Matthieu Donarier

Bestiaire #01/Explorations


Info
Musikrichtung: Avantgarde Jazz

VÖ: 23.09.2022

(BMC)

Gesamtspielzeit: 43:51

Internet:

https://bmcrecords.hu/en
http://www.matthieudonarier.com


Eigentlich ist Free Jazz recht selten geworden, kaum eine Band spielt diese Jazz-Ausprägung noch mit aller Konsequenz, wie man es in den Sechzigern von John Coltrane oder Cecil Taylor und in den Siebzigern wie von Yosuke Yamashita kennenlernte. Irgendwo ging diese freie Art des Jazz unter oder/und vermengte sich mit anderen Genres oder wurde Bestandteil einiger Produktionen. Das Art Ensemble of Chicago, Sun Ra mit seinen verschiedenen Formationen, oder bei den kleineren Ensembles Musiker wie David S. Ware und einige andere führten es zwar fort, doch letztlich wurde auch der Free Jazz mehr und mehr Teil avantgardistischer Strömungen, wurde gar in gewisser Weise strukturiert.

Der französische Jazzmusiker Matthieu Donarier, Jahrgang 1976, scheint für mich auch in diese Richtung vorgedrungen zu sein. Seine Musik auf Bestiaire #01/Explorations ist sehr frei gestaltet, es ist kein swingender Jazz, sondern vielmehr werden große Klangflächen gestaltet, die einem kompositorischen Muster zu folgen scheinen.

Gemäß der Angaben der Plattenfirma zur Musik der Platte soll es sich um Folgendes handeln: Geschichten, die sich um die Beobachtung von Lebewesen ranken, bilden die Grundlage für die Serie "Bestiarie“ des französischen Saxophonisten Matthieu Donarier und dessen erstes Album in eben jener Serie: #01 Explorations. Absicht soll sein, den Hörern*innen ein nachdenklich stimmendes und zugleich befreiendes Hörerlebnis zu bieten. Nun, nachdenklich wird man zwangsläufig, eben weil man reichlich Raum geboten bekommt, Fantasie zu entfalten.

Allerdings ist die Musik nicht unbedingt zugänglich, sie wirkt recht intellektuell und gewissermaßen auch eher nüchtern als emotional. Kreativität wird groß geschrieben, es geschieht eine Menge in den Aufbauten der einzelnen Songs, die jedoch absolut nicht zuzuordnen sind hinsichtlich eines Wiedererkennungswerts. Vielmehr empfinde ich die elf Songs des Albums wie eine Art zusammenhängender Suite, die am besten am Stück wirkt.

Zeitgenössischer Jazz, so kann man das Ergebnis wohl bezeichnen, für mich trägt es auch die eine oder andere Spur von Ornette Coleman, ansonsten klingt das Ergebnis dann jedoch mehr europäisch, ohne die Tiefe von Traditionen aus Blues oder Gospel in sich zu tragen, die ja eher den freien Jazz der US-amerikanischen Afro-Amerikaner ausmachte. Insofern trägt die Musik für mich vordergründig eher avantgardistische Züge.



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Arcs (2:50)
2 Field At dawn (4:53)
3 Bon Voyage (4:43)
4 Exploration #01 - Night camp (3:56)
5 Restless Spin (3:37)
6 Field At dusk (3:44)
7 Drafted (1:45)
8 Exploration #02 - Firelight (4:37)
9 Thin Ice (5:22)
10 Exploration #03 - Wide sky (4:06)
11 Cairns (4:15)
Besetzung

Matthieu Donarier (tenor saxophone, clarinet) 
Eve Risser (piano, prepared piano)
Karsten Hochapfel (cello)
Toma Gouband (drums, stones, plants)



 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>