Gyöngy Erödi

J.S. Bach - Cello Suites I, II, V


Info
Musikrichtung: Barock, Cello

VÖ: 05.10.2018

(Carpe Diem Records [CD-16317])

Gesamtspielzeit: 66:58

Internet:

http://www.carpediem-records.de


Und wieder einmal gibt es eine Neueinspielung von J.S. Bachs Cello Suiten. Davon gibt es unendlich viele und wird es wohl in Zukunft auch noch geben. Muss das wirklich sein? Ein unbedingtes JA, wenn die Einspielung so wunderbar gelungen ist, wie dies hier bei Gyöngy Erödi (u.a. favola in musica. alte neue Musik) der Fall ist. Dass dafür ein fantastisch klingendes Barockcello verwendet wurde ist heute fast schon selbstverständlich. Doch dass man sich für die Aufnahmen in eine einsame Bergkapelle in den österreichischen Alpen zurückzieht, ist schon eine Besonderheit. Wer ist wohl auf die Idee gekommen, in der Kalvarienbergkapelle St. Peter in Waldburg (Österreich) aufzunehmen? Für Aufnahmen aus den Hause Carpe Diem Records ist es fast schon Standard, die Aufnahmeorte sorgsam für die jeweilige Musik und die beteiligten Künstler auszuwählen.

Der Aufnahmeort alleine garantiert natürlich noch keine guten Aufnahmen. Mit der Ungarin Gyöngy Erödi ist eine weltweit aktive Cellistin beteiligt, die bereits mit unzähligen Formationen gespielt hat (u.a. The English Concert, Concerto Köln, Gabrieli Consort, I Fagiolini, L’Arpa festante, Hofkapelle München) und in renommierten Konzertsälen wie der Carnegie Hall, Concertgebouw Amsterdam, Musikverein und Theater an der Wien und vielen anderen musiziert hat.

Gyöngy Erödi gelingt es, Celloklang und Raumklang zu einer Einheit zu verbinden. Schön, dass sie die Tempi dem Raum anpasst und nicht durch die Noten sprintet, wie es manche Cellisten um der Virtuosität Willen machen. Besonders gelungen ist dies zum Beispiel im "Prelude" zur Suite I in G-Dur (BWV 1007). Das etwas langsamere Tempo entspricht perfekt dem Raumklang und -hall. Man hat das Gefühl, dass die Musik mit der Umgebung eine Einheit bildet, einen gemeinsamen Atem hat. Auch interpretatorisch spannend, wie sich die Musik nach und nach aus den Tiefen des Raumes an die Oberfläche begibt und Stück für Stück aufblüht. Dabei spielt Gyöngy Erödi technisch auf allerhöchstem Niveau und klingt dabei luftig und leicht. Spannend auch die beiden Menuette der Suite I in G-Dur, welche mit einem improvisierten Teil miteinander verbunden werden und so eine feste Einheit bilden, weil das "Menuett I" sowohl zu Beginn als auch am Schluss erklingt und so einen Rahmen erzeugt.

Alle drei ausgewählten Cellosuiten dieser höchst empfehlenswerten Veröffentlichung sind sehr musikalisch umgesetzt und tontechnisch fantastisch eingefangen von Tonmeister, Produzent und Labeleigner Jonas Niederstadt. Dazu gibt es ein 30-seitiges Booklet im schön gestalteten Digipack mit ausführlichen Informationen und vor allem kleinen Texten und Gedichten von Gyöngy Erödi zu jedem einzelnen Stück, welche der Musik noch eine dichterische Dimension verleihen. Daher zum Abschluss noch ein Ausschnitt aus dem Gedicht zur "Sarabande" aus Cello Suite II in D Minor (BWV 1008):

In the stillness, there was no noise.
No movement and no feeling,
Trembling, soundless weeping.
In the stillness, there was no noise.



Ingo Andruschkewitsch



Trackliste
Cello Suite II in D Minor, BWV 1008:
I. Prélude [3:24]
II. Allemande [3:14]
III. Courante [3:10]
IV. Sarabande [4:32]
V. Menuets I & II [3:02]
VI. Gigue [3:05]

Cello Suite I in G Major, BWV 1007:
I. Prélude [3:01]
II. Allemande [3:58]
III. Courante [2:54]
IV. Sarabande [2:13]
V. Menuet I & Improvisation & II & I [8:20]
VI. Gigue [1:45]

Cello Suite V in C Minor, BWV 1011:
I. Prélude [6:57]
II. Allemande [5:13]
III. Courante [2:25]
IV. Sarabande [2:40]
V. Gavottes I & II [4:44]
VI. Gigue [2:09]
Besetzung

Gyöngy Erödi: Baroque violoncello after an original by G.B. Guadagnini 1745, copy by Kai Thomas Roth, Bowlish, 2004


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