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Reviews

Phil Collins

Hello, I must be going (Deluxe Edition)


Info

Musikrichtung: Pop

VÖ: 26.02.2016 (1982)

(Rhino / Warner)

Gesamtspielzeit: 98:38

Phil Collins - solo, die Zweite! Der Phil Collins von Hello, I must be going ist nicht mehr der Phil Collins, der ein Jahr zuvor mit Face Value sein Solo-Debüt veröffentlicht hatte.

Viele Genesis-Fans waren 1981 erstaunt, als sich der mittlerweile singende Drummer solo eher jazzig als proggie zeigte und sich das auch im Line up widerspiegelte, obwohl das für diejenigen, die auch seine Alben mit Brand X kannten, so überraschend nicht war. Auf Hello, I must be going ist von diesem jazzigen Approach nur auf der Bonus-CD der Deluxe Edition noch etwas zu bemerken - zum Beispiel bei der Rehearsal-Version von „The west Side“, die beim Montreux Jazz Festival mitgeschnitten wurde, oder dem verhalten interpretierten Gospel „People get ready“.

Auf dem eigentlichen Album ist der Wandel vom Prog Rock der 70er zum 80er Jahre Hochglanz Pop mit Substanz endgültig vollzogen. Sah man sich bei den frühen Genesis Alben in einem freakigen Plattenladen, in dem auch indische Gewänder, Selbstgestricktes und Second Hand Ware verkauft wurden, während man Tee bei Patschuliduft schlürfte und Anti-AKW-, Gorleben- und Peace-Buttons bewunderte, sitzt man nun mit dem Longdrink auf Leder-Stahlrohr-Sesseln in der eleganten, indirekt beleuchteten VIP-Lounge.

Mit Genesis hat das alles nur insofern noch etwas zu tun, als Phil Collins den Prog-Dampfer zum Entsetzen der alten Fans bald in eine ähnliche Richtung lenken sollte. Das ändert aber nichts daran, dass Hello, I must be going eine extrem starke Scheibe geworden ist. Das kraftvoll aggressive „I don’t care anymore“ lässt sich fast wie ein Kommentar zu diesem Wandel hören. Das was war, kümmert mich nicht mehr, scheint es zu sagen, und um Protest gar nicht erst aufkommen zu lassen, werden eventuelle Opponenten musikalisch sofort ruppig zur Seite zu geschoben.

Diese Power und Aggressivität lässt sich noch mehrfach beobachten, u.a. bei dem stark von Percussion geprägten „Like China“. Aber auch die sanfte Ballade beherrscht Phil Collins mittlerweile aus dem Effeff. Nachzuhören bei dem wunderschönen „Don’t let him steal your Heart away“ und der soften Powernummer „I cannot believe it’s true“ mit ihren schönen Saxophon-Akzenten.

Überhaupt die Bläser! Sie werden mehr und mehr zur neuen Liebe des Phil Collins. (1998 soll das zu seinem eigenen Big Band Album führen!) Stücke wie „It don’t matter to me“ werden entscheidend von den Bläsersätzen geprägt.

Und es gibt noch eine neue Strecke, die Phil Collins in der Zukunft öfter bedienen wird – sonniger souliger Pop. Auf Hello, I must be going sticht in dieser Hinsicht „You can't hurry Love” deutlich heraus und setzt einen positiv erfrischenden Akzent.

Die Deluxe Edition kommt mit den nun schon gewohnten, recht knappen Liner Notes, die zum Teil bereits wörtlich auf den vorausgegangenen Veröffentlichungen zu lesen waren. Die Bonus-CD enthält neben zwei skizzenhaften Demo-Versionen – zum Teil mit Nanana-Fake-Vocals Live-Aufnahmen – wohl von der ersten Solo Tour. Genaue Angaben fehlen im Booklet.

Über weite Strecken zeigen sie vor allem, dass es Phil Collins gelingt den perfekten Studio-Sound ebenso perfekt auf die Bühne zu bringen. Bei „Like China“ variieren zumindest die Bläser das, was im Studio gespielt wurde, endlich einmal ein wenig. Auf eine echte Live Performance mit Improvisationen muss man aber bis „The west End“ warten. Hier lassen die Bläser sich richtig gehen, es swingt jazzig, löst sich auch mal vom Melodie- und Rhyhmus-Schema und dürfte so manch einen braven Fans streckenweise überfordern. Mit den Curtis Mayfield Cover Versionen „People get ready“ und „It’s alright” wird dann auch der Kanon der Collins-Studio Songs gesprengt, was die Bonus-CD endgültig zum echten Bonus, und die Deluxe Edition zum wertigen Produkt macht.



Norbert von Fransecky

Trackliste

1 I don't care anymore (5:00)
2 I cannot believe it's true (5:14)
3 Like China (5:05)
4 Do you know, do you care ? (4:57)
5 You can't hurry Love (2:50)
6 It don't matter to me (4:12)
7 Thru these Walls (5:02)
8 Don't let him steal your Heart away (4:43)
9 The west Side (4:59)
10 Why can't it wait 'til Morning (3:01)

Hello Extras!
1 I don't care anymore (Live) (6:30)
2 I cannot believe it's true (Live) (5:30)
3 Like China (Live) (5:42)
4 You can't hurry Love (Live) (3:04)
5 It don't matter to me (Live) (4:24)
6 The west Side (Live) (7:37)
7 People get ready (Live) (3:18)
8 Thru these Walls (Live) (5:04)
9 It's alright (Live) (2:22)
10 Oddball (Demo) (4:30)
11 Don't let him steal your Heart away (Demo) (4:43)
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So bewerten wir:

00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger