Reviews
Lovedrive (50th Anniversary Deluxe Edition)
Info
Musikrichtung:
Hard Rock
VÖ: 06.11.2015 (1979) (BMG) Gesamtspielzeit: 51:02 Internet: http://www.the-scorpions.com |
Die Scorpions haben mit ihrer Bandgeschichte – wohl nicht unbedingt geplant – einen tollen Job abgeliefert. Das Debüt einmal ausgeklammert, haben sie sich mit vier LPs an die Spitze der deutschen Rockbands geschoben und mit Taken by Force und dem ersten Live Album Tokyo Tapes das Tor zur internationalen Karriere scheunentorgroß aufgestoßen. Gleichzeitig haben sie mit dem Live-Album eine Bandphase abgeschlossen.
Offen für Neues und vor allem mit neuem Gitarristen erfolgte eine deutliche Zäsur.
Die Scorpions der Lovedrive waren nicht mehr die Scorpions von 1976. In den Liner Notes zur Neuausgabe der Tokyo Tapes berichtet Rudolf Schenker davon, wie die Hannoveraner bei ihrer Japan-Tour erstmals wie Rock-Stars behandelt wurden. Und das blieb keine exotisches Erlebnis in einem Land, das in fast jeder Hinsicht zur Übertreibung neigt.
Im Video-Interview erzählt vor allem Klaus Meine mit heute noch spürbar leuchtenden Augen von dem Quantensprung einer deutschen Rockband (was in den 70ern zumindest im internationalen Maßstab fast so etwas wie ein Widerspruch in sich selbst war) zu einem internationalen Act mit Fotosessions in Elton Johns Rolls Royce und einem der berühmtesten Cover-Designer der Welt, der diesen deutschen Rockern seine Vorschläge zur Auswahl anbot.
Musikalisch zeigt sich die Band deutlich gereift. Ob man das gut finden muss, ist eine andere Frage. Die Scorpions waren nie eine eindimensionale Band. Von Anfang hatten sie starke Balladen und Stücke mit einem deutlich progressiven Ansatz im Programm, die sich immer wieder einmal zu regelrechten Longtracks auswuchsen. Ihre Trademarks waren aber die schnellen harten Nummern, die mit das aggressivste waren, was es zu diesem Zeitpunkt gab.
Mit „Another Piece of Meat“ und „Can’t get enough” wird diese Spur weiter verfolgt. Aber Stücke, wie der Rock Reggae „Is there anybody there?”, das schwer groovende Instrumental „Coast ot Coast“ oder der moderat rhythmische Opener „Loving you Sunday Morning” waren auf den frühen Alben nicht zu finden.
Auch der Gesamtsound hat sich verändert. Vom aggressiv schreddernden Uli John Roth wechselt die Band zu dem harmonischeren Matthias Jabs. Die Ballade „Always somewhere“, die noch nichts von dem Kitsch späterer Balladen – vor allem NACH „Winds of Change“ - hat, sowie die beiden erstklassigen Rock Hymnen „Lovedrive“ und „Holiday“, das sich noch mal beim Reggae bedient, liefern genug Gründe für scheuklappenfreie Scorpions-Fans den Wechsel mitzumachen.
Im Bonusbereich ist das dreiviertelstündige Interview mit Meine, Schenker, Jabs und Rarebell hervorzuheben, in dem in gut gegliederten Kapiteln nicht nur alle Stücke der Lovedrive kommentiert werden. Auch auf den nicht gerade gentleman-liken Rausschmiss von Matthias Jabs, kaum dass er eingestiegen war, wird eingegangen, weil Rudolfs Bruder Michael zur Verfügung stand. Den erneuten Wechsel zu Jabs kommentiert Rudolf Schenker mit: „Zwei Schenker sind wahrscheinlich zu viel für eine Band.“
Außerdem gibt es den Audio-Bonus-Track „Cause I love you“, einen ruhigen Rocker, der an die frühen Jahre erinnert – aber nicht deren Genialität hat, sowie einen Video-Livemitschnitt aus Japan bereits mit Matthias Jabs, der anders als spätere Live-Alben noch zu 50% Material aus der Roth-Ära bietet.
Ob man sich diese Ausgabe zulegen muss, wenn man das ansonsten unverzichtbare Album Lovedrive bereits besitzt, stelle ich mal in Frage. Wenn nicht, ist der Griff zu dieser Erweiterung sicher eine gute Entscheidung.
Trackliste
2 Another Piece of Meat (3:30)
3 Always somewhere (4:54)
4 Coast to Coast (4:40)
5 Can't get enough (2:35)
6 Is there anybody there? (3:55)
7 Lovedrive (4:48)
8 Holiday (6:31)
9 Cause I love you (Demo Version) (4:31)
10 Holiday (Demo Version) (9:34)
Bonus DVD "Live in Japan 1979"
1 Intro (0:50)
2 We'll burn the Sky (7:27)
3 Lovedrive (4:48)
4 Life's like a River (4:04)
5 Fly to the Rainbow (2:28)
6 Is there anybody there (4:07)
7 Another Piece of Meat (3:15)
8 Can't get enough (6:23)
9 Kojo no Tsuki (3:09)
10 Interview (46:57)
Besetzung
Matthias Jabs (Lead Git)
Herman Rarebell (Dr, Perc)
Francis Buchholz (B)
Rudolf Schenker (Git)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |