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Reviews

Colin Stetson

New History Warfare Vol.2: Judges


Info

Musikrichtung: Jazz

VÖ: 25.02.2011

(Constellation / Cargo)

Gesamtspielzeit: 44:21

Internet:

http://www.colinstetson.com/home.html

Den amerikanischen Saxofonisten Colin Stetson einfach Jazzmusiker zu nennen, würde ihm wohl nicht unbedingt gerecht warden. Man sollte die Schublade Avantgarde wohl noch dazustellen.

Unter den bekannten Jazzern, die sein Leben begleiteten, finden sich solche Ausnahmemusiker wie Roscoe Mitchell oder Henry Threadgill, beide auch auf musikalische Weise recht ’unbequeme’ Zeitgenossen.
Auch Tom Waits nahm seine saxofonischen Dienste in Anspruch, und so mag man bereits erahnen, dass es kein leichter Stoff ist, der auf unsere Ohren treffen wird.

“New History Warfare, Volume 1“ erschien im Jahre 2008 und nun ist der Nachfolger da.
Bei der ersten Ausgabe bewies er schon seine hervorragende Atemtechnik und seinen Dynamikumfang. Klar, einiges ist im Studio nachbearbeitet worden, um diesen so ganz besonderen Sound zu erhalten. Das ist auch auf Teil 2 nicht anders.

Oh, das ist betörend, verstörend, das sind Klänge, die nicht im üblichen Rahmen zu beurteilen zu sein scheinen. Das ist nicht eines der Saxofonalben, auf denen Saxofonisten ohne jegliche Begleitung spielten, wie es zum Beispiel Jazzer wie Roscoe Mitchell 1973, David S. Ware mit 2 Alben aus 2001 und 2010, Lee Konitz1974 oder auch aus dem Fusion/Smooth Jazz - Bereich John Klemmer vormachten.

In der E-Musik gab es auch entsprechende Beispiele.
Vielleicht liegt Stetson irgendwo dazwischen?

Die Töne scheinen zu schreien, gequält quellen sie aus dem Horn, Echoschleifen, Verfremdungen, mit allen möglichen Tricks wird ein Sound geschaffen, der faszinierend ist, gleichzeitig bedrohlich. Dabei soll das alles ohne Overdubs aufgenommen worden sein. Mancher Underground-Filmer sollte sich für die Ausgestaltung ungewöhnlicher Filme locker bei dieser Musik bedienen können.

Wenn man wie ich in einer Hafenstadt lebt, wird man sogleich beim ersten Titel an den Klang von Schiffssirenen erinnert.
Nach einer Weile nimmt der Titel sozusagen rhythmische Fahrt auf, indem Stetsonmit dem Sax entsprechende Muster vorlegt. Wenn, wie angegeben, keine Overdubs verwendet wurden,
dann frage ich mich, wie die Geräusche entstehen, die darüber gelegt sind, ich vermute, es ist seine Stimme, die in entsprechender Technik in Verbindung mit Zirkularatmung verwendet wird.
Einfach faszinierend, das kommt einem Soundtrack für einen besonders düsteren 'Film Noir' gleich.
Alles, was an weiteren Zutaten geboten wird, sind die angegebenen Vokalbeimischungen und auf # 4 das mehrfache French Horn, somit bietet dieser Titel Abwechslung dergestalt, dass man meint, eine Jagdgesellschaft blase zur Jagd, sehr ungewöhnlich.

Völlig wirr flirrende Klänge dann wieder auf "From Not Part Of Me Could I Summon A Voice". Die eingesetzten Stimmen integrieren sich grundsätzlich in den Gesamtsound, auf den Tracks 6 und 10 hören wir Laurie Anderson jedoch sprechen, und Shara Worden singt gar auf #8 in feinster Spiritual-Manier, da liegt Blues in der Stimme. Beide Damen bringen in das unruhige Ambiente von "Fear Of The Unknown And The Blazing Sun" mit Wort- und Gesangsfetzen gar etwas Ruhe hinein. Sehr perkussiv ist #10, von Klang eines Saxofons ist das weit entfernt.

Alles in allem eine wahnsinnig aufregende Reise durch Klanglandschaften, die jenseits dessen liegen, was man von ähnlichen Projekten kennen gelernt hat.



Wolfgang Giese

Trackliste

1Awake on foreign shores
2Judges
3The stars in his head (Dark Lights Remix)
4All the days I've missed you (ILAIJ I)
5From no part of me could I summon a voice
6A dream of water
7Home
8Lord I just can't keep from crying sometimes
9Clothed in the skin of the dead
10All the colors bleached to white (ILAIJ II)
11Red Horse (Judges ll)
12The righteous wrath of an honorable man
13Fear of the unknown and the blazing sun
14In love and in justice

Besetzung

Colin Stetson: alto, tenor and bass saxophones; french horns on TRACK 4
Laurie Anderson: vocals on TRACKS 2, 6, 10, 13
Shara Worden: vocals on TRACKS 8, 13
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So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger