Reviews
Da capo
Info
Musikrichtung:
Deutsch Rock
VÖ: 25.08.2006 (1986) (Capitol / EMI) Gesamtspielzeit: 94:18 Internet: http://www.bap.de |
Die Entwicklung, die sich auf den beiden vorangegangene CDs beobachten lies, setzt sich auf Da capo erkennbar fort. BAP werden deutlich ruhiger. Die Ästhetik gewinnt weiter an Bedeutung. Die liebevollen Beobachtungen aus dem Alltagsleben sind kaum mehr zu bemerken. Obwohl sich richtige Metal-Riffs ins Programm schleichen (“Saison der Container“), verlagert die Band ihre Balance vom Spielbein Rock auf das Standbein Singer/ Songwriter.
Das lässt sich auf den Cover-Versionen der Bonus-CD gut beobachten. Das erste Stück, “Born to be wild“, greift noch in die etwas härtere Ecke zurück. Aber da ist wohl nur ein Kompromiss an das Werner-Rennen und die anwesenden Biker und wird nicht ins Deutsche, bzw. Kölsche, adaptiert. Ansonsten führen John Lennon, Dave Davies, Peter Gabriel, die Kinks und Leonhard Cohen in eher ruhige Bereiche.
Auch bei den Texten lässt sich eine deutliche Akzentverschiebung beobachten, die dem Erfahrungshintergrund einer nun auch international aktiven Band entspricht. Im Grunde bleibt Niedecken sich damit bei aller Veränderung eher treu. Es werden keine Erwartungen erfüllt bis zum Exzess. Niedecken reflektiert das, was er erfährt. Und so tauchen Namen wie Shanghai, Nicaragua oder - hier noch in der Vorausschau - die UdSSR auf. Das wäre nicht so prekär, wenn die Texte nicht wesentlich distanzierter würden, als sie das in der Vergangenheit waren.
Die intensive Beobachtung von Menschen und Situationen, oft liebevoll und demaskierend zugleich, weicht einer viel allgemeineren Darstellung. Dabei wird stärker als früher eine dezidiert politische Position und Bewertung eingenommen. Anti-Apartheid (“Biko“), Freiheitsbewegungen (“Sandino“) und Weltfrieden (“Stellt üch vüür“) sind die Themen, die die politische bewusste und sehr aktive Szene in den späten 70ern und den 80ern bewegt haben. Und natürlich waren BAP immer ein Teil dieser Szene.
1986 gerät diese Themenwahl aber schon ein wenig zum Blick in den Rückspiegel. Die gereiften Herren haben mittlerweile so viel Vergangenheit, dass sie sich zu erinnern beginnen. Mit “Fortsetzung folgt“ gehen die dann sogar zurück in die seligen Tage der früheren Jugend.
Da Capo ist ein gutes Album, das seine Wirkung im Gegensatz zu früheren Scheiben allerdings eher dann entfaltet, wenn man intensiv zuhört und sich in Ruhe auf die Stücke einlässt. Viele Feinheiten, Details und Emotionen treten erst dann zu Tage. Das ist relativ neu bei BAP, einer Band, die in der Vergangenheit von Stücken gelebt hatte, die beim ersten Hören mitreißen und Texten, die den Hörer sofort einfangen. Das Grandiose daran war, dass auch diese Stücke genug Substanz hatten, um immer wieder gehört zu werden.
BAP bleiben mit Da Capo eine der führenden deutschen Rockbands, aber ihre einsame Ausnahmestellung ist jetzt Vergangenheit.
Die neue Remaster-Scheibe lohnt sich wieder einmal. Daran haben vor allem die vielen Cover-Songs ihren Anteil, die bislang nicht auf BAP-Alben erhältlich waren. Sie decken ein Spektrum von Leonhard Cohen bis Status Quo ab und wurden bei unterschiedlichen Live-Konzerten aufgenommen. Schwachpunkt dabei sind die vier Album-Tracks des St. Wendel-Konzerts, die mit einem etwas dumpfen Sound daher kommen.
Trackliste
2 Fortsetzung folgt (5:41)
3 Shanghai (4:34)
4 Op dä Deckel vum Clown (3:43)
5 Rääts un Links vum Bahndamm (5:33)
6 Sandino (5:28)
7 Dat däät joot (4:31)
8 Saison der Container (4:30)
9 Flüchtig (3:31)
Bonus-CD
1 Born to be wild (Werner-Rennen, live, Hartenholm 1988) (4:32)
2 Eez steht he Manhattan (live, München 1988) (4:25)
3 Stellt üch vüür (Imagine) (Bläck Fööss & Fründe, live, Köln 1989) (6:13)
4 Rääts un Links vum Bahndamm (live, Bonn 1989) (6:11)
5 Biko (live, Köln 1988) (7:31)
6 Rockin' all over the World (live, Köln 1991) (3:58)
7 Fortsetzung folgt (live, St. Wendel 1989) (5:26)
8 Shanghai (live, St. Wendel 1989) (4:31)
9 Op dä Deckel vum Clown (live, St. Wendel 1989) (3:44)
10 Saison der Container (live, St. Wendel 1989) (4:15)
Besetzung
Steve Borg (B)
Alexander Büchel (Keys)
Klaus Heuser (Git)
Wolfgang Niedecken (Voc, Git)
Jürgen Zöller (Dr)
Gast (auf der Studio-CD):
Curt Cress (Dr)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |