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In der Kolumne im Juni 2020 hatte ich die Struktur des Vikariates in der Berliner Landeskirche beschrieben und versprochen noch etwas zu dem „Spezialvikariat“ zu sagen. Dafür ist jetzt der Zeitpunkt. Dieses Spezialvikariat gab es nur im „West-Modell“, das es heute nicht mehr gibt, da es stark auf die Stadt-Situation West-Berlins bezogen war. In diesem Modell gab es das Predigerseminar als eigenständige, zweite Phase des Vikariates nicht. (s. Juni-Kolumne) Stattdessen kamen die Vikare und Vikarinnen während des gesamten Vikariates einmal in der Woche im PTA in Berlin-Zehlendorf zusammen, um das im Vikariat Erlebte begleitend zu reflektieren. Das war in der Flächenkirche Berlin-Brandenburg so nicht mehr durchführbar.
Statt der eigenständigen Predigerseminarzeit gab es im West-Modell ein „Spezialvikariat“, das an den verschiedensten sozialen oder kirchlichen Lernorten, auch im Ausland, stattfinden konnte. Um hier Gerechtigkeit herzustellen, hatten die VikarInnen des „Ost-Modells“ die Möglichkeit ihr Vikariat um ein dreimonatiges Spezialvikariat nach dem Examen zu verlängern. Ich hatte ein Presse-, bzw. Medien-Vikariat geplant, das je einen Monat bei einer Zeitung, beim Radio und beim Fernsehen stattfinden sollte.
Nachdem klar war, dass ich in den Religionsunterricht gehen würde, habe ich das Vikariat zu einem Vikariat „Kirche in der Öffentlichkeit“ umstrukturiert und auf ein halbes Jahr verlängert. Das sah dann konkret so aus, dass ich im zweiten Halbjahr des Schuljahres 1995/96 den Religionslehrer Günter Herken am Helmholtz-Gymnasium in Potsdam begleitet, und parallel dazu erst in der Kirchenfunk-Redaktion des SFB (Sender Freies Berlin – einer der Vorläufer des heutigen RBB) und dann in der Potsdamer Lokalredaktion der Märkischen Allgemeinen Zeitung gearbeitet habe.
Das Helmholtzgymnasium in Potsdam am Rande des Holländer Viertels – im Hintergrund das Nauener Tor |
So startete ich nun nach Ende der Winterferien erst einmal hospitierend in den Religionsunterricht, der bis heute meine berufliche Heimat bleiben sollte. Eine Woche später war dann auch das Haus des Rundfunks in der Berliner Masurenallee gegenüber vom Messegelände am Funkturm mein Arbeitsplatz. Zugeteilt war ich der Redaktion Kirchenfunk, die u.a. ein wöchentliches Magazin mit mehreren Kurzbeiträgen produzierte. Nach einer Woche Einarbeitung habe ich dann bis Mitte April jede Woche einen solchen Beitrag recherchiert, aufgenommen und eingesprochen. Themen an die ich mich erinnere sind die drohende Schließung der Jugendbildungsstätte „Haus Kreisau“ in Kladow und eine Recherche darüber, in wieweit die Kirche ihrer Verpflichtung einen bestimmten Prozentsatz behinderter Menschen einzustellen, nachkommt.
In der ersten Woche meiner Schultätigkeit landete ein Umschlag des EMP-Versands in meinem Briefkasten – darin unter anderem Skyclads Irrational Anthems, das erste Album der Briten bei Massacre Records, das es mir ermöglicht die Review-Serie mit den Noise-Alben, die wir vor drei Jahren beendet haben, fortzusetzen.
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