Impending Doom
The Sin And Doom Vol. II
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Analog zur unlängst rezensierten Saint-Vitus-Livescheibe legt auch hier die Titulierung nahe, dass eine Referenz auf ein Vorgängerwerk vorliegt – dieses läßt sich bei Impending Doom allerdings exakt bestimmen und überrascht in gewisser Weise: The Sin And Doom Of Men war anno 2005 das erste Demo der Band, und es steht zu vermuten, dass es stilistisch ähnlich geklungen hat wie die beiden ersten Alben, wo sich Impending Doom in kernigen Death-/Grind-Gewässern aufhielten – verifizieren können diese Theorie nur Menschen, die sich im Besitz des besagten Demos befinden. Mit dem 2010er Drittling There Will Be Violence drifteten die Amerikaner dann aber in Deathcore-Gefilde ab, und mancher von dieser Entwicklung enttäuschte Altfan mag nun vielleicht erhofft haben, die erwähnte Referenz auf ein ganz frühes Tonzeugnis könnte vielleicht auch eine stilistische Rückbesinnung im Gepäck haben.
Nun, diese Hoffnung wird enttäuscht, macht schon der Opener „The Wretched And Godless“ klar. Impending Doom haben sich im Deathcore gemütlich eingerichtet und spielen mittlerweile eine eher groovige Variante, die sich nur selten in wilden Knüppelpassagen Bahn bricht, allerdings durchaus noch Platz für die eine oder andere schnelle Nummer läßt, hier beispielsweise das überwiegend knackig-flotte, allerdings noch vor der Minutengrenze auch wieder durch einen großen Breakdown ausgebremste „Evil“. In „War Music“ wiederum kratzen sie phasenweise gar am Doom und machen damit gar keine schlechte Figur, zumal dort einige hintergründig eingemischte Gitarrenmelodien für weitere Auflockerung sorgen, was sich in „Paved With Bones“ nochmal wiederholt und dort ganz diffus, aber wirklich nur ganz diffus nach Göteborg klingt – der Melodiefaktor der knapp 36 Minuten liegt ansonsten vom Grundsatz her in der Nähe von Null, sieht man von einigen atmosphärischen Einsprengseln gleich im erwähnten Opener ab, die ähnliche Funktionen erfüllen, was allerdings nicht prototypisch für den Rest des Albums ist, der überwiegend eher kantig und undurchdringlich daherkommt und auch in Brook Reeves‘ zwischen dominantem Grunzen und gelegentlich eingestreutem herbem Gebrüll pendelndem Gesang (nur in „Devils Den“ verlegt er sich mal kurz auf eine Art heiseres Flüstern) einen harten Knochen mit sich herumträgt, also hier keinerlei „kommerzielle“ Zugeständnisse etwa in Form eingängiger Cleanrefrains macht. Nur diese erwähnte hintergründige Melodie in „Paved With Bones besitzt im Kontext des umliegenden Gebretters fast sowas wie einen Hitfaktor, und weil Gitarrist Eric Correa dieses Stilmittel so gut gefallen hat, fügt er es im Intro des folgenden „The Serpents Tongue“ und in „Everything’s Fake“ gleich nochmal ein. The Sin And Doom Vol. II besitzt übrigens eine eigentümliche Herstellungsstruktur: Jeder der beiden Gitarristen hat fünf Songs geschrieben, diese auch produziert und überwiegend selbst eingespielt – der jeweils andere Gitarrist war gar nicht mit dabei, Bassist David Sittig auch nur bei zwei der zehn Songs und anstatt des etatmäßigen Drummers Brandon Trahan ein Mensch namens Chris Eck, der auch für den Mix verantwortlich zeichnet. Im Booklet ist auch fein säuberlich aufgelistet, wer hier in welchem Song mitwirkt, und man gewinnt fast den Eindruck, hier eine Band am Zerbrechen zu sehen, die sich nur für ein letztes, ihr Gesamtwerk mit der Referenz ans erste Demo rahmendes Album nochmal zusammengefunden hat. Von einer etwaigen Bandauflösung ist allerdings zumindest offiziell nichts bekannt, 2019 stand eine ganze Menge an Livegigs an, also kann diese Deutung auch völlig in die Irre führen und die erwähnte Produktionsstruktur vielleicht einfach arbeitseffiziente Gründe gehabt haben. Vor diesem Hintergrund überrascht indes, dass das Werk doch relativ geschlossen klingt – so geschlossen, dass Nicht-Deathcore-Anhänger ihm eher verständnislos gegenüberstehen dürften und man einige Durchläufe braucht, um die erwähnten auflockernden Elemente in ihrer Gänze wahrzunehmen. In „Devils Den“ gibt es sogar eine Art atmosphärisches Break, allerdings immer noch ausgestattet mit Reeves‘ typischem Gesang, hier freilich weit in den Hintergrund gemischt, indes von dort aus doch eine ziemliche Eindringlichkeit entfaltend. Dynamik gestalten können Impending Doom also durchaus, wenngleich sie es eher selten für nötig halten, das zu zeigen. Was sie dafür umso deutlicher zeigen, ist ihr religiöses Bekenntnis – der Appell an die Kreuzeumdrehfraktion in „Serpents Tongue“, dass Christus auch für sie gestorben sei, läßt an klarer Sprache nichts zu wünschen übrig und enthält auch keinerlei Metaebene. Letztere in der Musik zu finden bedarf etwas Anstrengung, aber im Closer „Run For Your Life (She Calls)“ schaffen es Impending Doom dann sogar, mehr oder weniger alle Stilmittel des Albums in einem Song zusammenzufassen und sogar noch ein bisher ungehörtes „Gitarrenflackern“, das man eher aus deutlich poppigeren Produktionen kennt, hinzuzufügen. Dieses Kunststück ist auf dem „Mist“ des anderen Gitarristen, Manny Contreras, gewachsen und gerät unversehens doch noch zu einer Art Mini-Hit für Genrefreunde, der freilich um die Vierminutenmarke ein wenig unmotiviert ausgeblendet wird. So bleibt der Hörer etwas unentschlossen zurück, was ihn, so er generell mit solchen Härtegraden und einer ultrafetten Rhythmusgitarre, die sich nur selten von einem Grundton wegbewegt, klarkommt, von einem Hineinhören nicht abhalten sollte.
Roland Ludwig
Trackliste |
1 | The Wretched And Godless | 3:06 |
2 |
Burn | 2:38 |
3 |
War Music | 5:19 |
4 |
Evil | 2:22 |
5 |
Paved With Bones | 3:22 |
6 |
The Serpents Tongue | 2:57 |
7 |
Unbroken | 4:05 |
8 |
Devils Den | 4:02 |
9 |
Everything’s Fake | 3:45 |
10 |
Run For Your Life (She Calls) | 4:11 |
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Besetzung |
Brook Reeves (Voc)
Manny Contreras (Git)
Eric Correa (Git)
David Sittig (B)
Chris Eck (Dr)
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