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Zeit: 29.08.2018
Ort: Nürnberg - Hirsch
Der Auftritt von Rose Tattoo auf dem letztjährigen Bang Your Head!!! Festival war für mich einer der Highlights des Tages. Umso erfreulicher, dass die Australier 2018 im Rahmen einer Clubtour einen musikalischen Nachschlag geben. Das Konzert im Hirsch ist bereits seit Wochen ausverkauft. Das Wetter ist prächtig, der Biergarten im Hof knallevoll und das bunte Publikum verspricht einen interessanten, launigen Konzertabend.
Als Vorband sind die V8 WANKERS aus Offenbach mit ihrem aktuellen Album Full Pull Baby! am Start. Mit ihrem „High Speed Rock’n‘Roll“ und einem voll auf die Zwölf gebürsteten Sound geht es vom Fleck weg richtig zur Sache. Der ganzkörpertätowierte Sänger Lutz Vegas fegt wie ein Verrückter über die Bühne und stachelt das Publikum permanent zum Mitmachen an. Die restliche Band steht dem in keiner Weise nach. Die beiden Gitarristen Wally und Luk le Duke posen was das Zeug hält und lassen in brachialer Rockstar-Manier ihre Rock’n‘Roll-Riffs vom Stapel. Authentische Songs wie „This One’s For You“, den Vegas allen Frauen widmet, die ihm das Herz gebrochen haben, bilden das Rückgrat des Auftritts. Zuhause würde ich mir die Musik nicht anhören, aber live funktioniert das Ganze hervorragend. Die erdigen Stücke kommen beim Publikum bestens an, besser kann man einen Anheizer-Job im Prinzip nicht machen.
Um 21.15 Uhr ist es dann soweit und ROSE TATTOO kommen auf die Bühne. Die Band wird vom Publikum frenetisch begrüßt und legt gleich mit dem schmissigen „One Of The Boys“ los. Der Sound ist wesentlich klarer und leiser, als bei den V8 Wankers. Sänger Angry Anderson singt klasse, an seinen Stimmbändern scheint das Alter nahezu spurlos vorbei gegangen zu sein. Wie ein Reibeisen raspelt er herum und veredelt dabei die markigen Texte. Im Vergleich zum letzten Jahr wurde die Truppe bis auf den langjährigen Slide-Gitarristen Dai Pritchard ordentlich durcheinandergewirbelt. Am Bass fungiert der frühere AC/DC-Bassist Mark Evans, am Schlagzeug der für mich unbekannte Jackie Barnes (Sohn von Sänger Jimmy Barnes) und als zweiter Gitarrist wurde Bob Spencer mit an Bord geholt. Wie bei einer Punk-Band werden die Songs direkt nacheinander gespielt, Pausen gibt es fast gar nicht. Mark Evans bekommt hier ein Problem, weil er nicht die Zeit bekommt, sein Gesicht abzuwischen. Der Schweiß läuft ihm in die Augen und er sieht nichts mehr. Er behilft sich damit, dass er sein Gesicht an Angrys Weste abwischt. Ansonsten spielt er einen sehr soliden Gibson Thunderbird-Bass, singt bei jedem Song kräftig im Background mit und macht einen sehr vitalen und sympathischen Eindruck.
Die Hitze im Hirsch ist enorm, die eng stehenden Leute verstärken die stickige Luft in dem kultigen Club. Trotzdem geht die Band weiterhin energisch zur Sache. Schnelle Stücke wechseln sich gekonnt mit Boogie-Nummern und Midtempo-Stampfern ab. Allgemeiner Jubel brandet auf, als das unverwüstliche „Rock’n‘Roll Outlaw“ erklingt. Jede Band hat so ihre Signatur-Hits und dieses Stück wird auf ewige Zeit mit Rose Tattoo in Verbindung gebracht – auch wenn Helen Schneider mit ihrer Version wesentlich erfolgreicher war.
Die Songs leben durch den markanten Gesang von Angry Anderson. Das wird besonders im biographischen „The Butcher And Fast Eddie“ deutlich. Die tragische und äußerst brutale Geschichte wird durch Angrys Gestik und Mimik geradezu ins Hier und Jetzt befördert. Für mich einer der besten Songs der Australier. Drei Stücke des „neuesten“ Albums Blood Brothers kommen ebenfalls zum Zuge, wobei mir „Black Eyed Bruiser“ am besten gefällt. Die Songs reihen sich mühelos in den Klassiker-Reigen ein und zeigen keinerlei Qualitätsabfall. Etwas schade ist, dass sie vom Pain-Album kein Stück spielen – hier wären „Union Man“, „Kisses And Hugs“ oder „The Devil Does It Well“ mal eine willkommene Abwechslung.
Die Band klingt phantastisch und spielt wie aus einem Guss. Der „Ninja“-Schlagzeuger Jackie Barnes peitscht seine Vorderleute unentwegt nach vorne. Mark Evans und er harmonieren perfekt zusammen und bieten dem Rest der Band ein solides Rhythmusfundament. Dai Pritchard ist ein Meister der Slide-Gitarre und spielt in bester Pete-Wells-Manier. Er ist dabei hochkonzentriert und lässt sich durch nichts in der Welt aus der Ruhe bringen. Bob Spencer übernimmt die restliche Gitarrenarbeit, die beiden ergänzen sich hervorragend.
Über all dem thront die Stimme von Angry Anderson. Er selbst ist Dreh- und Angelpunkt des Geschehens, wobei er meistens sehr statisch in der Bühnenmitte stehen bleibt. Hin und wieder macht er Ansagen, bei denen ich jedoch ziemliche Verständnisprobleme habe. „Rock’n‘Roll Is King“ kann man getrost als das Motto des Abends bezeichnen. Rose Tattoo zelebrieren diese Musik regelrecht und lassen keinen Zweifel aufkommen, dass für sie der Rock'n'Roll das wichtigste überhaupt ist.
Der Doppelschlag „Astra Valley“ und das trotzige „We Can’t Be Beaten“ beenden gefühlt schon viel zu früh den regulären Teil. Für zwei schnelle Brecher kommen Rose Tattoo noch einmal zurück auf die Bühne. Und mal ganz ehrlich: Ohne „Remedy“ und das markante „Nice Boys“ können die Aussies doch nicht von der Bühne, oder? Danach lässt sich die Band vom bestens aufgelegten Nürnberger Publikum feiern und verlässt nach gepfefferten 105 Minuten die Bühne.
Als das Licht angeht, sieht man in lauter zufriedene Gesichter. Der Gig war der Hammer! Klasse Songauswahl, vorgetragen von einer spielfreudigen und hungrigen Band. So muss das sein! Nächstes Jahr spielen Rose Tattoo auf der Pyrases Classic Rock Night am 27. Juli 2019. Für mich auf jeden Fall ein Grund, da mal wieder vorbei zu schauen!
Setlist Rose Tattoo:
1. One of the Boys
2. Juice on the Loose
3. Man About Town
4. Assault & Battery
5. Tramp
6. Rock 'n' Roll Outlaw
7. The Butcher and Fast Eddy
8. Standover Man
9. Branded
10. Black Eyed Bruiser
11. Once in a Lifetime
12. 1854
13. Rock 'n' Roll Is King
14. Scarred for Life
15. Bad Boy for Love
16. Astra Wally
17. We Can't Be Beaten
18. Remedy
19. Nice Boys
Stefan Graßl
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