Bach, J. C. (Jaroussky)
La dolce fiamma - Arien
ENTDECKERFREUDEN
Dass der sog. Londoner Bach, nämlich Johann Christian Bach (1735-1782), entscheidenden musikalischen Einfluss auf den jungen Mozart ausübte, ist kein Geheimnis. Wie weit dieser Einfluss aber nicht allein auf dem Gebiet der Instrumentalmusik, sondern auch der Oper reichte, war bislang kaum zu ermessen. Denn Johann Christian Bachs Opernschaffen ist diskographisch nur höchst lückenhaft erschlossen. Dabei ist seine Vokalmusik nicht nur musikgeschichtlich als Brückenschlag zwischen der Opera seria händel´scher Prägung und Mozarts großen Opern der Wiener Klassik von Interesse, sondern erweist sich als von hohem eigenen Rang. Bach spielt höchst versiert mit den Orchesterfarben, streut in die Formen und Wendungen der Opera seria galante Motive und öffnet dabei bereits eine Tür vom bloßen Affekt zur hohen Empfindsamkeit. Und so nimmt man erstaunt zur Kenntnis, dass so manche Idee sich nicht allein in den frühen Bühnenwerken Mozarts wiederfindet, sondern noch in seinen späten Opern, etwa in der Cosi fan tutte, deutlich nachhallt.
Bemerkenswert ist übrigens auch der stilistische musikalische Bruch, der sich in der Arie "La legge accetto" zeigt. Diese komponierte Bach als zusätzliche Nummer für die Londoner Aufführung von Glucks Orfeo ed Euridice. Erstaunlich gut gelingt es ihm hier, Glucks Stil zu treffen und es wäre gewiß spannend, die Arie einmal im Gesamtzusammenhang jener Oper zu erleben.
Johann Christian Bachs Zeit war geprägt von der Begeisterung für Kastratenstimmen und so findet Philippe Jaroussky reichlich Futter, um uns mit seinem Countertenor mit dieser Musik vertraut zu machen.
Da Jaroussky vor allem mit der bewundernswerten Reinheit seiner Stimme über alle Lage für sich einnimmt, sind es gerade die lyrischen Stücke, die den Hörer in ihrer Intensität gefangen nehmen, das "Cara, la dolce fiamma" ebenso, wie die Arien "Fra l´orrore" oder "Io ti lascio". Wie Jaroussky im "Cara, la dolce fiamma" gleich zu Beginn den Ton zart aufblühen lässt und jede Phrase bis ins Detail hinein gestaltet, beeindruckt ebenso wie der schier ins Unendliche gezogene Halteton am Anfang der Wiederholung des A-Teils der Arie.
Mühelos meistert Jaroussky auch die hohen technischen Anforderungen der furiosen dramatischen Stücke, doch stehen ihm hier naturgemäß nicht die Gestaltungsmittel zu Gebote, über die die weibliche Konkurrenz aus dem Mezzo- und Koloratursopranfach verfügt.
All dies wäre nur die halbe Freude und nur ein halb so flammendes Plädoyer für den Opernkomponisten Johann Christian Bach, wenn nicht auch das Orchester sich mit großem Einsatz und perfekter klanglicher Ausgewogenheit für die Sache engagierte: Le Cercle de l´Harmonie begnügt sich nicht mit einer bloßen Begleitung, sondern präsentiert alle Orchesterfarben leuchtstark und treibt das Geschehen unter der Leitung von Jérémie Rhorer so konsequent voran, als wäre jede Arie wirklich in die zugehörige Oper eingebettet.
Diese CD beschert somit insgesamt gut eine Stunde lang echte Entdeckerfreuden auf allerhöchstem Niveau.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
LA CLEMENZA DI SCIPIONE: Pugna il guerrier
CARATTACO: Perfida Cartismandua & Trà l'orror
ADRIANO IN SIRIA: Cara la dolce fiamma
TEMISTOCLE: Ch'io parta?
ADRIANO IN SIRIA: Tutti nemici
ORFEO: La legge accetto
ARTASERSE: No, che non hà la sorte & Vo solcando..
Cavatina: Perchè tarda è mai la morte & Ebben si..
Concert aria: Ebben si vada & Io ti lascio
Concert aria: Sentimi non partir & Al mio bene |
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Besetzung |
Philippe Jaroussky: Countertenor
Le Cercle de l´Harmonie
Jérémie Rhorer: Ltg.
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