Musik an sich


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Porpora, N. (Andrieu)

Vêpres Vénitiennes


Info
Musikrichtung: Barock/Kirchenmusik

VÖ: 30.10.2007

Ligia Digital / Klassik Center Kassel (CD, DDD (AD: 2007) / Best.nr. Lidi 0202185-07)

Gesamtspielzeit: 68:55

Internet:

Les Passions

Choeur Éclats



FRAUENSACHE

Bekannt durch seine virtuosen Opernarien, die er Kastraten-Stars wie Farinelli und Caffarelli auf den Leib schneiderte, wird in jüngster Zeit mehr und mehr auch das Orchesterwerk und das kirchenmusikalische Schaffen Nicolo Antonio Giacinto Porporas (1686-1768) wiederentdeckt (vgl. Rezensionen Cellokonzert und Notturni). Das Label Ligia Digital stellt uns nunmehr drei Motetten vor, die der aus Neapel stammende Porpora zwischen 1726 und 1747 als Chorleiter des Ospedale degli Incurabili bzw. am Ospedale della Pietà in Venedig schuf. In den Kompositionen erweist sich Porpora einmal mehr als ein ausgezeichneter Kenner der menschlichen Stimme und ihrer Möglichkeiten. Teils aberwitzige Koloraturen und Effekte wechseln in rascher Folge einander ab, wobei die Melodielinien eingängig sind und der Orchestersatz sich in schlichten Begleitfiguren erschöpft. Es sind Kompositionen, die ebenso gut in jeder Opera seria hätten Platz finden können. Der Textgehalt interessierte Porpora allenfalls sekundär, wichtiger war es, das Publikum durch Virtuosität zu verblüffen. Und so nimmt es nicht wunder, dass der Affektgehalt der Psalmvertonung Laetatus sum sich nicht wesentlich von dem in der Motette De profundis unterscheidet. Man kann hier ohne weiteres von einer Profanisierung der Kirchenmusik und auch von Beliebigkeit sprechen. Dies ändert aber nichts daran, dass die hohe Kunstfertigkeit in der Komposition des Gesangsparts bei entsprechender Ausführung auch heute noch ihren Effekt macht.

Und an der Ausführung gibt es hier wenig zu bemängeln: Zwar tönt Isabelle Poulenards Sopran im Eingangssatz des Laetatus sum noch etwas eng, doch verflüchtigt sich dieser Eindruck bald, so dass man den jubilierenden Koloraturen mit Staunen und Genuss folgt. Sogar noch ein wenig überzeugender, da ausgewogener und runder, ist der Vortrag von Guillemette Laurens, der die Alt-Motette Nisi dominus zufällt und die im De profundis in den direkten Wettstreit mit der Sopranistin tritt.

Einen ganz besonderen Reiz erhält die Aufnahme durch den Einsatz des Choeur Éclats, eines vierstimmigen Mädchenchors. Dieser agiert durchaus nicht mit mädchenhafter Zurückhaltung, sondern kraftvoll und engagiert, wobei das kindlich-kehlige Timbre der Stimmen einen guten Kontrast zur ätherischen stimmlichen Reinheit der beiden Solistinnen bildet.
Das Orchester Les Passions musiziert mit schwungvoller Vitalität.

Die eingeschobenen Konzerte Vivaldis sind an sich gut gewählt. Im Blockflötenkonzert brilliert zudem der Dirigent Jean-Marc Andrieu als Solist. Dennoch hätte man hier konsequenterweise vielleicht doch im nicht eben kargen Konzertschaffen Porporas nach geeigneten Zwischenstücken suchen sollen, statt auf die "sichere Bank" Vivaldi zurückzugreifen.



Sven Kerkhoff



Trackliste
1-5 Porpora: Laetatus sum
6-8 Vivaldi: Konzert für Blockflöte A-Dur RV 108
9-13 Porpora: Nisi Dominus
14-16 Vivaldi: Konzert für Violoncello F-Dur RV 410
17-25 Porpora: De profundis
Besetzung

Isabelle Poulenard, Sopran
Guillemette Laurens, Mezzosopran

Étienne Mangot, Violoncello
Jean-Marc Andrieu, Blockflöte

Choeur Éclats
Orchester Les Passions

Ltg. Jean-Marc Andrieu



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