Reviews
Virtuose Kantaten
Info
Musikrichtung:
Barock
VÖ: 11.02.2005 Virgin Classics / EMI (CD, DDD (AD: 2004) / Best.Nr. 7243 5 45721 2 8) Gesamtspielzeit: 68:02 Internet: Virgin Classics |
BLÜHENDER TON
Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit versucht sich ein junger Countertenor an Vivaldis diffizilen Kantaten für Altstimme und Basso continuo. Nach Max Emanuel Cencic (siehe Rezension) gibt sich diesmal der 1978 geborene Philippe Jaroussky die Ehre. Er machte erstmals mit seinem Auftritt als Ismaele in Alessandro Scarlattis "Sedecia" (Virgin, 2001) Furore und hat sich mittlerweile zu einer festen Größen im Fach der Barockoper gemausert (so etwa in Händels "Agrippina" unter J.-C. Malgoire, Dynamic, 2004, oder in Vivaldis "Orlando furioso" unter J.-Ch. Spinosi, naive, 2004). Seine letzte Solo-Platte fand international weithin Beachtung.
Jarousskys Stimme scheint seitdem noch einmal eine positive Entwicklung durchlaufen zu haben, wie die jetzt erschienene CD belegt. Wenngleich immer noch knabenhaft im Grundton, wirkt sie doch gerundeter. Die große Stärke des Counters liegt aber unverändert in der Fähigkeit zu feinsten Schattierungen und in seinem scheinbar mühelosen Stimmansatz.
Etwas enttäuschend ob dieses großen Potentials gerät ausgerechnet die Eingangsarie "Alla caccia". Hier ist Jarousskys Vortrag recht monochrom und wenig engagiert. Überhaupt nimmt er sich bei den dramatischeren Stücken auffallend zurück, vermeidet strikt jede Übersteuerung der Affekte. Dabei ist diese Angst ganz unbegründet, wie seine mitreißende Interpretation des halsbrecherischen Bravoustücks "Cor ingrato dispietato" aus der Kantate "Pianti, sospiri" überdeutlich macht.
Hörbar wohl fühlt Jaroussky sich hingegen durchweg in den lyrischeren Gesangsstücken, in denen er seinen warmen, stabilen Ton voll aussingen darf. So gerät die pastorale Kantate "Care selve" ebenso zu einem Glanzstück, wie die Arie der Vitellia aus der Oper "Tito Manlio" ("Di verde uliuvo"). Die Behutsamkeit und die traumwandlerische Sicherheit, mit der Jaroussky hier vorgeht, ist bemerkenswert und schafft eine wahrhaft arkadische Atmosphäre.
Bei seiner Reise durch diese musikalischen Landschaften wird er vom Ensemble Artaserse einfühlsam und kundig begleitet. Hervorgehoben werden muß dabei die Leistung von Jérémie Papasergio, der das Fagott mit fast schon jazzigem Drive versieht. Emilia Gliozzi, Cello, darf in der Sonata RV 47 brillieren.
Sven Kerkhoff
Trackliste
4-7 Qual per ignoto calle RV 677
8 Piangerò sinché l´onda (aus: Orlando furioso) RV 728
9 Preldude
10-12- Care selve, amici prati RV 671
13-16 Sonata f. Violoncello und B.c. RV 47
17-20 Perfidissimo cor! Iniquo fato! RV 674
21 Di verde ulivo (aus: Tito Manlio) RV 778
22-25 Pianti, sospiri e dimandar mercede RV 676
Besetzung
Ensmeble Artaserse:
Jérémie Papasergio, Fagott
Emilia Gliozzi, Cello
Claire Antonini, Theorbe
Yoko Nakamura, Cembalo
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |