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The Rolling Stones

From The Vault - Hampton Coliseum - Live In 1981

Info Musikrichtung: Rock n’ Roll VÖ: 31.10.2014 (Eagle Vision / Edel) Gesamtspielzeit: 150:00 Internet: http://www.rollingstones.com

From The Vault heißt eine neue Serie mit Live-Konzerten aus den Archiven der Rolling Stones, die jetzt zum ersten Mal offiziell veröffentlicht werden. Die DVD wurde auf der 1981er US-Tour mitgeschnitten. Mit dem damaligen Rekorderlös von 50 Millionen US-Dollar war diese Tour die erfolgreichste des Jahres. Sie fand im Anschluss an die Veröffentlichung des Albums Tattoo You statt. Die Show die hier vorliegt wurde am Geburtstag von Keith Richards aufgezeichnet, also am 18.12.1981.

Bereits der Anfang ist kultig: eine komplett nackte Frau, die mit Schriftzügen der Band bekritzelt ist, bewirbt das Konzert und die dazugehörigen Frequenzen im Radio. So was wäre heute in den USA vermutlich unvorstellbar und macht deutlich, dass die Stones wirklich zu einer Art Bürgerschreck geworden waren. Man bekommt einen kurzen Backstage-Eindruck. Bill Wyman spielt Ping-Pong und lässt dabei seine Crewmitglieder ziemlich alt aussehen. Dass Mr. Wyman sich so schnell bewegen kann, war mir bis dahin nicht klar. Mick Jagger dehnt und streckt sich, wobei er jeder Aerobic-Trainerin in puncto Beweglichkeit locker das Wasser reichen könnte.

Was sich beim ersten Song abspielt, ist jedoch schier unglaublich. Mick Jagger dreht komplett am Rad und bewegt sich schnell, etwas aus dem Rhythmus und dabei noch so blitzartig, dass man es schier nicht glauben will. Es erinnert an einen Hampelmann, der Duracel-Batterien verschluckt hat. Dies gibt sich jedoch nach dem ersten Song wieder - ich musste ein paar Mal laut lachen. Insgesamt liefert Jagger eine knallharte, lupenreine Performance ab. Manchmal scheint er völlig entrückt zu sein - er gibt wie immer Vollgas. Chemische Zusätze scheinen mir hier nicht mehr völlig ausgeschlossen. Die Songs werden dabei häufig in sehr langen Versionen gespielt und meiner Meinung nach teilweise sogar totgenudelt. Die Bühne ist für Stones-Verhältnisse äußerst klein geraten, gibt dem Zuschauer aber die Möglichkeit, die Band kompakt zu erleben.

Die 80er Jahre haben erst angefangen zu regieren, wobei die Stones als Trendsetter dieser Zeit natürlich wieder etwas voraus waren. Mick Jagger erinnert ab und zu an Jürgen von der Lippe, der im Hawaiihemd eher nicht zu den Vertretern des guten Modegeschmacks gezählt werden darf. Das blinde Verständnis der Musiker untereinander ist hier sehr gut zu beobachten. Sie nehmen während der Songs sehr selten Blickkontakt auf und sind jedoch immer punktgenau auf der gleichen Höhe. Ronnie Wood und Keith Richards spielen phänomenal und präsentieren für mich ein perfektes Gitarren-Duo.

Der Schwerpunkt der Songs liegt auf den kürzlich zurückliegenden Alben. Wer Klassiker wie „Gimme Shelter“, „Paint It Black“ oder das meiner Meinung nach unverzichtbare „Sympathy For The Devil“ erwartet, wird enttäuscht. Insgesamt bietet die DVD eine bestechend gute Ton- und Bildqualität und stellt ein wertvolles Zeitdokument für Rolling Stones-Fans dieser Bandphase dar. Highlight ist für mich der Song „Satisfaction“. Es werden tausende von Luftballons von der Decke fallen gelassen. Dabei entsteht ein heilloses Durcheinander, das ein durchgeknallter Fan nutzt, um die Bühne zu erklettern und auf Mick Jagger los zu rennen. Keith riecht den Braten und zieht ihm absolut geistesgegenwärtig eins mit seiner Gitarre über, woraufhin der Fan die Flucht ergreift.

Fazit: Wem die Stones in dieser Phase gut gefallen, sollte sich die DVD zulegen. Mir gefallen jedoch die Veröffentlichungen aus den 70er-Jahren wesentlich besser, was aber reine Geschmackssache ist.

Stefan Graßl