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Nur am Anfang war der Lärm: Die Toten Hosen lassen über sich berichten




Info
Autor: Philipp Oehmke

Titel: Die Toten Hosen - Am Anfang war der Lärm

Verlag: Rowohlt Verlag

ISBN: 9783498073794

Preis: € 19,95

384 Seiten

Internet:
http://www.rowohlt.de
http://www.dietotenhosen.de

Philipp Oehmke war wohl so etwa acht Jahre alt, als sich Die Toten Hosen 1982 in Düsseldorf gründeten - jetzt, mit 40, hat er nach über 30 besuchten Konzerten und über 100 Stunden Gesprächen mit den Musikern, Verwandten, Weggefährten, Freunden und Gegnern und nach 32 Jahren Bandgeschichte eine interessante, aber auch recht unkritische Biografie zur Band veröffentlicht.

Sein erstes Interview mit den Toten Hosen führte Philipp Oehmke noch für eine Schülerzeitung (1992), etwas später ein weiteres für die Zeitschrift TEMPO (1995). Mittlerweile ist er seit 2006 Kulturredakteur beim SPIEGEL, und dieses ist deutlich an diesem Buch zu merken, denn dieses wirkt (im positiven Sinne) wie ein überlanger und gut recherchierter Artikel im typischen Schreibstil des Nachrichtenmagazins.

So betreibt er neben der Betrachtung der Bandgeschichte auch gesellschaftspolitische Analysen der jeweiligen Zeit und ihrer Musik und gibt Einblicke in das Bandgefüge und das Wesen seiner Mitglieder. Der Punk war ja eigentlich schon halbtot, als sich Campino, Breiti, Andi, Trini und Kuddel (der einzige übrigens, der anfangs halbwegs ein Instrument beherrschte) zu den Toten Hosen zusammenschlossen. Die Rebellion der No Future-Generation in den Achtziger Jahren war damals sicherlich weniger politisch als die der Jugend eineinhalb Jahrzehnte zuvor - während es den Achtundsechzigern eher um die Vergangenheitsbewältigung und Schuldfrage der Eltern bzw. Großeltern mit dem dritten Reich ging, fragte diese Bewegung eher, warum man so kleinbürgerlich, eng und stickig sein muss und wie man aus diesem Spießertum ausbrechen kann. Und dass das nicht nur mit Alkohol geschah, sondern auch Speed und Kokain im Leben der Toten Hosen eine tragende Rolle spielten, kommt dabei ebenso zur Sprache wie deren „basisdemokratisch-hippiemäßig organisierten“ Entscheidungsfindungen.

Ausgehend von ihrem letztem großem Single-Erfolg „Tage wie diese“, für dessen Benutzung durch Volker Kauder (Zitat Vom Ritchie: „Who's Volker Cow-da?“) am CDU-Siegabend zur Bundestagswahl 2013 sich Kanzlerin Angela Merkel persönlich bei Sänger Campino telefonisch entschuldigte, wird von der Gegenwart in die Vergangenheit zurückgeschwenkt und die Geschichte (und Vorgeschichte) der Hosen erzählt. Zum Teil leider etwas verwirrend, dass dies sehr unchronologisch geschieht – zwar muss man in einer Biografie ja nicht die Bandhistorie in Wikipedia-Manier lieblos herunterleiern, aber als nicht ganz sattelfester Hosen-Leser muss man schon schauen, dass man bei dieser Zeitreise einigermaßen im Sattel bleibt und nicht den Überblick verliert, wann welches Album und welcher Schlagzeuger gerade dabei hinter den Trommeln saß (Trini? Wölli? Oder der spätere Angestellte Vom Ritchie?). Oehmke hat die Inhalte eher thematisch sortiert, dadurch aber leider den zeitlichen roten Faden ständig und an einigen Stellen auch unnötig durchtrennt.

Kritische Anmerkungen findet man in Am Anfang war der Lärm vergebens, das Buch ist eher zu einer Lobeshymne auf eine der dienstältesten deutschen Bands geraten – aber wenn die Hosen das Buch schon abgesegneten bzw. sogar unterstützt haben und der Autor mit seinen 30 besuchten Konzerten und sehr nahem Kontakt auch irgendwie Fan sein muss, kann man das wohl auch nicht anders erwarten. Und leider wird immer, aber auch immer wieder „Tage wie diese“ hoch in den Himmel gehoben, andere, erfolgreiche Stücke wie „Bayern“, „Zehn kleine Jägermeister“ oder „Schön sein“ und deren Urheber erst gar nicht erwähnt. Ansonsten ist der Schmöker aber nett: kurzweilig und angenehm geschrieben, nah an der Band und mit vielen interessanten Fotos aus frühen und neueren Tagen. Für Fans daher sicherlich ein Pflichtkauf. Mehr aber auch nicht.


Jürgen Weber



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