Ted Russell Kamp live in der Scharfen Ecke




Info
Künstler: Ted Russell Kamp

Zeit: 07.12.2019

Ort: Zur Scharfen Ecke, Sande

Besucher: 50

Veranstalter: Zur Scharfen Ecke, Sande

Fotograf: Wolfgang Giese

Internet:
http://tedrussellkamp.com/
https://hubertusroesch.wixsite.com/music
https://de-de.facebook.com/ZurScharfenEcke

Erst im Mai dieses Jahres hatte sich Ted Russell Kamp im Interview Rede und Antwort gestellt. Im Zuge seiner diesjährigen Europatournee gehörte Sande wieder zu den Orten, an dem der Musiker aus Los Angeles für ein Konzert Halt machte. Nach einem ersten Auftritt am 16.5. 2012 in einer Kneipe in Wilhelmshaven folgten in fast jährlichen Abständen weitere. Zuletzt war es der 1.12.2018, Zur Scharfen Ecke, Sande, dort trat er erstmalig am 30.4.2016 auf. Sein letztjähriges Versprechen hatte Ted eingehalten und so war es dann am 7.Dezember wieder soweit. Leider hatten sich erneut wenige Musikliebhaber eingefunden, so dass die ganze Veranstaltung teilweise schon zu einer Privatshow avancierte. Und natürlich war Wolfgang wieder vor Ort.

Doch das sollte die subjektive Freude nicht trüben, denn die Stimmung war auch in kleinem Rahmen gut. Zunächst jedoch galt die Aufmerksamkeit dem mitgereisten Musiker Hubertus Rösch aus München. Der auch als Schauspieler aktive Künstler eröffnete den Abend mit der Vorstellung seiner neuen CD, betitelt “Sea Of Life“. Begleitet von akustischer Gitarre und Mundharmonika trug er seine Songs mit kraftvoller Stimme vor. Gelegentlich erinnerte mich die Stimmfarbe an David Bowie, und den letzten Song konnte ich assoziativ mit dem in Brake lebenden niederdeutschen Liedermacher Helmut Debus in Verbindung bringen. Denn es war diese spezielle dezent melancholische Stimmung, die mich daran erinnerte. Aber die Kombination von Gitarre und Harmonika spiegelte ebenfalls ein wenig Donovan wider. Insofern war der knapp halbstündige Vortrag stark von Folk geprägt und war recht ruhig in der Stimmung.

Es folgte der erste Set von Ted Russell Kamp und mit seinem ersten Song führte er uns gleich musikalisch nach El Paso, Texas.
Hubertus Rösch

Mit einem neuen Song, der auf der bald erscheinenden Platte enthalten sein wird, beleuchtete er das Leben von Hobos. Das waren einst Wanderarbeiter, die mit Zügen von Arbeitseinsatz zu Arbeitseinsatz reisten, egal, um welchen Job es sich handelte. “Hobo Nickel“, so der Titel des Stückes, da kann man sich schon einmal auf die neue Platte freuen.

Erneut war das musikalische Spektrum relativ weit gefächert, nur der Bass kam bei diesem Konzert nicht zum Einsatz. Wir konnten das mit feinen Country-Blues-Licks versehene “Ballad Of That Guy“, ältere bekannte und bewährte Songs wie die bewegende Balladen "Let Love Do The Rest" und "Life On The River", und den Rocker "If I Had A Dollar" hören. Aus der aktuellen Platte Walkin‘ Shoes gab es das bereits mit einem Video ausgestattete “Home Away From Home“ und “Paid By The Mile“.

Karsten Hoeft

Da Ted von Zeit zu Zeit und je nach Auftrittsort und/oder Gegebenheiten seine Show hinsichtlich der Tracklist ändert, konzentrierte er sich dieses Mal in Sande nicht allein darauf, eigene Songs vorzustellen, sondern spickte sein sehr unterhaltsames Programm auch mit Coverversionen, wie zum Beispiel "Heartaches By The Number", ein Countrysong von Harlan Howard, berühmt geworden durch die Version von Guy Mitchell, der auch als Vorlage diente für "Ich zähle täglich meine Sorgen", bekannt geworden in Deutschland durch Peter Alexander (1960). Ferner wurde Kris Kristofferson vorgestellt mit “Help Me Make It Through The Night“.

Doch bevor es zum zweiten Set kam, wurde eine Tradition aus früheren Konzerten aufgegriffen, und der Wilhelmshavener Musiker Karsten Hoeft leitete mit drei Folk-Songs ein, bevor die beiden Musiker dann zusammen das Stück “Simple Twist Of Fate“ von Bob Dylan intonierten. Wiederum hatte Ted Russell Kamp bewiesen, dass er mittels seiner Individualität einen großen Bogen vom Einst zum Jetzt spannen kann. Und so ist eigentlich jeder Auftritt ein wenig anders hinsichtlich der Ausstrahlung, und das, was mir bereits nach einigen Konzerten auffiel, ist, dass sich der Musiker gesanglich wiederum sehr stark engagierte und Emotionen verschiedener Art ausdrückte.
Ted Russell Kamp

Frech und rotzig gespielte Songs, die sehr virtuos sind, mit Wechseln im Rhythmus und durch verschiedene Spielarten, mal perkussiv, mal sanft, so wirkte das oft kraftvoll wie ein kleines Orchester, dazu verspielte Fingerarbeit bei den Balladen. Dabei waren bluesige Anleihen stets Teil des Gitarrenspiels und vor allem ist es die Jazz-Vergangenheit, die so manchem Song eine gehörige Portion Swing verlieh.

Weitere Highlights waren Coverversionen von Adele [orig. Dylan] (“Make You Feel My Love”), Bob Dylan (“Highway 61 Revisited”) oder das ganz hervorragend und überzeugend kraftvoll interpretierte “Nashville, Tennessee“ der Waterboys. (“My soul is in Memphis, my ass is in Nashville/Tennessee”)

Zwischen den Stücken versuchte der Künstler das Publikum immer mit einzubeziehen durch Konversation und auch, um den Inhalt des einen oder anderen Songs vorzustellen. Zu “Waste a little time with me“ bemerkte er, dass man sich einmal Zeit nehmen sollte, und nicht ständig „busy, busy, busy“. So gab es auch einen “Nussknacker-Wettbewerb“, indem Ted aufforderte, zwei Walnüsse in einer Hand zu knacken, als Belohnung winkte der Gewinn eines Stickers. Diese Show hat erneut bewiesen, dass Ted Russell Kamp zu einer wichtigen Säule des Genres Americana zu zählen ist, mit einer stark individuellen Ausprägung. Im Übrigen ein erneuter Dank an Mozart von der „Scharfen Ecke“, der tatkräftig an der Organisation mitgewirkt hat.


Wolfgang Giese



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