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Die Schöpfung
Info
Musikrichtung:
Oratorium (Wiener Klassik)
VÖ: 29.03.2005 Naxos / Naxos (2 SACD (AD: 2003) / Best.nr. 6.110073-74) Gesamtspielzeit: 104:22 Internet: Naxos |
UND SIEHE, ES WAR SEHR GUT!
Einspielungen von Haydns populärer "Schöpfung" gibt es wie Sand am Meer. Und auch der Versuch, sie mit den Mitteln der historischen Aufführungspraxis aus der Ecke biedermeierlichen Miefs herauszuholen, ist schon vielfach und erfolgreich unternommen worden - man denke an Hengelbrock, Harnoncourt, Weil oder Gardiner. Insofern ist diese Produktion nicht dazu angetan, gänzlich neue, unerwartete Erkenntnisse hervorzubringen. Wieso dann also dennoch die MAS-Spitzennote?
Nun, Andreas Sperings leitet eine unkitschige, lebensfrohe "Schöpfung", bei der man den Mitwirkenden die Anstrengung (Spitzname des Stückes unter Chorsängern "Die Erschöpfung"...) nicht anmerkt. Zugleich entfaltet er die duftendste instrumentale Farbenpracht und ein beispielloses dramatisches Feuer. Keinen Moment kommt Langeweile auf, und selbst die naiv schlicht wirkenden, tonmalerischen Wendungen erscheinen tatsächlich reizend. Es ist durchweg eine ungemein lebendige Schöpfung, die bis in die rhythmischen Details hinein überzeugt.
Dabei sind die Tempi straff, die dynamischen Abstufungen werden konsequent hervorgehoben.
Der Erfolg ruht auf dem soliden Fundament des Spiels der Capella Augustina, die geschickt auf dem schmalen Grat zwischen prachtvollem Orchestersound und transparentem Klang wandelt. Schon die orchestrale Vorstellung des Chaos zu Beginn sucht trotz der Vielzahl von Einspielungen in ihrer Differenziertheit und atmosphärischen Dichte ihresgleichen.
Der vielbeschäftigte Chor (Vokalensemble Köln) steuert seinen Teil mit einer homogenen Leistung und dem angenehm frischen Klang der Stimmen bei. Vor allem scheuen die Sänger nicht davor zurück, auch wohldosiert vokale Kraft einzusetzen, wenn es darum geht, die Werke des Schöpfers angemessen zu feiern.
Bei den Solisten sticht einmal mehr Hanno Müller-Brachmann hervor. Seine in allen Registern runde, wenn auch in der Tiefe noch eher leichte Stimme und sein Geschick im Ausdruck machen hier jeden seiner Auftritte zu einem Hörgenuß.
Die Sopranpartie hat mit Sunhae Im eine 29jährige Koreanerin übernommen, die über eine glasklare, helle und bewegliche Stimme verfügt, aber dennoch auch in den Tutti-Passagen noch über das Orchester hinwegzutönen vermag.
Der Tenor Jan Kobow beweist erneut, dass er derzeit unter den Oratorien-Sängern eine Spitzenstellung innehat, verbindet er doch perfekt tenorale Kraft mit artikulatorischer wie intonatorischer Reinheit.
Das ganze ist im Sendesaal des Deutschlandfunks auf SACD gebannt worden, die ein opulentes, zugleich optimal durchhörbares Klangbild bietet. Strahlendes Blech, präzise Paukenschläge, aber auch jederzeit noch hörbare Flötenklänge und ein federnd leichter Streichersound werden durchweg ebenso plastisch wiedergegeben, wie Chor und Solisten. Und in dem Moment, als es auf das Wort Gottes Licht wird, fliegen einem die Boxen tatsächlich fast um die Ohren.
So macht Haydn Spaß! Unbedingte Kaufempfehlung!
(Für ein paar Euro weniger gibt es das ganze auch als Doppel-CD, Best.nr. 8.557380-81.)
Sven Kerkhoff
Besetzung
Jan Kobow, Tenor
Hanno Müller-Brachmann, Bass
Vokalensemble Köln
Capella Augustina
Ltg. Andreas Spering
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |