Reviews
Notturni per i defunti
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 01.07.2007 Fuga Libera / Note 1 (CD, DDD (AD: 2006) / Best.nr. FUG 526) Gesamtspielzeit: 69:21 Internet: Dolce & Tempesta Fuga Libera |
NACHBEBEN PERGOLESIS
Wohl nicht für eine individuelle Trauerfeier, sondern für das Allerseelenfest am 2. November schrieb Nicola Antonio Porpora (1686-1768) seine "Notturni per i defunti", die vermutlich im Jahr 1743 in Neapel uraufgeführt wurden. Wenngleich Porpora sich zu jener Zeit in Venedig aufhielt, verleugnet er auch in diesem Werk seine neapolitanischen Wurzeln nicht. Er mischt den strengen Kirchenstil seiner Heimat mit empfindsamen Floskeln aus der damals u.a. von ihm dominierten Opera Seria. Frappierend ist dabei, dass in der Instrumentalbesetzung, in der Gestaltung der Basslinie und in den gegeneinander gesetzten Seufzerfiguren der Streicher und der Gesangssolisten ganz deutlich hervortritt, wie stilbildend und vorbildgebend innerhalb weniger Jahre Pergolesis 1736 entstandenes "Stabat Mater" wirkte - an ihm orientiert Porpora sich ganz unverhohlen, was angesichts des immensen und gesamteuropäischen Erfolgs jener Komposition nicht ungeschickt gewesen sein dürfte.
Die wesentliche Abweichung vom Vorbild ergibt sich - abgesehen von dem Einsatz zweier Hörner im klein gehaltenen Orchesterapparat - aus der liturgischen Einbettung der "Notturni", zu denen ein sich jeweils anschließendes, teils chorisch ausgeführtes Responsorium gehört. Nur beim dritten Notturno konnte entsprechendes Notenmaterial nicht aufgefunden werden, so dass es und mit ihm die CD insgesamt mit einer Alt-Arie endet. Obschon dies im Hinblick auf den Themenkreis der Notturni (Tod, Vergänglichkeit, Schuld und Ewigkeit) einen effektvoll abrupten Schluss darstellt, spricht viel dafür, dass auch hier ursprünglich ein Responsorium folgte.
Wie bei Porpora als Gesangslehrer und Opernkomponist nicht anders zu erwarten, sind die Vokalpartien äußerst diffizil, dabei aber von eingängiger, schmeichelnder Melodik. Hier glänzen Monica Piccinini und Romina Basso beide mit einem hochvirtuosen, zugleich aber affektstarken Vortrag. Interessant ist dabei, dass das Timbre Bassos sich dem eines Countertenors annähert.
Dem Dirigenten Stefano Demicheli merkt man seine Jahre als Assistent von René Jacobs an: Er sorgt für eine atmende, innerlich bewegte Interpretation, die das Affektspektrum ausreizt, ohne dabei den liturgischen Charakter der Musik zu vergessen.
Die eingeschobenen Orchesterwerke von Nicola Fiorenza (1726-1764) passen hervorragend zu Porporas Musik und bilden dank des präzisen, lebendigen Zugriffs des Orchesters Dolce & Tempesta - das seinem Namen alle Ehre macht - eine angenehme Abwechslung zu den im Grundcharakter durchweg ähnlichen Notturni.
Sven Kerkhoff
Trackliste
7-10 Fiorenza: Sinfonia a due violini e basso f-moll
11-16 Porpora: Notturno Secondo
17-20 Fiorenza: Sinfonia a violoncello solo con violini e basso F-Dur
21-25 Porpora: Notturno Terzo
Besetzung
Romina Basso, Alt
Ensemble corale "La Stagione Armonica"
Dolce & Tempesta
Ltg. Stefano Demicheli
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |