P. Gallois, Toronto Camerata, Kevin Mallon
Ein altbekanntes Bonmot lautet: "Was ist noch langweiliger als eine Flöte? Zwei Flöten!"
Wie sich bei den Komponisten des klassischen Repertoires an Wagner die Geister scheiden, so tun sie dies hinsichtlich der Instrumente zumeist an der Flöte: Von den einen wegen ihrer sanglichen Qualitäten gerühmt, von den anderen als langweilig und kraftlos geschmäht.
Diese Aufnahme der Flötenkonzerte des Bach-Sohnes Carl Philipp Emanuel ist geeignet, die Kluft zu überwinden. Für den, der die Flöte ohnehin schätzt ist sie ein Leckerbissen und für jene, die dem Instrument sonst nichts abgewinnen, ein echter Appetithappen.
Verantwortlich dafür ist der Solist Patrick Gallois. Sein Spiel zeichnet ganz bewußt C.P.E. Bach als Wanderer zwischen den Welten nach, als einen Musiker, der ebensogut Stürmer und Dränger, wie Verfechter der Empfindsamkeit war, der Rationales und Emotionales kunstvoll in einem einzigen Stück zu verbinden verstand.
So schärft Gallois die Punktierungen, läßt die Kaskaden perlen, um gleich darauf den Ton ganz zurückzunehmen und der wehmütigen Stimmung das Feld zu überlassen. Er spielt die Flöte mit sicherer, enorm stabiler Tongebung und solchem Variantenreichtum, dass für Langeweile kein Platz bleibt - und das bei zwei CDs mit Flötenkonzerten non stop. Eine nicht hoch genug einzuschätzende Leistung!
Bachs Konzerte, zum großen Teil während seiner Zeit am Hofe des begeisterten Flötisten Friedrichs des Großen entstanden, sind zumeist Bearbeitungen von Cembalokonzerten aus früheren Jahren. Sollte der König selbst sie gespielt haben, müßte er sein Instrument allerdings tatsächlich meisterhaft beherrscht haben, den die spieltechnischen Anforderungen sind extrem hoch. Nun, Gallois jedenfalls meistert sie in wahrhaft königlicher Manier.
Und dabei reißt er gleich noch die Toronto Camerata mit: Angesteckt von soviel Spielfreude läuft das Ensemble seinerseits zu Höchstleistungen auf und läßt nur hier und da einmal Ermüdungserscheinungen und Schlaffheiten erkennen.
Nicht ganz zufriedenstellend ist die Aufnahmetechnik und dadurch wird leider das Orchester benachteiligt. Sein Sound ist zu hallig aufgezeichnet und dadurch unnötig indifferent, das Cembalo drängt sich leicht in den Vordergrund. Das alte Problem bei der Einspielung von Solokonzerten: Um dem Virtuosen auch klanglich Raum zu geben und ihn hervorzuheben, wird der vermeintlich weniger wichtige Rest zurückgedrängt und vernachlässigt.
Abgesehen von dieser (kleinen) Einschränkung jedoch: Ein großer Wurf!
18 von 20 Punkte
Sven Kerkhoff