Musik an sich


Reviews
Uriah Heep

Salisbury


Info
Musikrichtung: Hard Rock

VÖ: 2/1971

(Bronze / Ariola)

Gesamtspielzeit: 39:18

Internet:

http://www.uriah-heep.com


Salisbury ist ein faszinierendes Album, aber wohl auch das verwirrendste im Backkatalog von Uriah Heep. Es gehört eindeutig in die Phase, in der die Band noch nach ihrer Identität suchte. Spätestens mit dem übernächsten Album Demons and Wizards hat sie dann ihren (vorläufigen) Platz, als Romantiker im Gründungsquartett des Hard Rocks gefunden, das sie zusammen mit Led Zeppelin (den Intellektuellen), Deep Purple (den Geradlinigen) und Black Sabbath (den Düsteren) bildete.

In bestimmten Sinn kann man Salisbury sogar als Debüt Album von Uriah Heep betrachten. Zu den Aufnahmen für das Vorgängeralbum ging die Band noch unter dem Namen Spice ins Studio. Aber es war deutlich, dass mit dem neuen Multiinstrumentalisten Ken Hensley an Bord etwas Neues begann. Daher wurde der Name noch kurz vor der Veröffentlichung von Very `eavy, very `umble in Uriah Heep geändert – nach einer Gestalt aus einem Charles Dickens Roman. Hensley hat das Album bereits komplett mit eingespielt, sich aber noch nicht an den Kompositionen beteiligt. Das sieht auf Salisbury völlig anders aus. Er war an sämtlichen Stücken beteiligt. Die Hälfte der sechs Stücke stammt sogar allein aus seiner Feder; zwei weitere hat er zusammen mit Mick Box und David Byron geschrieben; bei „Bird of Prey“ bekommt zusätzlich Bassist Paul Newton Credits zugesprochen.

Äußerlich beißt sich das martialische Cover mit den Texten, vor allem mit dem deutlichen Antikriegssong „Lady in Black“, ein Thema, das sich durch die Arbeit von Heep ebenso durchzieht, wie die plakative Gewalt auf dem Cover (eine fliegende Pistole auf High and mighty, Schlangen- und Dämonenköpfe auf Innocent Victim bzw. Abominog oder eine ins Bandlogo eingebaute Guillotine auf dem dazu passend betitelten Album Head first).

Musikalisch ist das Album extrem vielfältig. Jeder Song hat einen völlig eigenen Charakter – und bis auf das etwas belanglose bassige „Time to live“ ist jeder Titel eine Klasse für sich.

Natürlich kommt man nicht umhin „Lady in Black“ zu nennen. Bis in alle Ewigkeiten werden Uriah Heep mit diesem, ihrem - zumindest in Deutschland - erfolgreichsten Stück in Verbindung gebracht werden. Dabei ist der mit viel Akustikgitarre und Chören agierende Klassiker mit Abstand der simpelste Titel auf dem Album. Ich weiß, dass einige Freunde von mir mit diesem Stück angefangen haben Gitarre zu spielen. Es war schlicht und einfach extrem einfach zu spielen. So war es auch nicht „Lady in Black“, das 1971 als Single-Auskopplung und 1976 als Vertreter von Salisbury auf der ersten Uriah Heep-Best of ausgewählt wurde, sondern der Opener „Bird of Prey“.

Diese dramatische Nummer mit ihrem fantastischen Groove und den mehrstimmigen Chören, für die Uriah Heep berühmt sind, gehört bis heute ins Live-Programm der Band. Es ist die rockigste und rifflastigste Nummer auf dem Album und packt bis heute beim ersten Hören. Der Test of Time wurde hier glänzend bestanden.

Ganz am anderen Ende des Spektrums steht das ruhige „The Park“, eine verträumte Ballade auf der akustischen Gitarre vor Orgel-Backings. David Byron intoniert hier sehr hoch. Wesentlich anspruchsvoller als „Lady in Black“.

Mit dem Wort „anspruchsvoll“ springen wir auf die zweite Seite der LP. Dort thront in einsamer Größe der Titelsong „Salisbury“, mit dem – da ist sich die Kritik heute ziemlich einig - Uriah Heep ihrer Zeit um Jahre voraus waren.
Der 16-minütige Longtrack, bis heute das längste Stück, das Uriah Heep je veröffentlicht haben, ist nicht einfach eine Melange aus Rock und Klassik, bei dem sich die beiden Elemente doch oft etwas fremd gegenüberstehen, wie z.B. bei dem berühmten Concerto for Group and Orchester von Jon Lord und Deep Purple. Es gelingt Uriah Heep hier Rockmusik zu inszenieren, die in jedem Moment Rockmusik bleibt, aber sich der Mittel der Klassik bedient. Damit stellen sie so ziemlich alle ähnlich gelagerten Versuche in den Schatten, seien es die frühen Rick Wakeman-Alben, oder Versuche von Nice, ELP und anderen. Das einzige Stück, das mir einfällt, das da eventuell mithalten kann, ist Deep Purples „April“. Aber das ist lange nicht so viel Rock, wie „Salisbury“.

Alleine wegen dieses Titels gehört Salisbury in jede Rock-Sammlung!

Der zweite, bzw. erste Titel der ursprünglichen zweiten LP-Seite ist in meiner Wahrnehmung neben dem Giganten „Salisbury“ immer etwas untergegangen. Zu Unrecht! Das ebenfalls recht progressiv ausgefallene rockige Liebeslied stellt fast so etwas wie eine Brücke zwischen dem Longtrack und dem Opener der ersten Seite „Bird of Prey“ her. Auch hier finden sich wieder die typischen Heep-Chöre und Mick Box bekommt Gelegenheit für ein ausführliches rockiges Gitarrensolo.



Norbert von Fransecky



Trackliste
1Bird of Prey 4:13
2 The Park 5:43
3 Time to live 4:08
4 Lady in black 4:46
5 High Priestess 3:42
6 Salisbury16:27
Besetzung

David Byron (Lead Voc)
Ken Hensley (Keys, Git, Vibraphon, Voc)
Paul Newton (B)
Keith Baker (Dr)
Mick Box (Git)


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