Reviews

Cabanilles, J. (Berben)

Tientos, Pasacalles y Gallardas

Info Musikrichtung: Barock / Orgelmusik VÖ: 01.10.2008 (Aeolus / Note1 / SACD hybrid, 2008, Best.nr. AE-10671) Gesamtspielzeit: 78:38 Internet: Leon Berben Aeolus

Track 1 der Produktion führt den Hörer zunächst auf eine falsche Fährte: Die kühnen und munteren Klangkaskaden, die der spanische Barockmeister Joan Cabanilles (1644-1712) in dieser Gaitilla vorgesehen hat, sind zumindest für den Stimmungsgehalt der überwiegenden Mehrzahl der hier versammelten Stücke nicht repräsentativ. In ihnen begegnen uns vielmehr düster-erhabene, oft schwarz gefärbte Orgelklänge von hochkomplexer, reich ausgezierter Polyphonie. Cabanilles erzählt mit ihnen indirekt von einem Gott, der in unnahbarer Majestät weit über den Menschen zu thronen scheint, entrückt, undurchschaubar, rätselhaft. Nur manchmal blitzen kurze musikalische Lichtpunkte auf, so dass das ganze die musikalische Entsprechung zu so manchem Werk des etwas früher in Spanien tätigen Malers Velazquez sein könnte. In der streng kontrapunktischen Anlage der Orgelwerke bleibt Cabanilles ganz der Tradition verhaftet, doch gelingt es ihm, diese mit einer reichen Ornamentik und verschlungenen Melodik zukunftsweisend fortzuführen.

Dabei wusste Cabanilles die besonderen Möglichkeiten der spanischen Barockorgeln zu nutzen, die nicht nur regelmäßig über besondere Spezialeffekte verfügten, sondern v.a. über geteilte Register, die es ermöglichten, auf einem Manual mit zwei unterschiedlichen Registrierungen zu agieren. So macht den Reiz der Aufnahme nicht zuletzt der Klangfarbenreichtum der 1761 gebauten und in den 1990er Jahren restaurierten Orgel der Kirche San Martin de Tours in Ataun (Baskenland/Spanien) aus. Ein Routinier wie Léon Berben lässt sich die Möglichkeiten seines solchen Instruments natürlich nicht entgehen und gestaltet die Einspielung damit varianten- und abwechslungsreich. Die Verzierungen gehen Berben leicht von der Hand und wirken damit exakt so duftig und nebensächlich, wie es sein muss.

Freunde der Orgelmusik bekommen so mit dieser klangtechnisch hervorrragenden Einspielung neben einem hierzulande kaum bekannten, in Spanien aber höchst bedeutendem Komponisten also auch noch ein besonders prachtvolles Instrument vorgestellt.

Sven Kerkhoff