Musik an sich


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Der Judas Bob Dylan wird zum Messias einer ganzen Generation




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Autor: Colin Irwin

Titel: Bob Dylan – Highway 61 revisted – Ein Album schreibt Geschichte

Verlag: Edel Germany, Hamburg, 2010

ISBN: 978-3-941376-17-5

Preis: € 19,95

332 Seiten


Ein Album, ein Song, ein Datum! Colin Irwin spitzt zu. Er verdichtet. Und er macht Dinge erkennbar.
Natürlich sind Veränderungen in der Kultur immer Prozesse, die sich in Schritten, Sprüngen, Brüchen und Rückzügen entwickeln. Keine kulturelle Entwicklung könnte sich durch ein einziges Ereignis durchsetzen. Es bedarf vorbereitender Entwicklungen und natürlich vor allem der Aufnahme von Impulsen von einer breiteren Masse.
Das ändert aber nichts daran, dass es Durchbrüche gibt, die mehr sind als Symbole für eine Entwicklung, sondern Anstöße, Entwicklungen in eine ganz neue Richtung zu bewegen.

Für Colin Irwin ist Bob Dylan ad personam ein solcher Impuls. Und er macht seine bahnbrechende Wirkung, die die Grenzen zwischen Folk und Songwritern auf der einen und dem Rock und Rock’n’Roll auf der anderen Seite endgültig hinwegfegte, an einem Album fest, dem am 30. August 1965 veröffentlichten Highway 61 revisted.
In Irwins Buch geschieht die Veröffentlichung von Highway 61 revisted auf Seite 265. Davor wird der Enstehungsprozess des Albums mit Akribie seziert. Jede Session wird in ihre Einzelzeile zerlegt und analysiert. Es wird über Einflüsse und Intentionen spekuliert. Keine einfache Aufgabe, denn oft hat man den Eindruck, dass Dylan gar keine Intentionen hat, sondern sich treiben lässt. Sein spontanes unvorbereitetes Agieren im Studio gibt entsprechend veranlagten Geistern eine solide Möglichkeit, Dylan gar nicht als Komponisten, sondern als eine offene Antenne zu betrachten, der das zum Klingen bringt, was in der Luft liegt, ein Prophet, der die Message der Musen unters Volk bringt.
Erstaunlich jedenfalls, welche Freiheiten sich das Team um den ja noch gar nicht so berühmten Dylan bei der Erschaffung von Highway 61 revisted gegenüber Columbia Records herausnehmen konnte.

Innerhalb des Entstehungsprozesses von Highway 61 revisted konzentriert Irwin noch stärker. Seitenweise wird über die Entwicklung von „Like a rolling Stone“ reflektiert. Angespornt von dem Charterfolg der verrockten Dylan-Komposition „Mr Tambourine Man“ für die Byrds (Platz 1 am 26. Juni 1965) überschritt Dylan innerlich einen Rubikon und wechselte von der akustischen Gitarre des Folk-Poeten zur verzerrten Elektrischen.

Das magische Datum für die öffentliche Inszenierung des Wandels sieht Irwin nur einen Monat später, als Dylan am 25. Juli die Bühne des Newport Folk Festivals mit einer fünf Mann starken Band betrat und die Welt der Folkies mit verzerrten Versionen von „Maggies Farm“ und dem noch unveröffentlichten „Like a rolling Stone“ verwüstete.
Als Verräter des Folks, als Beschmutzer des „heiligen“ Festivals wurde er von der Bühne gebuht.

Der Gewinner war auf lange Sicht Bob Dylan. Seine überlebensgroße Bedeutung zumindest für die amerikanische Musikgeschichte nahm hier seinen Anfang und wurde nur einen weiteren Monat später in Vinyl geschnitten.

Letztlich sind es diese beiden Monate zwischen dem Charterfolg der Byrds und der Veröffentlichung von Highway 61 revisted, die Irwin auf dreihundert Seiten zum Leben erweckt.
Ein echtes Stück Musikgeschichte.


Norbert von Fransecky



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