Jenobi
Patterns
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Auch wenn das zweite Album bereits in Arbeit ist und im Mai erscheinen soll, lohnt es sich, das (mir bis vor kurzem unbekannte) Debüt Patterns vorzustellen. Weil die CD/LP spannend und leider und Gott sei Dank sperrig ist. Weil sie einen schonungslos offenen Einblick in eine sensible, verletzlich-starke Künstlerseele gewährt, wie er einem so umfassend und unverfälscht nur ganz selten ermöglicht wird.
Die Texte erzählen von sehr persönlichen bis intimen Erlebnissen, die auf Muster – daher der Albumtitel Patterns – zurückzuführen sind, in denen die Künstlerin teilweise seit ihrer alles andere als leichten Kindheit feststeckt(e). Der Opener heißt „Intro“. Das passt sehr gut, weil er vor allem textlich tatsächlich eine Einführung in die komplexe (Gefühls-)Welt von Jenny Apelmo Mattsson und Jenobi ist (eine Art große Schwester, die sich mehr traut und Jenny mutiger schreiben lässt) ist. Es ist faszinierend, aber auf eine Art auch beängstigend, wenn sie in schwermütigem Sprechgesang mit brüchiger und doch kraftvoller Stimme eindringlich von „den Monstern“ erzählt, und wie sie in ihrem Bemühen, sie unter Kontrolle zu halten, auch heute noch hin und wieder scheitert. Dabei ist ihr klar, dass jeder seine Dämonen hat; er nennt sie nur anders oder hat sie in sich vielleicht noch gar nicht bemerkt.
Puh, schwere Kost! Zeilen wie „Mess me up, give me doubt with a little bit of hope“ oder die Frage „How do some manage to stand tall when deep inside we are so small?“ können das Hirn in Flammen setzen!
Auch dem Herzen „droht“ Aufruhr, und zwar mit der Musik. Patterns ist enorm vielschichtig ausgefallen. Unter dem Kopfhörer öffnen sich die zumeist sparsamen, dafür raffiniert gesetzten Töne wie ein Blumenkelch – und man sieht dem immer wieder magischen Schauspiel verzückt zu.
Diese nachhaltige Wirkung ist vor allem Felix Roll zu verdanken, mit dem Jenny auch bei Torpus & The Art Directors zusammenspielt. Der Schlagzeuger hat den Kern von Jenobi verinnerlicht und jedem der 10 Songs das für ihn perfekte individuelle Fundament gegossen – dem er wenn nötig auch die nötige rhythmische Leichtigkeit verleiht. Die kann man z.B. auf „From Now On“ bewundern: Der Groove ist eigentlich bleischwer, wirkt aber total lässig! Ein Hammer ist auch die bis zum Ausbruch anschwellende Steigerung im Beziehungsdrama „Jonas“, die eben dieses Drama auf fast schmerzhafte Weise greifbar macht.
Jenny Apelmo Mattsson mag genauso unsicher sein wie fast jeder Mensch, aber ihr kreatives Selbstbewusstsein ist wahrlich groß („Am liebsten würde ich alles selbst machen!“). Wenn sie etwas interessiert, will sie alles darüber wissen und alles können, was damit zusammenhängt. Eine angenehme Folge davon: Ihre Bassfiguren sind ungewöhnlich, mit Bedacht platziert und in ihrer Ausführung und Wirkung einfach phänomenal!
Bei der Musik lässt es Jenny freilich nicht bewenden: Die freiberufliche Bassistin könnte auch als Produzentin sehr bald sehr gefragt sein! Patterns ist mit seinem feingliedrigen Klang und seinem Sinn für markante Details eine hervorragende Visitenkarte!
Man merkt, dass ihre Musik im Sinne einer Therapie die in Hamburg lebende Schwedin freier atmen lässt. Wenn man durch ihre Welt wandert, ist das allerdings kein Spaziergang. In gewisser Weise ist man sogar froh, wenn man wieder zuhause ist, denn Patterns ist schwierig, weil herausfordernd, emotional und geistig auch immer wieder anstrengend. Aber man kehrt in jedem Fall bereichert zurück!
Michael Schübeler
Trackliste |
1 | Intro | 4:05 |
2 | Turn Off The Light | 3:46 |
3 | Patterns | 5:20 |
4 | Hundred Times | 3:36 |
5 | Awake With The Walking Dead | 2:40 |
6 | Mad, Sad & Crazy | 3:27 |
7 | From Now On | 3:00 |
8 | Jonas | 5:11 |
9 | Where Do You Always Run To? | 4:14 |
10 | Rewind | 3:28 |
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Besetzung |
Jenny Apelmo Mattsson (Voc, Git, B, Marimba <4i>, Synth <5>)
Felix Roll (Dr, Perc, Synth <5,6>, Piano <10>)
Sönke Torpus (Piano, Synth, Vibraphone, Lead Git <2>, Git <9,10>)
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