····· Wolvespirit verkaufen Bullshit ····· Rock of Ages - Zusatzshows in 2025 ····· Ally Venable veröffentlicht Video zur neuen Single „Do you cry“ ····· Das zweite Album von Wizrd kommt zum Nikolaus ····· 40 Jahre Helloween - Das muss gefeiert werden ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Reviews

Caccini, G. (Horvat)

Il Giardino di Guilio Caccini


Info

Musikrichtung: Lautenlieder

VÖ: 01.11.2003

(Alpha / Note 1) Best. Nr. Alpha 043

Gesamtspielzeit: 71:07

Internet:

Alpha

BLUMEN AUS SG. CACCINIS GARTEN UND ANDERE GEWÄCHSE

DIE ENTDECKUNG DES SUBJEKTS IN DER MUSIK

Zu jenem elitären Kreis aus Künstlern, Intellektuellen und Mäzenen, die um die Wende zum 17. Jahrhundert in Florenz den einstimmigen Kunstgesang als revolutionäre musikalische Gattung etablierten, gehörte auch der Komponist, Lautenist und Sänger Giulio Caccini (1551-1618). Er war einer der Väter jener zunächst als dramma per musica bezeichneten Gattung, die kurz darauf als Oper ihren Siegeszug antreten sollte. Statt ihn wie bisher zu beherrschen, sollte die Musik nun als Dienerin des Textes jeder seiner Bewegungen folgen, die in ihm angelegten Gefühle aufschließen und in Gesang transformieren. Das lyrische Ich erschien nun nicht mehr in Gestalt des Chor-Kollektivs, sondern in der Gestalt einzelner Sängerinnen und Sänger als individueller Affekttyp. Der Gesangsstil wurde emotional direkter und sprachnäher; für die Expression und Erregung der Leidenschaften brauchte es eine neue harmonische und melodische Sprache, die auch vor Dissonanzen und Regelbrüchen bei der Stimmführung nicht zurückschreckte.

BLÜTENLESE

Welch schöne Blüten die neue Stilrichtung trieb, läßt sich auf dieser gelungenen Einspielung mit dem Sänger-Lautenisten Marco Horvat verfolgen. Horvats 'Songbook' vereinigt Stücke aus Caccinis zwei Le nuove musiche-Sammlungen von 1602 und 1614, ergänzt um einige Werke von Zeitgenossen und -genossinen, darunter seine Tochter Francesca Caccini (1587-1640). Dieser leiht die Sopranistin Olga Pitarch in einigen solisitschen Nummern und Duetten ihre jugendlich-frische Stimme.
Caccinis Lieder sind ausgesprochen virtuos, sowohl was die Beweglichkeit der Singstimme als auch ihren Umfang angeht. Dass sie kein 'reines' Kunstprodukt sind, sondern ihre Inspirationen auch aus der Volksmusik ziehen, sorgt über alle historische Distanz hinweg für Eingängigkeit. Ein besonderer Reiz liegt nun darin, dass die überwiegende Anzahl der Stücke für einen Bass geschrieben wurde - der Komponist war nämlich der Meinung, dass zu diesem Stimmtyp der verzierte Gesang besser passe, als zu einem Tenor! Häufig kommt der trillo zum Einsatz, der bei Caccini die unterschiedlichsten Formen annimmt: vom knappen Akzent auf einer Note bis zu mehr oder weniger ausgedehnten Tonreptetitionen und ausgreifenden Koloraturen. Insbesondere die gewundenen passagi verleihen das der Musik einen exotischen Reiz, der gelegentlich an orientalische Gesangsmanieren denken läßt.

ABER BITTE MIT NONCHALANCE!

Der Komponist wünschte sich eine volle, natürliche Stimme. Marco Horvat meistert sämtliche Anforderungen mit seinem markanten, leicht körnigen Bass bravourös. Besonders der farbige, offene Ton seiner Stimme besticht. Mit größter Selbstverständlichkeit balanciert Horvat auf dem schmalen Grat zwischen Kunst- und Volksgesang, was seinen Darbietungen etwas frappierend Gegenwärtiges verleiht. Der Sänger realisiert das, was Caccini mit dem Begriff sprezzatura als ideale Vortragsweise bezeichnet hat: eine gewisse vornehme Natürlichkeit, die die Anstrengung der Kunst hinter unangestrengter Leichtigkeit verbirgt. Diese Nonchalance gelingt Horvat nicht zuletzt dadurch, dass er sich - wie schon der Komponist seinerzeit - selbst zu seinem Gesang auf der Theorbe, der Barock-Gitarre oder Lirone begleitet. Die Einheit von Sänger und Instrumenatlist ermöglicht sowohl größere Feinabstimmung wie auch Spontanität und führt zu einem im besten Sinne darstellenden Singen. Die Verstärkung durch weitere Musiker mit zusätzlichen Zupf- und Schlaginstrumenten ist damit natürlich nicht ausgeschlossen. Das bringt weitere Farben in Caccinis poetischen Garten hinein, die nicht zuletzt wegen des vorzüglichen Klangbildes bestens zu Geltung kommen (der Komponist war übrigens wirklich ein erfolgreicher Gärtner, aber das ist jetzt eine andere Geschichte ...)



Georg Henkel

Trackliste

1Tu ch'ai le penne, Amore4:30
2Muove si dolce2:08
3Torna, deh, torna3:04
4Amor, dhe deggio far?2:47
5Si de los ojos nace3:34
6Funeste piagge4:32
7A quei sospiri ardenti2:55
8Pietà, di chi si more3:13
9Dalla porta d'oriente4:28
10Tutto'l di piango5:06
11Donna, siam rei di morte3:07
12Mentre che fra doglie e pene2:32
13Vaga su spin'ascosa2:43
14Pasciti pur del dore4:44
15Toccata prima2:55
16Parto, nel mio partir2:37
17Ard'il mio petto misero2:36
18Io mi distruggo & ardo4:14
19Chi mi confort'haime?6:02
20Da gl'abissi del mio core3:20

Besetzung

Marco Horvat (Gesang, Theorbe, Barock-Gitarre, Lirone u. Ltg.)

Olga Pitarch (Gesang)
Eric Belloq (Theorbe, Renaissance-Gitarre)
Bruno Caillat (Schlagzeug)
Angélique Mauillon (Doppelharfe)
Imke David (Lirone)
Zurück zum Review-Archiv
 


So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger