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Griselda
Info
Musikrichtung:
Barockoper
VÖ: 22.09.2006 Naive / helikon harmonia mundi (3 CDs, DDD (AD: 2005) / Best.nr. OP 30419) Gesamtspielzeit: 156:00 Internet: Naive Ensemble Matheus |
EIN FEST
Bei den Wiederentdeckungen und Einspielungen der Opern Antonio Vivaldis (1678-1741), die in der Bibliothek von Turin schlummern, ist das Label Naive mittlerweile bei Nr. 8 angekommen. Auch wenn man es nach dem geglückten Start der Reihe kaum glauben mochte, so scheint das künstlerische Niveau der Aufnahmen doch von Mal zu Mal noch steigerungsfähig. Wurde die Fangemeinde zuletzt schon mit einem hochkarätigen "Tito Manlio" (Naive, 2005; Ltg. Ottavio Dantone) beglückt, so bekommt sie diesmal ein Spätwerk in perfekter Interpretation serviert. Die Oper "Griselda" brachte Vivaldi im Jahr 1735 endlich den langersehnten Durchbruch in den führenden Privattheatern bzw. privaten Opernhäusern Venedigs.
Was die Handlung angeht, so sei auf die Darstellung hier bei MAS zu Alessandro Scarlattis gleichnamiger, in den wesentlichen Grundzügen identischer Oper verwiesen.
Musikalisch führt Vivaldi den barocken Opernstil auf die Spitze, indem er die Mittel noch einmal umfassend ausschöpft, aber zugleich verfeinert.
Jean-Christophe Spinosi setzt dies gewohnt zupackend um, wobei er die einleitende Sinfonia dann doch arg ruppig angeht. Diesen missglückten Einstieg verzeiht man ihm aber nur allzu gern, denn anschließend gelingt es ihm, aus dem Ensemble Matheus ein Höchstmaß an Farbigkeit und Differenziertheit herauszukitzeln. Er gebraucht dieses Ausdrucksspektrum nicht nur virtuos im Wechsel der Grundaffekte der Arien, sondern auch innerhalb der einzelnen Nummern mit einer solchen Vielgestaltigkeit, dass nicht ein Moment Langeweile aufkommt - was bei einer Barockoper ein echtes Kunststück ist! Nicht zuletzt wird auch auf die Gestaltung der Rezitative viel Wert gelegt.
Nur Staunen kann man darüber, mit welcher Perfektion mittlerweile eine immer breitere Sängerriege Opern dieser Art darzubieten weiß. Bei dieser Produktion ist das Niveau geradezu schwindelerregend hoch und man wartet wie bei Hochseilartisten stets gebannt mit offenem Mund, wann es zum Sturz kommt. Man wartet diesmal vergebens. Es gibt noch nicht einmal einen einzigen Wackler oder Aussetzer. Marie-Nicole Lemieux leidet und zürnt herzerweichend in der Titelpartie. Simone Kermes steigt bereits mit ihrer Auftrittsarie "Vede orgogliosa" atemberaubend schön ein - wann ist überhaupt zuletzt so mitreißend seufzend gesungen worden? Sie liefert sich einen bis zuletzt unentschiedenen Sängerwettstreit mit ihrer virtuos brillierenden Kollegin Verónica Cangemi. Bei den beiden Countertenören bietet der stimmlich scheinbar immer noch präsenter werdende Philippe Jaroussky zwar die reifere Leistung, doch ist auch Iesytn Davies´ Vortrag extrem geläufig. Stefano Ferraris schlanker, durch alle Lagen wohltönender Tenor rundet das positive Gesamtbild ab.
Es ist ein Fest der Stimmen und der Stimmungen geworden, eine schlagkräftige Werbung für Vivaldis Opernschaffen.
Sven Kerkhoff
Besetzung
Costanza: Veronica Cangemi (Sopran)
Ottone: Simone Kermes (Sopran)
Roberto: Philippe Jaroussky (Countertenor)
Gualtiero: Stefano Ferrari (Tenor)
Corrado: Iestyn Davies (Countertenor)
Ensemble Matheus
Ltg. Jean-Christophe Spinosi
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |