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Furore. Opernarien
Info
Musikrichtung:
Barock Arien
VÖ: 14.11.2008 (Virgin / EMI / CD DDD 2007 / Best. Nr. 519038) Gesamtspielzeit: 75:09 |
PSYCHOLOGISCH
Joyce DiDonato ist eine Mezzosopranistin mit vulkanischem Temperament und unerschöpflicher gestalterischer Phantasie. Ihr wandlungsfähiges Instrument setzt ihr dabei bis auf eine etwas abgetönte Höhe praktisch keine Grenzen. Verschwenderisch stattet sie die unter dem Titel Furore zusammengestellten Händel-Arien, „Wahnsinnsstücke“ allesamt, mit (historisch verbürgten) improvisierten Verzierungen und vor allem vokalen Farben aus. Als Hörer kommt man aus dem Staunen über dieses Klang-Feuerwerk nicht heraus: Hier klingt die Stimme verklärt, im nächsten Moment nimmt sie eine gallige Farbe an, dort gefriert sie in eisiger Kälte, um sogleich wieder in zorniger Erregung zu glühen. Ein Wechselbad der Affekte auf kleinstem Raum.
Bis man nach einer Weile bemerkt, dass diese jedes Detail, mitunter noch einzelne Noten mit disparatem Ausdruck aufladende Interpretation Händels Musik dramatisch und rhetorisch überfrachtet.
Denn barocke Musik, auch die eines Genies wie Händels, ist im Prinzip monothematisch und wird von der Einheit des Affekts bestimmt. Der aber wird in erster Linie durch musikalische Figuren und nicht durch semi-veristisches Singen produziert. Zwar gibt es in der klassischen Seria-Arie häufig polare Spannungen zwischen dem A und B Teil. Und Händel differenziert auch innerhalb der einzelnen Nummern den Grundaffekt. Aber seine viel gerühmten Personenporträts entstehen durch die wechselnden Affekte von Nummer zu Nummer. Sie addieren sich aus der Summe der Arien.
Bei einem Recital aus verschiedenen Werken ist das natürlich nur in Ansätzen möglich, hier bleibt es meist bei Momentaufnahmen. DiDonato versucht nun, die Komplexität der ganzen Figur in jeder dieser Momentaufnahmen aufscheinen zu lassen. Das Ergebnis dieses modern-psychologisierenden Vorstoßes hat, bei aller Könnerschaft der Sängerin, etwas Gezwungenes, so als müsse Händels Ausnahmerang noch einmal bewiesen werden. Die Gefühle wirken maskenhaft, der Musik gleichsam aufgesetzt. Kaum zu glauben: Die Schicksale von Medea, Sesto, Ariodante oder Dejanira berühren nicht wirklich. "Trau doch einfach der Musik!", möchte man da sagen.
Eine Stärke dieses Programms liegt darin, dass DiDonato nicht die berühmten Händel-Hits, sondern weniger Bekanntes aus selten gespielten Opern und Oratorien präsentiert. Das aber ist musikalisch von erster Güte. Leider wirkt die Begleitung durch Christophe Rousset und die Talens Lyrique insgesamt defensiv und beiläufig. Nicht nur tontechnisch agieren sie im Hintergrund, sondern auch musikalisch. Es scheint, als wenn sie DiDonatos unbändigem Gestaltungswillen dieses Mal bloß mit historisch informierter Routine begegnen.
Georg Henkel
Trackliste
1 | SERSE: Crude furie |
2 | TESEO: Dolce riposo |
3 | TESEO: Ira, sdegni, e furore' ... O stringerò nel sen |
4 | TESEO: Morirò, ma vendicata |
5 | GIULIO CESARE: L'angue offeso mai riposa |
6 | ADMETO: Orride larve |
7 | HERCULES: There in myrtle shades |
8 | SEMELE: Hence, Iris Hence away |
9 | IMENEO: Sorge nell'alma mia |
10 | ARIODANTE: Scherza infida |
11 | ADMETO: Gelosia, spietata Aletto |
12 | AMADIGI: Destero dall' empia Dite |
13 | HERCULES: Where shall I fly |
14 | HERCULES: Cease Ruler of the day to rise |
Besetzung
Les Talens Lyrique
Christophe Rousset: Leitung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |