(München, Elserhalle, 26.11.01)
Der Abend beginnt wieder einmal mit dem alten Leid. Als ich die Halle um
20.00 Uhr betrete sind Godflesh schon voll zugange. Ob die im Vorfeld
als zuerst auftretende Band benannten Raging Speedhorn aufgetreten sind,
kann ich deswegen auch nicht sagen. Überhaupt ist der Abend scheinbar
einer straffen Zeitplanung unterworfen. Was den Umbaupausen natürlich
zum Vorteil gereicht, denn die dauern nur unwesentlich länger als ein
Gang zum Bierstand und wieder zurück vor die Bühne. Die Elserhalle ist
angenehm gefüllt mit ein paar hundert Leuten, die auch ordentlich
Stimmung machen, wobei man schon sagen muß, Fear Factory haben schon
einmal mehr Leute gezogen. Zuerst sollte dieses Konzert ja im Babylon
stattfinden, aber dafür waren die Vorverkäufe wohl zu gering.
Noch nicht ganz so stark geht´s ab bei Godflesh, von denen ich ca. die
Hälfte des Auftritts sehe, aber sie werden wohlwollend aufgenommen und
beklatscht (ist ja irgendwie auch das mindeste für diese Band), es wird
sich auch bewegt. Auf der Bühne gibt´s recht spartanisches, keine
großartige Show, nur Bass, Gitarre und Schlagzeug (incl. Sample
Einspielern). Jede der Bands hatte übrigens ein eigenes drumset auf der
Bühne, was Godflesh dann auch nicht all zu viel Entfaltungsspielraum gab.
Aber spartanisch und trotzdem intensiv kann man ihre Musik auch nennen.
Unverkennbar und einzigartig schräg durchdringen einen die Engländer.
Schade, dass Godflesh nicht länger gespielt haben (wohl ca. ´ne halbe
Stunde).
Bald darauf folgt Devin Townsend, der bester Laune ist und mittlerweile
ja über einen stattlichen Backkatalog verfügt, von denen heute eher die
heftigeren Tracks dran waren. Songs vom Debut und von City bildeten das
Stahlgerüst, in das auch Farbtupfer wie "Earth Day" von Terria trefflich
eingefügt wurden. Der Meister ist in Partylaune und lässt sich das durch
seine Spielfreude und seine spaßigen Ansagen auch anmerken. Das ist also
Devin Townsend, wenn er medikamentös eingeregelt ist. Man kann sich auf
jeden Fall die paar hundert zusätzlichen PS, unter denen sein Kessel
bisweilen steht, vorstellen. So geht also ein buntes Gewitter auf uns
hernieder, das an manchen Stellen vielleicht einen etwas transparenteren
Sound benötigt hätte. Nichtsdestotrotz: gelungener Gig, musikalisch ohne
Tadel, auch natürlich mit dem zweiten Superstar der Band: Gene Hoglan,
wo es sich dann als Vorteil herausstellte, dass sein Drumset vorne auf
der Bühne stand, so konnte man ihm schön auf die wirbelnden Prank
en sehen.
Weiter mit einer anderen am Drumhocker sehr gut bestückten Band, Fear
Factory. Das letzte mal hatte ich sie auf dem Dynamo gesehen, wo sie mit
einem schlechten Sound zu kämpfen hatten und Sänger Burton die klaren
Vocals nicht so ganz hinbekam. Das ist allerdings schon eine Weile her
und heute stellt sich das ganz anders dar. Technisch sowieso klasse sind
die Amis heute auch noch mit einem spitzenmäßigen Sound gesegnet. Gitarrist
Dino kann genüsslich seine - in jeder Beziehung - fetten Riffs zusammen
mit dem dichten, megarhytmischen Drumfundament kreuzen und zuzüglich
einer guten Handvoll Hits hat man mit der Menge leichtes Spiel.
Bei "Demanufacture", "Replica", "Scapegoat" oder "Shock" bleibt wohl
selten ein Auge trocken. Etwas albern waren die Knochenhand-Handschuhe
des Sängers und seine (bei neueren Stücken) immer wieder an Fred Durst
erinnernde Gestik. Was mich noch gestört hat war, dass die Songauswahl
sich nur an den letzten 3 Longplayern orientierte und das Debut mit nur
einem einzigen Song gewürdigt wurde (Wo war "Martyr"?), aber das mag dem
einen oder anderen ja sogar positiv aufgefallen sein.
Fear Factory haben
sich jedenfalls zu einer wirklich professionellen und guten Liveband
entwickelt. Ach ja und noch ein Kritikpunkt: Keine Zugabe. Für keine
Band. Nicht mal für Fear Factory. Und so war dann halt (ich hatte den
straffen Zeitplan ja schon erwähnt) um 23.15 Uhr Schluß. Aus. Licht an.
Nicht schön. Wer da wohl schuld war?
Christ Decapitator