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Reviews

Bruckner, A. (Gürzenich-Orchester Köln – Roth, F.-X.)

Sinfonie Nr. 3


Info

Musikrichtung: Romantik / Sinfonik

VÖ: 08.12.2023

(Myrios Classics / Note 1 / CD / DDD / 2022 / MYR033)

Gesamtspielzeit: 61:45

MIT KLARHEIT UND KRAFT

Das Bruckner-Jubiläumsjahr kündigt sich allenthalben an mit Wieder- und Neuveröffentlichungen vor allem seiner neun Sinfonien, gerne im Komplettpaket, so dass man mit dem Hören kaum noch nachkommt. Aber wirklich „neu“ klingt bei diesem vielfach meisterhaft eingespielten Repertoire auch bei den jüngsten Veröffentlichungen nur wenig. Das wäre wohl auch zu viel erwartet.
Dennoch eröffnen manche Dirigenten und Orchester frische, mitunter erstaunliche Hörperspektiven. Wie zum Beispiel das Gürzenich-Orchester unter François-Xavier Roth. Der knüpft mit seinem im Entstehen begriffenen Zyklus sämtlicher Sinfonien in den „ungezähmten“ Erstfassungen an die lange Bruckner-Tradition dieses Orchesters an.

Was Roths bereits vorliegende Einspielungen der 7. und 4. Sinfonie kennzeichnet, macht auch seine Deutung der 3. Sinfonie besonders: Die Transparenz, Klarheit und Wendigkeit, mit der er diese kolossale Orchesterlandschaft zur Darstellung bringt, lässt Bruckner geradezu elegant wirken und bleibt der Musik doch nichts an Spannung und Volumen schuldig. Man hört, dass der wagnerverehrende Romantiker eben von der Klassik herkommt und beim Komponieren Beethoven im Ohr hatte, auch wenn er auf den hyperchromatischen Pfaden des Bayreuther Meisters wandelt. Selbst die vielfach aufbrausenden Klangmassierungen haben bei Roth einen herrlichen Drive und selten hören sich z. B. die ineinanderhakenden Blechbläsergefechte wohl so modern an – für Roth ist Bruckner ein Proto-Spektralist, der bereits im Klangmaterial arbeitet (aber eben anders als Wagner)!

Darüber hinaus kommen in dieser auch tontechnisch bestens betreuten Live-Produktion auch die emotionalen Meditations- und Rauschzustände nicht zu kurz: Zwischen den angstlüsternen Blicken in der Hölle Rachen und den entrückenden tranzendentalen Gipfelerlebnissen, den vehementen Ausbrüchen und lyrischen Plateaus entspinnt sich eine mal hymnische, mal gefahrensuchende und dann auch wieder ungemein zartschwebende orchestrale Berg- und Talfahrt, der man sich als Zuhörender kaum entziehen kann. Und Dank der sorgfältigen dynamischen Staffelungen und zeitlichen Disposition findet das Ohr über alle Themenvariationen, Einschübe, Brüche, Twists und Thrills hinweg in den Weiten des Orchesterhorizonts immer wieder Fluchtpunkte, die das Geschehen fokussieren. Die Wagner-Zitate, die in der Erstfassung der 3. dem Widmungsträger schmeicheln sollten, wirken da keinesfalls wie Fremdkörper, sondern Bruckner ist eigenständig – oder eigensinnig – genug, um daraus seine eigene Musik zu machen.
Auch die abgründigen Stillen der Generalpausen werden von den Ausführenden ausgekostet, ganz so, als komme danach nichts mehr – dass es dann aber ohne Spannungsverlust weitergeht und die mitunter aus Themenfragmenten zusammenmontierten Satzarchitekturen nicht zusammenbrechen, ist nicht nur das Verdienst des genau proportionierenden Komponisten, sondern eben auch seiner hellwachen Interpreten.

So erkundet man diesen von François-Xavier Roth und dem Gürzenich-Orchester Köln mit Präzision, Verve und musikalischem Verständnis ausgeleuchteten phantasmagorischen sinfonischen Riesenbau mit stetig wachsender Faszination und Begeisterung.



Georg Henkel

Besetzung

Gürzenich-Orchester Köln

François-Xavier Roth, Leitung
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