(Würzburg, 13.12.2002)
"Heute ist ja ein grosses Rockkonzert in Würzburg. Wer von euch geht dort
hin ?" So ungefähr durfte es sich eine Freundin meinerseits von ihrem Lehrer am
Tag dieses Events in der Schule anhören, denn wen im sonst verschlafenen
Frankenstädtchen etwas in dieser raren Art stattfindet, darf es sich sogleich
Stadtgespräch nennen. Deswegen war es auch nicht verwunderlich, dass es für den
Tote Hosen-Gig in der unterfränkischen Hauptstadt schon Monate vorher keine
Karten mehr zu erstehen gab und ca. 4000 Leute aus den unterschiedlichsten
Gesellschaftsschichten die Carl-Diem-Halle füllten.
Schon kurz nach 20 Uhr betrat Campino die Bühne, aber nur um die heutige
Vorgruppe THE BRIEFS anzukündigen. Die Jungs stammen meines Wissens aus der
U.S.-Grunge-Metropole Seattle, präsentierten jedoch eingängigen, melodischen
08/15-Punk-Rock amerikanischer Gangart mit vielen "Ohhhh`s" und "Yeah`s"
versetzt. Eingängig war wohl in dem Sinn zu verstehen, dass die Songs in dem einem
Ohr rein- und im anderen wieder rausgingen ohne besondere Erinnerungswerte zu
hinterlassen. Die Band, die optisch mit ihrer bunten Haarbracht wohl eine Ampel
simulieren wollte bzw. mit ihrer quirligen Performance ein wenig an die
Knetgummimännchen aus dem Kinderfernsehen erinnerten, kamen beim Publikum jedoch
recht gut an und die Zuschauer gaben schonmal einen leichten Vorgeschmack zu
welcher Stimmung sie noch fähig waren. Nach einer gute halben Stunde war der
Spuk auch schon vorbei und meine Platznachbarin flüsterte mir zu das sie es
auch kaum länger ertragen hätte.
Wunderte man sich am Anfang noch über den weissen Hintergrund der Bühne,
wurde den Fans beim Opener "Auswärtsspiel" jedoch schnell klar, das der
vorhangartige Bühnenbackdrop als Leinwand für diverse, den Songs entsprechenden
Videoprojektionen diente. Aus den bereits erwähnten Gegebenheiten war das
Gastspiel der TOTEN HOSEN alles andere als ein Auswärtsspiel und man merkte dies an
der Spielfreude der Band bzw. der Stimmung Campinos an, der mehr als einmal
ein Bad in der Menge genoss und es dabei auch noch schaffte seine Vocals ins
Mikro loszuwerden. Zum Glück aller verzichteten die Düsseldorfer auf die sonst
so aus Möchtegern-Credibilty-Gründen wichtigen Coverversionen irgendwelcher
englischsprachigen Punksongs und demnach reihte sich aus dem gewaltigen
Hosenbackkatalog Hit auf Hit. Bis auf "Alles aus Liebe", das leider nur kurz
angespielt wurde, war von den "Zehn kleinen Jägermeister" über dem "Wort zum
Sonntag" bis hin zu aktuellen Stücken wie das ruhige "Nur zu Besuch", bei dem sich
die Halle in ein Meer von Feuerzeugen verwandelte, jeder wichtige Song der
Hosen-Chronologie vertreten.
Nach ca. 75 Minuten gönnte sich die Band eine kurze Pause und ihren Roadies
gleichzeitig ein paar Minuten im Rampenlicht. Die Jungs und Mädel, die
nomalerweise für Bühnenaufbau, Instrumententechnik usw. verantwortlich sind zockten
die AC/DC-Songs "Whole Lotta Rosie" und "Highway to Hell" für die Fans mit
einer erstaunlichen Professionalität, die einer etatmässigen Coverband der
Australier gleichkam. Mit nachgespielten Stücken ging es dann auch weiter, denn
die Meister persönlich präsentierten eine eigene punkige Version des
Gassenhauers "Hang On Sloopy", bevor sich Campino mit einem von Fans auf die Bühne
geworfenen(!) Nikolausumhang wärmte und dem aktuellen Anlass entsprechend ein
paar Weihnachtslieder wie "Little Drummer Boy", dem stimmungsvollen "Auld Lang
Syne" und dem Hosen-X-Mas-Song (wie es ja neudeutsch heisst) "Weihnachtsmann
vom Dach" zum Besten gab, während auf der Videoleinwand die Schneeflocken
herunterrieselten. "Mei is des schee !" würde Else Kling aus der Lindenstrasse
wohl dazu sagen. Als Zugabe der Zugabe schenkten die Hauptdarsteller des Abends
den Zuschauern noch ein paar alte Songs im Stile von "All Die Ganzen Jahre"
und als krönenden Abschluss gab es mit der Hymne "You`ll Never Walk Alone"
noch etwas Nettes zum mitgröhlen.
Die Toten Hosen stellten auch in Würzburg wieder eindrucksvoll unter Beweis
das sie noch lange nicht zum alten Eisen, dafür aber zur absoluten
Speerspitze des Liveentertainments in deutschen Landen gehören, die durch eine bunte
Mixtur aus hervorragenden eigenen Stücken und allseits bekannten Liedgut alà
Hosen, wohl auch alle Zuschauer die sich nicht unbedingt Hardcore-DTH-Fans
schimpfen, für einen Abend hervorragend unterhalten können.... und so sehen wir
Campino und Co auf ihrer nächsten Gastspielreise wieder wie immer in Würzburg
und die Lehrer, Schüler und alle anderen werden sich abermals die Münder
darüber fusselig reden.
Internet:
www.dietotenhosen.de
www.thebriefs.com
Manuel Liebler