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Reviews

Schubert, F. (Prégardien)

Die schöne Müllerin


Info

Musikrichtung: Romantik / Lied

VÖ: 07.03.2008

Challenge Records / SunnyMoon (SACD hybrid (AD: 2007) / Best.nr. CC72292)

Gesamtspielzeit: 61:39

Internet:

Christoph Prégardien

Challenge Records

EINE SCHÖNE UND SPANNENDE MÜLLERIN

Dass sich die wirklichen Ereignisse meist jenseits der grossen Label abspielen, ist insgesamt und vor allem für die MAS-Leser ja nichts Neues. Wenn es dennoch eines Beweises dafür bedurfte, dann hat ihn das niederländische Label Challenge Records jetzt geliefert: Es hat im März nicht nur die wohl schönste, sondern auch die spannendste "Müllerin" seit vielen Jahren und Jahrzehnten auf den Markt gebracht. Mit ihr gibt zugleich der renommierte deutsche Tenor Christoph Prégardien seinen Einstand bei dem Label.
Prégardiens Qualitäten als Liedinterpret braucht man kaum noch zu rühmen, aber was er hier vollbringt, ist ein kleines Wunder: "Die schöne Müllerin" ist Schuberts erster in sich geschlossener Liederzyklus und hinsichtlich der von Wilhelm Müller stammenden Liedtexte zugleich der problematischste. So manche Metapher ist schief, mancher Reim arg gewollt und einiges doch eher schwülstig als romantisch. Allein Schuberts Musik kann über diese Abgründe hinweghelfen und das gelingt in dieser Einspielung perfekt. Prégardien wählt dabei einen klassisch lyrischen Grundansatz und beschränkt, anders als etwa Ian Bostridge, die subjektive Dramatik auf einige ausgewählte Stellen. Das Pathos, welches früher so oft den Genuss des romantischen Kunstlieds trübte, wird konsequent vermieden. Kein Zweifel: Diese "Müllerin" ist eine ganz private, persönliche Geschichte, an der wir im Zuge einer intensiven, berührenden Hörerfahrung teilhaben dürfen - echte Kammermusik eben.
Dabei entscheidet Prégardien sich für ein zügiges, aber nicht rasches oder hastiges Grundtempo. Seine Artikulation ist absolut vorbildich: Jedem Wort wird grösste Aufmerksamkeit zuteil. Zugleich vermag der Tenor den kraftvollen Ton seiner Stimme flexibel zu gestalten und so die Bandbreite der Emotionen nicht nur im Zyklus selbst, sondern auch innerhalb der einzelnen Stücke herauszuarbeiten.

Ein weiteres, verblüffendes Gestaltungsmittel tritt hinzu: Anknüpfend an eine Ausgabe, die Schuberts Zeitgenosse und Liedinterpret Johann Michael Vogel kurz nach Schuberts Tod eingerichtet hat, wagt Prégardien das "Sakrileg", die Lieder mit einzelnen vokalen Verzierungen vorzutragen. Vogels Ausgabe belegt, dass dies zu Schuberts Zeit absolut üblich war und diese SACD wiederum macht deutlich, wie gut ein solche Portion Improvisation dem Werk tut. Die zurückhaltend aber effektvoll eingesetzten Triller, Vorschläge und Mordente bringen nicht nur Abwechslung in die strophischen Lieder und vermeiden einen allzu volksliedhaften Charakter, sondern sie ermöglichen es dem Sänger auch, seine Deutung persönlich zu färben. Das verhilft der Aufnahme zu ihrer eingangs angesprochenen Spannung, denn wer den Zyklus kennt, wartet doch bei jedem Titel darauf, ob und ggf. welche kleinen Änderungen und Ornamente das jeweilige Lied erfahren wird. Prégardien nutzt dieses Mittel sehr bewusst und ist klug genug, dabei keine waghalsigen Virtuosenkunststückchen zu vollführen. So sind die Verzierungen nicht nur in ihrer Grundidee überzeugend, sondern nahezu durchweg auch in ihrer konkreten Ausführung. Einzig beim letzten - morbiden - Stück "Des Baches Wiegenlied" wäre auf die Verzierung in der Zeile "Schlaf aus deine Freude, schlaf aus dein Leid!" besser verzichtet worden; zumindest hätte sie eher im ersten Teil ("deine Freude") als beim letzten ("dein Leid") platziert werden sollen. Aber gerade auch diese Streitfälle machen den Reiz einer solchen Darbietungsform aus.

Am modernen Flügel begleitet Prégardiens langjähriger Klavierpartner Michael Gees den Sänger kongenial.
Die edle Aufmachung der SACD, das angenehm schlicht gestaltete Booklet und eine Klangtechnik, wie sie ausgefeilter nicht seien könnte, tun ein Übriges, um dieser Neuaufnahme eine gewiss dauerhafte Spitzenposition unter den nicht eben wenigen Einspielungen des Werkes zu sichern.



Sven Kerkhoff

Trackliste

01. Das Wandern
02. Wohin?
03. Halt!
04. Danksagung an den Bach
05. Am Feierabend
06. Der Neugierige
07. Ungeduld
08. Morgengruss
09. Des Müllers Blumen
10. Tränenregen
11. Mein!
12. Pause
13. Mit dem grünen Lautenbande
14. Der Jäger
15. Eifersucht und Stolz
16. Die liebe Farbe
17. Die böse Farbe
18. Trockne Blumen
19. Der Müller und der Bach
20. Des Baches Wiegenlied

Besetzung

Christoph Prégardien, Tenor

Michael Gees, Klavier
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