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Klaviersonaten Nr. 8-11 (Sämtliche Sonaten I)
Info
Musikrichtung:
Hammerklavier
VÖ: 23.09.2004 BIS / Klassik Center Kassel SACD hybrid (AD 2003) / Best. Nr. BIS-SACD-1362 Gesamtspielzeit: 67:56 |
KONZENTRIERTE LEIDENSCHAFTEN
Startschuss für Ronald Brautigams Gesamteinspielung von Beethovens sämtlichen Klaviersonaten. Nach seinen Mozart- und Haydn-Zyklen (ebenfalls BIS) widmet sich der niederländische Fortepiano-Spezialist damit dem dritten Wiener Klassiker auf Originalinstrumenten.
Den Anfang machen die berühmte C-Moll Pathetique (Nr. 8), ihre beiden leichtgewichtigeren Nachfolgerinnen und die zukunftsträchtige, großdimensionierte Sonate Nr. 11. Dass die Aufnahmen auf SACD hybrid im Surround-Sound verewigt wurden, wird Audiophile gewiss freuen. Doch auch die CD-Version klingt beachtlich: ungetrübt, ausgewogen und plastisch.
Mit dem von Brautigam gewählten Instrument, dem Nachbau eines Walter-Flügels von 1802, präsentiert sich das Hammerklavier von einer bemerkenswert dynamischen, intonationssicheren Seite. Also: Dumpfe und mehlige Klänge gibt’s hier nicht, auch so gut wie keine Nebengeräusche von Korpus und Mechanik. Obwohl der Interpret das Instrument wahrlich nicht mit Samthandschuhen traktiert! Aber schon Beethoven wusste bekanntlich, was er von einem guten Flügel verlangen konnte. Der Musik kommen die Durchsichtigkeit und das charakteristische, erdig-raue Timbre des Fortepinaos zugute. Unter Brautigams Händen lässt das Instrument auch schon mal wie ein Ensemble von Streichern oder Holzbläsern vernehmen.
Der gradlinige, struktubewusste und zugleich zupackende Ansatz des Interpreten betont die Klassizität des Komponisten, die allerdings nicht marmorkühl herüberkommt, sondern ausgesprochen energiegeladen und leidenschaftlich. Kernig klingen die vollgriffigen Akkorde, gestochen klar die rasanten Läufe. Dazu kommt eine luzide ausformulierte Rhetorik. Die Pathetique (der Titel stammt nicht von Beethoven!) erfährt so eine gänzlich unsentimentale, unromantische Deutung. Welch ein Schock der erste, dissonant-wuchtige Akkord für die Hörer seinerzeit gewesen sein muss, kann man wegen des „historisierenden Filters“ wenigstens erahnen. Auch bei den übrigen Sonaten rückt Brautigams überlegte Interpretation die historischen Verhältnisse zurecht: Beethoven kommt eben von Haydn und Mozart her, nicht von Brahms.
Man darf auf die Fortsetzung des Projekts schon jetzt sehr gespannt sein!
Georg Henkel
Trackliste
04-06 Sonate Nr. 9, op. 14, Nr. 1 12:13
07-09 Sonate Nr. 10, op. 14, Nr. 2 14:37
10-13 Sonate Nr. 11, op. 22 23:06
Besetzung
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |