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Sinfonie Nr. 3 (Eroica)
Info
Musikrichtung:
Sinfonie
VÖ: 14.03.2005 Neos / Naxos CD (DDD AD 2003) / Best. Nr. PR 90658 Gesamtspielzeit: 44:25 |
BLASSES HELDENLEBEN
Original besetzte Beethoven-Sinfonien nach den originalen (kritisch aufgearbeiteten) Noten am originalen Schauplatz - neu ist die Idee inzwischen nicht mehr. Spätestens die Gesamteinspielung durch J. E. Gardiner mit seinem historisch aufgerüsteten Orchestre Revolutionaire et Romantique Anfang der 1990er Jahre hat gezeigt, dass diese bis zum Überdruss gespielte Musik ganz neue Facetten offenbart, wenn sie mit historischen Instrumenten und entsprechender Spielweise interpretiert wird (DG Archiv).
Das von Daniel Grossmann gegründete Ensemble 28 geht noch einen Schritt weiter. Es hat die exklusive Uraufführung der 3. Sinfonie, der berühmten Eroica, im Jahr 1804 rekonstruiert. Das Werk wurde dafür extra am Originalschauplatz, im Wiener Palais des Grafen Lobokowitz, eingespielt. Auch die Besetzung mit nur 28 Musikern entspricht weitgehend der damaligen Situation. Neben zweifach besetzten Holz- und Blechbläsern (Ausnahme: die drei Hörner) forderte Beethoven mindestens vier erste und zweite Violinen, vier Violen sowie je zwei Celli und Kontrabässe für diese „Kammerversion“. (Zum Vergleich: Die Gardiner-Aufnahme wartet mit 12 ersten, 10 zweiten, 8 Violen, 6 Celli und 4 Kontrabässen auf …) Beim Ensemble 28 stehen 13 Bläser 14 Streichern gegenüber. Dadurch verschiebt sich der Akzent noch deutlicher als bei vergleichbaren Aufnahmen zugunsten der Bläser. Wo sonst die Streicher gleichermaßen als tragendes Fundament und Bindemittel fungieren, treten sie hier vor allem als eine charakteristische Stimme unter anderen in Erscheinung. Das „Gesamtvolumen“ des Klangs ist daher insgesamt kleiner - nicht eigentlich dürr, aber es fehlt doch gelegentlich an Wucht bzw. an Zug. Nun entspricht die Besetzung freilich (bis auf eine Bratsche) Beethovens Mindestanforderungen und wurde von ihm offenbar als ausreichend erachtet. Dennoch: So ganz überzeugt mich diese Variante nicht - was vielleicht einfach an der Interpretation liegt. Das Orchester bevorzugt nämlich einen eher moderaten sinfonischen Erregungspegel - die feinsinnigen und lyrischen Momente kommen diesem Ansatz mehr entgegen. Der tragisch-heroische Moment der Eroica blitzt dagegen nur an einigen Tutti-Stellen auf: ein für meinen Geschmack etwas zu blasses Heldenleben. Auch die vielen schönen Details im Zusammenspiel, überzeugende Phrasierungen und eine differenzierte Farbpalette können dafür nicht so ganz entschädigen - das Ganze ist eben doch mehr als die Summe seiner Teile.
Georg Henkel
Trackliste
Besetzung
Ltg. Daniel Grossmann
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |