····· 40 Jahre Steamhammer – 40 Jahre Rockgeschichte  ····· Neues Solo-Album von David Gilmour im September ····· Evildead-Album wird mit einer ersten Single angekündigt ····· Alles ist =1 meinen Deep Purple auf ihrem kommenden Album ····· Sense of Fear, Heavy-Metal-Band aus Griechenland, veröffentlicht neue Single ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Reviews

Rameau, J.-Ph. – Rebel, F. – Mondoville, J.-J. C. de (Perbost, M. – Jarry, G.)

Dis-Moi Vénus… L’amour sous Louix XV


Info

Musikrichtung: Barock / Rokoko / Oper

VÖ: 06.10.2023

(CVS / Note 1 / CD / DDD / 2023 / CVS111)

Gesamtspielzeit: 55:47

GENUSSREICH!

„Beiß nicht gleich in jeden Apfel…“ sang einst Wencke Myrhe. Nun, die Sopranistin Marie Perbost zeigt sich auf ihrem Album „Dis-Moi Vénus…“ durchaus wählerisch: Auf dem Cover schickt sie sich an, einen knackigen goldenen Apfel zu probieren. Ein altes mythisches Symbol. In jedem Fall ein Obst, das besondere sinnliche Genüsse verheißt.
Bei Perbost steht die Göttin Venus für das eingespielte Programm Patin, eine Expertin für Liebe, Schönheit und Erotik. Und darum geht es auch in vielen der hier versammelten Werke aus französischen Opern des 18. Jahrhunderts. Mal jubilierend, dann wieder frivol und neckisch, aber auch tränenreich tönt es, wenn unter Augen und Einfluss der ebenso verführerischen wie launischen Göttin die Sterblichen ihr Geschick besingen.

Jean-Philippe Rameaus Genie dominiert die Folge von Arien und Instrumentaleinlagen. Doch auch seine Kollegen, viele von ihnen nur mehr Daten der Musikgeschichte, haben durchaus Hörenswertes in Venus-Angelegenheiten beizutragen. So oder so bieten die ausgewählten Stücke Marie Perbost reichlich Möglichkeiten, mit ihrer Stimme zu glänzen, zu betören, zu kokettieren, aber auch anrührend zu zagen und zu klagen. Sie weiß sich in die unterschiedlichsten Figuren einzufühlen und den Ausdruck, das dramatische Gewicht und die Stimmungen der musikalischen Phrasen passgenau zu gestalten. Dabei stehen ihr differenzierte farbliche Gestaltungsmittel und eloquente Verzierungen zu Gebote.

Gleich das eröffnende „Brillez astres nouveaux“ aus Rameaus „Castor et Pollux“ bietet ein farbiges Koloraturenfeuerwerk, das Perbost mit ihrer leicht ansprechenden und beweglichen Stimme sehr einnehmend in Szene zu setzen weiß. Gegen dieses aristokratische Glitzern setzt ein Egidio Romualdo Duni mit der Arie der verliebten Rosine aus „Les Moisonneurs“ einen bezaubernd empfindsamen und frühklassischen Ton, freilich mit einigen bemerkenswerten Vokalfontänen, deren funkelnde Töne die Solistin zur Freude des Publikums in die Höhe schießen lässt. Verführerisch!

Dass der Zauber der Venus seine dunklen Seiten hat, weiß hingegen Jean-Joseph Cassanéa de Mondonville, bei dem die arme Psyche von Dämonen verfolgt wird, weil sie die Göttin mit ihrer Liebe zu Söhnchen Amor erzürnt hat. Eine packende Szene mit rasenden Unterweltgeistern, die der Ärmsten unter Blitz und Donner zusetzen, die daraufhin ihr Geschick wahrlich ergreifend besingt. Auch sonst stehen Perbost Tragödinnen-Register zur Verfügung. Das beweist sie nicht nur mit der eindringlichen Darstellung von Rameaus Télaire in der berühmten Arie „Tristes apprêts“, sondern mit dem gewichtigen Beitrag der Phèdre aus Rameaus erster Oper „Hippolyte et Aricie“. Zwar hört man auch hier eine jugendlich frische, schlanke Stimme, aber der Ausdruck stimmt: der Schmerz, die innere Not angesichts verbotener Begierden, die sich auf den Stiefsohn richten … (wenngleich ich gestehen muss, dass ich Lorraine Hunts Beitrag zu dieser Rolle trotzdem nicht vergessen kann). Man darf jedenfalls gespannt sein, wie sich Perbost in diesem Genre weiter entwickelt.

Liebe kann bekanntlich auch närrisch machen. Und so entlässt uns Prebost das Publikum nach einer hymnischen Venus-Beschwörung durch den Chor mit einer ebenso gewitzten wie charmanten Parodie Rameaus auf eine italienische Bravourarie. Am Ende, so will es „La Folie“ aus der komischen Oper „Platée“, ist alles ein großer lachender Spaß, wortwörtlich.

Gaétan Jarry und das Versailler Opernorchester sorgen mit ihrere feingliedrigen, ausgewogenen Begleitung dafür, dass diese Venus-Revue auch im Instrumentalen Vergnügen bereitet.

Fazit: Genussreich! Ein Biss in diesen frischen und aromatischen Rokoko-Liebesapfel wird man kaum bereuen!



Georg Henkel

Trackliste

Jean-Philippe Rameau: Brillez astres nouveaux, Tristes apprets & Venus, o Venus aus "Castor et Pollux"; Amour, lance tes traits, Chaconne & Formons les plus brillants concerts aus "Platee"; Cruelle mere des Amours aus "Hippolyte et Aricie"
Jean-Bapstiste Niel: Le sommeil sur mes yeux aus "Les Romans"
Francois Rebel / Francois Francoeur: Gavottes & O vous, qui nous faites entendre aus "Ismene"; Loin de vos coeurs, les tristes plaintes aus "Scanderberg"
Egidio Romualdo Duni: O toi que le hameau revere aus "Les Moissonneurs"
Jean-Joseph Mouret: Aimez, aimez, qu'attendez-vous aus "Les Fetes de Thalie"
Jean-Joseph Cassanea de Mondonville: Non! Non! Non! N'espere pas que ton tourment finisse & J'ai perdu mes attraits et l'Amour va praitre aus "Les Fetes de Paphos"

Besetzung

Marie Perbost (Sopran)

Choeur & Orchestre de l'Opera Royal

Gaetan Jarry, Leitung
Zurück zum Review-Archiv
 


So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger