht ankommt, oder ob es einfach nur langsam anläuft, usw.

Weiters bekommt man wohl leichter einen Plattenvertrag wenn man über 100 verkaufte CDs vorweisen kann als 20 oder weniger. In diesem Sinne "Music kills copiers", oder so ähnlich.

Martin Konvicka

Kommentar von Thörbjörn Spieß:

Für mich persönlich ist es nicht von Relevanz, wieviel Geld die diversen Plattenfirmen verdienen und wieviel sie durch das Brennen von CD's verlieren. Mir gebrannte Platten ins heimische Regal zu stellen, kommt allein aus ideologischen Gründen nicht in Frage.

Was versteht, der, der sich seine CD's brennt, denn von der Musik und - viel wichtiger - welchen Stellenwert räumt er ihr ein? Der Akt des Brennens degradiert eine CD zum Nullmedium, nimmt ihr jede Wichtigkeit und Aussagekraft, beraubt sie der Betitelung "Kunst".

Musik ist für mich weit mehr als eine Freizeitberieselung wie ich sie jederzeit durch Einschalten des Verblödungsmediums TV erfahren könnte. Musik ist ein wichtiger Teil meines Lebens, neben der Literatur machen das Hören von, die Beschäftigung mit und das Spielen eigener Musik den gewichtigsten Teil der mir am Herzen liegenden Aktivitäten aus. Allein aus einer gewissen Selbstachtung heraus kann ich es nicht zulassen, meine große Liebe durch das Unterstützen von CD-Brennern auf abstoßendste Weise in den Schmutz zu ziehen.

Wo bleibt die Hingabe, die Spannung beim Lesen der Texte, beim Studieren der Feinheiten eines Covers, das befriedigende und ungemein erfüllende Gefühl, das Objekt der Begierde zu besitzen? Kennt das heutzutage niemand mehr, das stundenlange Anstarren der Neuerwerbung, die man ehrfürchtig den Händen des Händlers entnommen, behutsam nach Hause getragen und dort zwecks Lobpreisung vor dem ersten Abspielen schweigend auf einem eigens errichteten Altar positioniert hat? Wer mit "Nein" antwortet, tut mir leid.

Und wer CD's brennt, legt Zeugnis ab über die Bedeutung, die er Musik zuspricht, über sich selbst und über sein Selbstverständnis. Was für mich persönlich letztlich aber ebenfalls nicht von Relevanz ist.

Thorbjörn Spieß

 

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