ACE FREHLEY - Der Starman lebt nicht nur, er rockt auch weiterhin deftig!
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2009 scheint das Jahr für Kiss-Fans zu sein. Kiss bringen nach 10 Jahren erstmals wieder ein neues Album (s. Review) heraus, das meiner Meinung nach vollauf gelungen ist. Und sogar der „verlorene Sohn“ und Kult-Gitarrist Ace „The Spaceman“ Frehley bringt mit Anomaly eine neue CD mit durchaus knackigen Songs. Aber das Coolste ist, dass man beide Formationen wieder in Deutschland live sehen kann.
Deshalb war es auch für meinen Bruder und mich eine klare Sache: Ace Frehley in München ist ein Pflichttermin! Als wir an der Münchner Tonhalle ankommen, sind wir erstmal ein bisschen enttäuscht: Es sind kaum Leute vor der Halle. Auch zu deutlich fortgeschrittener Stunde sieht es nicht so aus, dass das Konzert an dem Abend auch nur halbwegs voll ist. Als die Vorband loslegt wird ziemlich schnell klar, dass sie mit der Musik von Ace Frehley nicht das Geringste zu tun haben. Eine Mischung aus Pantera und Rage Against The Machine vertreibt einige vom Bühnenrand. Sicher nicht schlecht gemacht, aber passt halt leider gar nicht zur Hauptband.
Die Vorband ist fertig und die Spannung steigt: Der Spaceman kommt bald! Die Bühne ist mit einem großen Banner, auf dem das Cover der neuen CD abgebildet ist, geschmückt. Den Hintergrund ziert außerdem noch eine riesige Marshall-Gitarrenverstärkerwand. Interessant wäre natürlich wieder einmal, wie viele der Verstärker denn nun tatsächlich angeschlossen sind und benötigt werden. Nach einer etwas langen Umbaupause geht das Licht aus und „Fractured“ vom ersten Ace Frehley-Soloalbum kommt aus den Boxen. Kurz darauf kommen Aces Begleitmusiker und der Spaceman himself auf die Bühne und legen unglaublich laut und wuchtig mit dem schmissigen „Rocket Ride“ los. Anfangs ist der Sound noch ziemlich undifferenziert und fertig. Dies wird mit der Zeit jedoch ein bisschen besser. Vor allem Aces Gesang ist anfangs nur schlecht zu verstehen. Ace sieht ziemlich kultig aus. Mit seiner tief im Gesicht sitzenden Sonnenbrille, seinen verbliebenen Zotteln und einer coolen Lederjacke kommt er daher wie ein absolutes Rock ’n Roll-Urvieh, in dessen Gesicht der Zahn der Zeit sichtlich Spuren hinterlassen hat. Vermutlich macht es Sinn, dass der ehemalige Kiss-Gitarrist mit Sonnenbrille auftritt und sich einen Bart hat wachsen lassen. Beim zweiten Song muss nicht nur ich lange hinhören, bis ich erkenne, um was es sich handelt: „Parasite“! Der Gesang ist jedoch total schief, hier passt einfach gar nix und Ace trifft nicht die Hälfte der Töne. „Snowblind“ ist hier schon wesentlich besser, Ace singt hier auch um einiges besser als beim Song davor. Mit „Sister“ und „Outer Space“ werden zwei Songs vom neuen Soloalbum präsentiert, die beide sehr hart und gnadenlos laut gezockt werden. Ace mag zwar nicht der Fitteste sein und manchmal neben der Spur liegen, aber er rockt definitiv.
Seine Begleitband besteht aus drei wesentlich jüngeren Musikern, die allesamt mit mächtig viel Einsatz zu Werke gehen. Vor allem der Schlagzeuger spielt brachial und gibt der Band und Ace einen gehörigen Arschtritt. Das donnernde Schlagzeug kündigt den Klassiker „Rock Soldiers“ mit dem unglaublich coolen Text an - und Ace blüht sichtlich auf. Überhaupt merkt man, dass Ace mit jedem Song besser wird. Affengeil ist das Unplugged-erprobte „2,000 Man“, bei dem Ace sehr engagiert zu Werke geht. Überhaupt merkt man dem Unikum an, dass er Spaß an dem Auftritt hat und er sichtlich genießt, wieder live aufzutreten. „Fox On The Run“ präsentiert Ace, als ob es sein eigener Song wäre. Hier passt einfach alles - der Gesang, der Sound - klasse. Dass Ace ein humorvoller Typ ist, beweist er mit seinen Ansagen. Den nächsten Song „New York Groove“ preist er an mit den Worten „I had a top ten single once - believe it or not“ und grinst sich danach mächtig einen ab. Man weiß nicht so recht, woran man ist. Hat Ace was getankt vor der Show? Oder ist das einfach seine Art? Schwer zu sagen, aber manchmal macht er vor allem zwischen den Songs etwas seltsame Bewegungen. „New York Groove“ bringt München auf Touren, zum Schluss hin ändert Ace den Text in „Back In The Munich Groove“. Was wirklich toll ist: Ace hat einen Roadie, der nahezu nach jedem Song neue Plektren bringt, die Ace in Massen ins Publikum wirft. Zwischen den Songs legt Ace seine Gitarre zur Seite und klatscht die Fans in den ersten Reihen ab - der Typ ist unglaublich sympathisch und lässig!
Bein anschließenden „Shock Me“ wird klar, dass dies sein absoluter Paradesong ist. Nach der zweiten Strophe geht die Band von der Bühne und Ace zockt sein weltberühmtes Solo, bei dem die Gibson Les Paul Signature raucht und qualmt, was das Zeug hält. Geil! Aber nicht nur das: Ace spielt und schreddert mit einer Wahnsinnspower und beweist, dass mit ihm wirklich noch zu rechnen ist. Er mag der kaputteste von den Vier Schwarz-Weißen Kultfiguren sein, aber er ist definitiv Kult und eine Legende. Mit „Shout It Out Loud“ neigt sich der offizielle Teil leider schon dem Ende zu. Als Zugaben werden ein Wahnsinns-„Deuce“ in die Menge gefeuert, bei dem Ace aus allen Rohren feuert. Mit „Love Gun“, das der Schlagzeuger singt, hab ich persönlich überhaupt nicht gerechnet. Aber auch der Song ist wirklich klasse präsentiert, kann man nix schlechtes sagen. Als allerletzten Song packt Ace noch „Cold Gin“ aus, das mit dem Schluss von „Black Diamond“ abschließt. Hammergeil, was für ein Konzert!
Mit viel Applaus wird Ace und seine Band verabschiedet - und den haben sie sich wirklich verdient. Nach dem Konzert schauen wir noch am Merchandise-Stand vorbei. Die Tourshirts werden für 25 Euro und von Ace handsignierte CDs für 20 Euro verkauft - für Kiss-Verhältnisse sehr günstig. Man mag von Aces Gitarrenkünsten halten, was man will: Der Typ hat definitiv mehr Rock ’n Roll im Arsch, als manch anderer und ist glaubwürdiger, als viele seiner Zeitgenossen. Mein Bruder und ich sind total begeistert. Mit einem derartigen Klasse-Konzert hätten wir nicht gerechnet. Was juckt’s, wenn der alte Haudegen nicht mehr jeden Ton trifft oder immer wieder mal einen Gesangseinsatz verpasst? Das ist purer Rock ’n Roll mit einem Gitarristen, der deutlich sichtbar zeigen will, dass man ihn keinesfalls zum alten Eisen zählen muss. THE ACE IS BACK! In dieser Form könnte er sogar wieder bei Kiss zocken. Da kann Thommy Thayer der bessere Gitarrist sein, Ace ist wesentlich origineller. Ace ist Das Original! Aber das wird wohl definitiv nicht mehr passieren.
Setlist:
Rocket Ride
Parasite
Snowblind
Sister
Outer Space
Speedin’ Back To My Baby
Rock Soldiers
2,000 Man
Love Her All I Can
Fox On The Run
New York Groove
Shock Me
Shout It Out Loud
Deuce
Love Gun
Cold Gin
Stefan Graßl
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