(Kiel, MAX, 07.11.2001)
Was soll man zu einem Subway To Sally-Konzert noch schreiben, was nicht
schon gesagt worden wäre? So gut wie jeder kennt die Band, tourt sie doch so
häufig und intensiv durch deutsche Lande wie kaum eine andere. Dass es trotzdem
jedes Mal aufs Neue gerappelt voll ist, wenn die Herren und die Dame zum Tanz
bitten, sollte angesichts dieses Überangebots fast schon verwundern. Doch
wer nur ein Mal bei einem Gig der Truppe anwesend war, weiß, warum die Massen
immer wieder gern dem Ruf folgen, um ihrerseits den allseits beliebten Schrei
auszustoßen.
Als Vorgruppe hatte man diesmal Merlons Lichter eingepackt, die ohne das
"Lichter" im Namen schon einige Erfahrung gesammelt haben und dementsprechend
alles andere als grün wirkten, obwohl sie auf dieser Tour ja genau genommen ihr
Debut vorstellten. Geld ausgeben würde ich für ihre Form des
Mittelalterrocks, der die Betonung eindeutig auf ROCK legt, zwar nicht, für die Stimmung im
MAX war er aber sicher nicht das Schlechteste, wenn ich wohl auch nicht der
Einzige war, der sich am etwas eigentümlichen Sänger der Formation störte.
Fairerweise möchte ich dazu sagen, dass ich mein Urteil eventuell revidieren
müsste, hätte ich die Möglichkeit gehabt, mich intensiver mit dem sehr
interessant wirkenden textlichen Konzept der Lichter zu beschäftigen, das
wahrscheinlich noch einmal einen anderen Eindruck von der Qualität der Band vermitteln
kann, als dies bei einem halbstündigen Auftritt der Fall ist. So bleibt es bei
"solide, aber viel zu unspektakulär".
Was man von den Subways selbstredend nicht behaupten kann. Vom Einstieg, der
für meinen Geschmack mit "Wenn Engel hassen" eher ungewöhnlich gewählt ist,
was letztlich aber für die Band spricht, die sich nicht auf das übliche
"Blut, Blut, Räuber saufen Blut" reduzieren lässt. Welches es natürlich auch noch
gab und wenn aus Hunderten von Kehlen diese Worte erklingen, ist einfach
alles andere egal. Ganz nebenbei wird noch ein Streifzug durch das gesamte
Repertoire der Combo unternommen, bei dem der Schwerpunkt auf den Songs des
aktuellen Albums "Herzblut", von denen besonders "Rosen" und mein persönlicher
Favorit "Das Messer" hervorstechen, liegt, aber auch die "Henkersbraut" oder "Sag
dem Teufel" nicht vernachlässigt werden. Schmerzlich vermisst habe ich nur
"Traum vom Tod II", das normalerweise als weiterer Gänsehautgarant gesetzt
ist. Doch auch ohne dieses Stück ist das Liedgut dieser Band ganz einfach
zeitlos, einen wirklich schlechten Auftritt hat wohl noch niemand von ihnen gesehen
und mit einem Publikum, das jedes einzelne Wort jedes einzelnen Liedes
mitgröhlt, kann nichts schief gehen.
Wie ebenfalls üblich sind Eric und die anderen kaum von der Bühne zu bringen
und als sie dann doch gehen, hört man die Meute noch lange rufen: "Blut,
Blut, Räuber saufen Blut". Aus, vorbei, hinaus in die Kälte. Und während ich
mich aufraffe, geht mir noch die Frage durch den Kopf, für wie viele brummende
Schädel, penetrante Ohrwürmer und hinderliche Heiserkeiten Subway To Sally am
nächsten Tag wohl verantwortlich gemacht werden könnten.
Schön, dass sich manche Dinge nie ändern.
Thorbjörn Spieß