Reviews
Director´s Cut
Info
Musikrichtung:
Art Pop
VÖ: 13.05.2011 (Fish People / EMI ) Gesamtspielzeit: 57:17 Internet: http://www.katebush.com |
Ein neues Kate Bush Album ist immer eine Sensation. Das liegt zum einem natürlich daran, das Kate zuletzt doch sehr mit Ihrer Kunst geizt. Aber natürlich auch daran, das sie zweifellos nach wie vor der strahlendste Stern am Artpophimmel ist. Der Fan wird nun zunächst erst einmal ein wenig enttäuscht sein, wenn er nach sechs Jahren Wartezeit nur ein Album mit neu bearbeiteten Songs Ihrer Alben „The Sensual World“ und „The Red Shoes“ bekommt. Auch stellt sich natürlich die Frage, warum Kate sich ausgerechnet diese beiden Alben vorgenommen hat. The Sensual World, der Nachfolger ihres künstlerisch wie kommerziell erfolgreichsten Produktion Hounds of Love von 1989 war ein fast ebenso perfektes, wenn auch etwas stilleres Album wie der Vorgänger.
The Red Shoes hingegen klang für mich unausgewogen und auch überambitioniert. Auch dieses Album hatte hervorragende Songs zu bieten, gehörte aber in seiner Gesamtheit eher zu den seltenen, schwachen Werken von Kate (daneben fällt mir eigentlich nur Ihr zweites Werk Lionheart als eher schwach ein). Gespannt durfte man also sein, ob Kate den Songs neues Leben einhauchen und andere Facetten abgewinnen konnte.
Das Album beginnt mit „Flower of the Mountain“ welches von The Sensual World stammt und auch das Titelstück war. Hierzu sagte Kate, das Sie den Song ursprünglich für Passagen von Ulysses’ von James Joyce geschrieben hatte, jedoch keine Genehmigung bekam und so einen eigenen Text schrieb. Für The Directors Cut erhielt sie die Genehmigung und konnte Ihre Idee nun umsetzen. Der Song kommt in der neuen Version wesentlich akzentuierter daher. Die Originalversion klang immer ein wenig verschwommen, wie aus dem Nebel kommend, dies wurde durch das moderne Schlagzeugspiel und den neuen Gesang korrigiert. Auch wurden die ursprünglich dominierenden Gesänge des Trio Bulgarika komplett entfernt. Die Mystik ist zugunsten von Postrockschlagzeugklängen verschwunden.
"Song of Solomon" wurde verlangsamt, der wummernde Ursprungsbass wurde durch ein eher Posrockartiges Zusammenspiel aus Schlagzeug und Bass ersetzt. Die Keyboardspuren klingen nun wesentlich verspielter und der Gesang, der auf dem Original teilweise schon obskur wirkte, klingt nun sauberer und feingliedriger. Auf diese Bearbeitung passt Kates Ausspruch: Meine Musik darf jetzt atmen. Das sich wie im Original direkt anschließende "Lily" wurde ebenso ein wenig reduzierter aufgemacht. Knallten hier im Original die Bässe und das Keyboardarrangement vom Start weg, wummert nun zunächst der Bass und dann setzt eine vorher nicht gehörte Gitarre ein. Anschließend baut sich das Originalkeyboard auf, bleibt aber wesentlich weiter im Hintergrund als im Original zu Gunsten Kates Gesang. Der Text wird ein wenig anders phrasiert aber insgesamt hat sich "Lily" nur geringfügig verändert. "Deeper Understnding" hingegen hat sich von dem leisen, verträumten und leicht zu überhörenden Song, der er auf The Sensual World war, mächtig gewandelt. Die Trio Bulgarika Stimmen sind im ersten Teil vollständig gewichen, der Rhythmus ist nun durch ein Postrock Schlagzeug und Bass ersetzt worden. Darüber liegen die Original Keyboardspuren. Der Gesang wurde auch hier deutlicher nach vorn gemischt und die „Computerstimme“ wird nun durch eine von Ihrem Sohn eingesungene wirkliche Computerstimme ersetzt. Das klingt zunächst ungewöhnlich und nicht so dolle, doch setzt man es in den Kontext des Textes, macht es Sinn und bei jedem Hören stimmiger. Der Song ansich wandelt sich in der Mitte hin zu einem Gemisch aus Radiohead und Archive und gesanglich veredelt Kate das Ganze am Schluss mit einer so von Ihr noch nicht gehörten Darbietung. Am Schluss tauchen auch wieder die Trio Bulgarika Stimmen auf, reduziert und passend. Ein klarer Gewinn, diese Version und völlig zu recht die Single des Albums. Welcher Teufel Kate zur Neubearbeitung von "The Red Shoes" getrieben hat und diesen auch noch direkt nach "Deeper Understanding" zu platzieren, weiß ich nicht. Diese Mischung aus irischer (?) Floklore und Dancemusik funktionierte nicht auf The Red Shoes, und er funktioniert auch hier nicht, sonder zersört die mit !Deeper Understanding" aufgebaute Atmosphäre. "This Womans Work" hingegen gehört zu den kompletten Neuaufnahmen und ist ein weiterer Gewinner. Ich liebte schon immer die Songs auf denen Kate in Reinform zu hören war wie z.B. die Single B-Seiten Lonesome Cabin Boy oder Under the Ivy wo man Sie völlig ohne Instrumente oder nur mit Piano hört. Und das macht Sie nun aus "This Woman´s Work": verhallende Pianoklänge aus dem Keyboard und den ganzen (durchaus schönen) Schmontz aus Violinen des Originals weg, wenige Effekte, die zum, ja, ein wenig psychedelischen Klang dieser herrlichen Ballade beitragen. Wunderschön, wenn auch viele das wieder nicht verstehen werden wollen oder können. Direkt daran an schließt sich die Ballade "Moments of Pleasure" an, die mit dem Aufsetzen einer Nadel auf eine Vinylscheibe beginnt. Vielleicht wenig einfallsreich jedoch passend für diese nächste Pianoballade. Auch diese wurde noch einmal ein wenig mehr zurück genommen, jedoch sind die Unterschiede zum Original hier nicht so gravierend. Ein wenig problematisch auch, das diese beiden Balladen direkt aufeinander folgen und so der Spannungsbogen an dieser Stelle komplett in ich zusammenbricht. Das hätte man dramaturgisch besser lösen können. Mit " Never be Mine" wird wieder etwas Fahrt aufgenommen, wenn auch dieserSong insgesammt etwas ruhiger daher kommt. Zunächst beginnt er mit dem bekanten Intro, setzt sich dann jedoch erst nur mit Piano und Gesang fort, bevor das moderne Postrockschlagzeug / Bassgewand auftaucht und den Song in Verbindung mit der Gitarre in eher rockige Kontexte setzt, ohne zu rocken, versteht sich. Ein wenig schlägt diese Bearbeitung die Brücke zwischen Ihrer späten und Ihrer ganz frühen Arbeit, die sehr auf den Bandcharakter aufgebaute Instrumentierung vermischt mit dem Bläserarrangement und dem Trio Bulgarika. Mit "Top of the City" und "And so is Love" folgen zwei weitere Songs im Midtempoberreich, die in ähnlicherweise wie "Never be mine" und der Rest mit modernen, eher dem Alternative und Postrock verwandten Schlagzeug / Bassspuren und auch interessanten Änderungen des Arrangements (z.B. Bläser in "Top of the City")versehen wurden.
Beachtenswert bleibt dann noch der Abschluss mit der damals ersten Single aus dem Red Shoes Album "Rubbeband Girl", welcher schon damals sehr schräg und rockig daher kam, aber vielleicht auch schon ein Indiz für die Überproduktion des Albums bot. Denn der eigentlich einfache Rocksong war mit Arrangements überzogen. Nun wurde für Directors Cut alles entfernt bis auf eine leicht dissonante Rockband, die sich mehr oder weniger durch den Song schrammelt. Selbst Kate liegt hier (wohl beabsichtigt) nicht immer ganz richtig mit den Tönen. Ein insgesamt seltsamer Abschluss, der einen wirklich auf den Gedanken des zu zersörenden Mythos (Siehe Story) kommen lassen kann. Insgesamt gefällt mir diese Version, sie ist aber gewöhnungsbedürftig und passt nicht recht an das Ende eines so ruhigen Albums.
Fazit: Nicht alle Versionen gewinnen, jedoch die meisten schon. Völlig über ist an sich nach wie vor nur „The red Shoes“. Manche Songs sind vielleicht ein wenig zu lang geraten. Gesanglich bietet Kate wie immer alles, was man sich wünscht. Und trotz der teilweise seltsamen Zusammenstellung hat Kate es geschafft, Directors Cut wie aus einem Guß klingen zu lassen und wie ein neues Album wirken zu lassen.
Directors Cut kann kein neues Kate Bush Album ersetzen, jedoch ist es schön, die wahrscheinlich nächsten sechs Jahre Wartezeit mit diesem Album verkürzt zu bekommen.
Das Album erscheint in einem wundervoll gestaltetem Digibook, einer Limited Edition, die zusätzlich die beiden original Alben enthält (The Red Shoes ist remastered) oder als Download.
Wolfgang Kabsch
Trackliste
1 | Flower of the Mountain (Sensual World) | 5:34 |
2 | Song of Solomon | 4:44 |
3 | Lily | 4:04 |
4 | Deeper Understanding | 6:33 |
5 | The Red Shoes | 4:58 |
6 | This Woman´s Work | 6:29 |
7 | Moments of Pleasure | 6:31 |
8 | Never be mine | 5:05 |
9 | Top of the City | 4:23 |
10 | And so is love | 4:20 |
11 | Rubberband Girl | 4:36 |
Besetzung
Steve Gadd: Schlagzeug
Del Palmer: Bass
Gitarre: John Macintosh
Gitarre: Eric Clapton
u.v.a.
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |