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Reviews

Ligeti, G. (Bleuse, P. – Ensemble Intercontemporain)

Ligeti – Konzerte & Kammermusik


Info

Musikrichtung: Neue Musik / Ensemble

VÖ: 26.04.2024

(Alpha / Naxos / 2 CD / DDD / 2023 / Alpha 993)

Gesamtspielzeit: 141:32

EIN KLASSIKER DES 20. JAHRHUNDERTS

Mit einem Ligeti-Doppelalbum stellt sich Pierre Bleuse als neuer Leiter des berühmten "Ensemble Intercontemporain" beim Label Alpha vor. Die Werkauswahl, die sich an der kammerorchestralen Besetzung der Formation orientiert, umspannt die frühe, mittlere und späte Schaffenszeit des Komponisten.

Wie kaum ein anderer Komponist nach 1945 besetzt der 2006 verstorbene Ligeti eine charakteristische Position zwischen Avantgarde und Postmoderne, fühlte sich weder dem einen wie dem anderen wirklich zugehörig, hörte gleichwohl immer mit offenen wie kritischen Ohren hin und entwickelte darüber einen unverwechselbaren und zugleich sich ständig erneuernden Personalstil.
Im Programm finden sich rhythmisch und folkloristisch inspirierte Klavierstücke noch aus der ungarischen Nachkriegszeit, die hörbar in der Bartok-Linie stehen. In der mittleren Phase ab 1960, die Ligetis Auseinandersetzung mit der westlichen Avantgarde reflektiert, bestimmt häufig eine irisierende Mikropolyphonie jenen sinnlichen Klangeindruck, für den Ligeti schließlich berühmt wurde. Typisch für Werke dieser Zeit sind das statisch-sphärische Cello- und das kontrastreiche Kammerkonzert für 13 Instrumentalisten. Wobei gerade das Kammerkonzert in einigen Sätzen bereits jene wieder durchlässigeren Netzstrukturen und rhythmischen „Uhrwerke“ in den Vordergrund rückt, die einerseits auf die ungarischen Anfänge zurückverweise, andererseits auch Ligetis Adaption z. B. der amerikanischen Minimalmusic dokumentieren.
Diese rhythmischen Experimente bestimmen neben vielem anderen auch wieder das Klavier- und Violinkonzert, die charakteristisch für den facettenreichen, ausdrucksstarken Spätstil des Komponisten sind. Er wendet sich darin zugleich wieder stärker der Tradition und den eigenen Wurzeln zu, die denn auch in der umfangreichen Viola-Sonate und dem janusgesichtigen Horntrio den Ton angeben: der hörbare Bezug zur klassisch-romantischen Musikwelt wird hier sogleich wieder in Frage gestellt.

Das Ensemble Intercontemporain hat das Cello-, Violin- und Klavierkonzert schon einmal Mitte der 1990er Jahre unter der Leitung seines Gründers Pierre Boulez und den aufmerksamen Ohren des Komponisten aufgenommen (DG). Hört man die Neueinspielungen, so spürt man diese Vertrautheit und zugleich den Weg, den diese Stücke mit dem Ensemble seitdem zurückgelegt haben. Diese Werke sind ja auch sonst im Repertoire angekommen, schon vielfach und oft auch sehr gut auf CD gebannt worden.
Was diese Produktion auszeichnet, ist eine Souveränität, die den immensen technischen Anforderungen der Musik gerecht wird, ohne dass es an Konzentration mangeln würde. Dafür können die atmosphärischen Nuancen und lyrischen Momente umso feiner aufblühen. Die Ecken und Kanten, auch eine gewisse Angespanntheit im Zugriff, sind einer Lockerheit, vielleicht sogar Milde gewichen. Dadurch tritt der Traditionsbezug Ligetis, der aus Vertrautem (oder auch Verbrauchtem) Neues, zumindest aber immer wieder Überraschendes zu spinnen vermochte, vielleicht noch deutlicher als früher hervor.
Das gilt dann auch für die kleiner oder auch die solistisch besetzten Werke, bei denen ebenfalls einzelne Musiker:innen der Formation als veritable Solist:innen hervortreten. Auch hier überzeugt die spürbare Vertrautheit wie auch die Könnerschaft in der Ausführung, gekoppelt mit hoher Musikalität und Sensibilität in der Gestaltung.

Ein vielversprechender Auftakt, der Pierre Bleuse sowie dem Ensemble Intercontemporain ein eindrucksvolles Zeugnis ausstellt und sich zugleich als Einführung in das Werk des großen ungarischen Komponisten György Ligeti empfiehlt. Erneut erweist er sich als ein Klassiker des 20. Jahrhunderts, der seinen ganz eigenen Platz in der großen europäischen Musiktradition erneut behauptet.



Georg Henkel

Trackliste

Violinkonzert; Cellokonzert; Klavierkonzert; Kammerkonzert "pour treize Instrumentistes; Capriccios Nr. 1 & 2 für Klavier; 5 Stücke für Klavier 4-händig; Sonate für Viola solo; Trio für Violine, Horn, Klavier

Besetzung

Hae-Sun Kang & Diego Tosi (Violine), Renaud Dejardin & Dimitri Vassilakis (Klavier), Sebastien Vichard (Cello), John Stulz (Viola), Jean-Christophe Vervoitte (Horn) u. a.

Ensemble InterContemporain

Pierre Bleuse, Leitung
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