Reviews
Tokyo Tapes
Info
Musikrichtung:
Hard Rock
VÖ: 1978 (RCA) Gesamtspielzeit: 85:07 |
Tokyo Tapes war der grandiose Schlussstein der ersten Karrierephase der Scorpions, die von dem genialen Saitenhexer Uli Jon Roth geprägt war.
(Dazu muss man allerdings das erste Album Lonesome Crow ausklammern, auf dem noch Michael Schenker die Lead-Gitarre spielte. Für viele ist dieses recht „krautige“ Album allerdings auch noch gar kein „richtiges“ Scorpions-Album. Eine Einschätzung, die insofern ihre Berechtigung hat, als sich das im Vergleich zu allen anderen Scheiben auf den ersten Hör eher unspektakuläre Album stilistisch sehr deutlich vom Kommenden unterscheidet und das Prädikat „Hard Rock“ bestenfalls in Ansätzen verdient. Auf die Tokyo Tapes hat es nur eine Kurzversion von „In Search of the Peace of Mind“ geschafft.)
Mit dem Album Taken by Force waren die Hannoveraner zwar noch nicht völlig durch die Decke gegangen. Es hatte mit „He's a Woman, she's a Man“ und „Steamrock Fever“ allerdings immerhin zwei Semi-Hits geliefert, die auch einiges an Airplay erhielten. So öffneten sich die Türen der Welt und das erste Live-Album konnte standesgemäß in Fernost mitgeschnitten werden - bei zwei Konzerten am 24. und 27. April 1978 in Tokyo.
Ob die Roth-Phase (mit 4 Studio- und einem Live-Album) oder die folgende erste Phase mit Matthias Jabs (ebenfalls 4 Studio- und 1 Live-Album) die beste Scorpions-Ära ist, dieser Kampf tobte lange in meiner Brust.
Mittlerweile sind mir die ungeschliffeneren Frühwerke deutlich lieber. Hier wird noch kein Soundloch produktionstechnisch zugeschmiert. Die Power und der Druck sind echt und keine Politur aus der Tube des Mixers oder des Produzenten. Dadurch atmen gerade diese Live-Aufnahmen Gefühl und Atmosphäre at its best. Dazu kommt, dass die Scorpions in dieser Zeit einige ihrer besten - und progressivsten - Sachen geschrieben haben.
Da brennt der Bass warm und harmonisch, um den typischen „freundlichen“ Sound der Scorpions zu kreieren. Nachzuhören vor allem auf melodischeren Nummer, wie „Pictured Life“ oder dem Longtrack „Fly tot he Rainbow“. Da sind immer wieder Roths geniale Gitarren-Soli. Und ganz typisch das friedliche Nebeneinander krachender Rocker, die zum Härtesten gehörten, was damals auf dem Markt war, wie „Backstage Queen“, „Dark Lady“ oder „Robot Man“, weicher Balladen wie „In Trance“, die kein Stück von dem Hausfrauen-Kitsch des späteren Mega-Hits „Wind of Change“ hatten, und progressiv angehauchter Rocker, wie der Power Ballade „We’ll burn the Sky“.
Und dann gibt es da noch ein paar Exoten, wie das ungewohnt düstere „Polar Night“, dessen äußerst „bediente“ Stimme ausnahmsweise nicht von Klaus Meine stammt, oder das japanische Volkslied „Kojo no tsuki“, das Meine extra für das japanische Publikum einstudiert hatte.
Für eine 70er Jahre Scheibe waren Rock’n’Roll-Cover und das Schlagzeugsolo in „Top of the Bill“ natürlich obligatorisch.
Eine Live-Album aus einem Guss. Ganz groß!!
Trackliste
1 All Night long (3:43)
2 Pictured Life (3:15)
3 Backstage Queen (3:40)
4 Polar Nights (6:55)
5 In Trance (5:31)
6 We'll burn the Sky (8:12)
7 Suspender Love (3:39)
8 In Search of the Peace of Mind (3:07)
9 Fly to the Rainbow (9:45)
CD 2
1 He's a Woman, she's a Man (5:28)
2 Speedy's coming (3:37)
3 Top of the Bill (6:44)
4.1 Hound Dog (1:22)
4.2 Long tall Sally (2:30)
5 Steamrock Fever (3:52)
6 Dark Lady (4:09)
7 Kojo no tsuki (3:46)
8 Robot Man (5:52)
Besetzung
Ulrich Roth (Lead Git)
Rudolf Schenker (Git, Lead Git Intro <2;1>, Solo <2;4.2>)
Francis Buchholz (B)
Herman Rarebell (Dr)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |