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Reviews

Stradella, A. (Gatti)

La Susanna


Info

Musikrichtung: Barock / Oratorium

VÖ: 01.05.2004

Glossa / Note 1 (2 CD DDD (AD: 2003) / Best. Nr. GCD 921201)

Gesamtspielzeit: 99:43

Internet:

Glossa

KUNSTVOLL, ABER BLUTARM

Die Geschichte aus dem alttestamentlichen Buch Daniel um die keusche Susanna bildet die Grundlage für dieses Oratorium Alessandro Stradellas (1639-1682): Susanna, schön, jung, fromm und die Tugend in Person, zieht die lüsternen Blicke zweier älterer Männer, die das Richteramt ausüben, auf sich. Weil sie deren Nachstellungen abwehrt, wird sie von ihnen verleumdet und des Ehebruchs bezichtigt. Sie wird zum Tode verurteilt und entgeht der Steinigung nur dadurch, dass der junge Prohpet Daniel die Untat aufdeckt, Susanna freispricht und die Richter ihrerseits zum Tode verurteilt.
Nicht ganz unpikant, dass ausgerechnet Stradella den Text vertonte, wurde er doch wegen einer Affäre mit der Geliebten eines anderen Mannes selbst fast erschlagen und später sogar tatsächlich von unbekannter Hand in Genua ermordet - auch hier ranken sich Legenden um Liebe, Ehre, Eifersucht...

Stradella bevorzugte den sog. "stile antico", kann also von daher nicht als Neuerer in der Musikgeschichte gelten. Durch einfallsreiche Modulationen und überraschende harmonische Ideen erhalten seine Kompositionen aber dennoch ein ganz eigenes Gepräge. Er verstand es durchaus, Affekte herauszuarbeiten und aus bewährten Mitteln neues zu schaffen. So hat sein Stil die nachfolgende Komponistengeneration beeinflußt und selbst Händel nutzte Stradellas Werke als Fundgrube und/oder "Steinbruch".

Die Interpretation, die Enrico Gatti liefert, kann man am ehesten als kultiviert oder auch feinziseliert beschreiben. In kleinstmöglicher Besetzung und mit einer stimmlich respektablen Sängerriege wird auf technisch hohem Niveau musiziert. Was aber deutlich zu kurz kommt, ist der dramatische Aspekt. Stradellas Oratorium ist an sich nicht weniger spannungsreich, als eine Oper. Gatti vernachlässigt diese Spannung sowohl in den Einzelstücken, als auch auf das Gesamtwerk hin gesehen. Die Figuren wirken seltsam unbewegt und blutarm. Das wird besonders in den Rezitativen deutlich, in denen jede effektvolle Gestaltung des Textes unterbleibt.
Am ehesten noch der Affektsprache zugeneigt erscheint Emanuela Galli in der überaus anspruchsvollen Partie der Susanna. Sie vollzieht die Stimmungswechsel recht deutlich nach, so etwa, wenn aus dem engelsgleichen, naiven Mädchen aus der ersten Arie eine unbeschwerte junge Frau in der folgenden Arie wird. Auch Standhaftigkeit, Zweifel und Vertrauen weiß die Sopranistin mit ihrer hellen, schlanken Stimme und mit hoher Virtuosität geschickt zu zeichnen. Einzig der Moment der Verzweiflung in höchster Not und Gefahr (Arie "Sventurata! e sarà vero") will ihr nicht recht gelingen.

Bei den Darstellern der beiden Richter hat Luca Dordola mit seinem klangschön timbrierten Tenor die Nase vorn. Zwar verfügt auch Matteo Bellotto über eine angenehme Baßstimme, doch setzt er sie zu zurückhaltend ein. Insgesamt erscheinen aber beide nicht als lüsterne alte Männer und fiese Verleumder, sondern klingen eher wie edle Liebhaber. Jede Gefühlsregung scheint ihnen fremd zu sein, der Schönklang dominiert.

Barbara Zanichelli singt den Daniel mit einem sehr jungen Sopran, wirkt dabei indes teilweise atemlos bis überanstrengt und in der Charakterzeichnung viel zu harmlos.
Als Testo, also in der Rolle des Erzählers, der das Geschehen vorantreibt und kommentiert, agiert Roberto Balconi weitgehend glücklos. Ihm fehlt eine homogene Tongebung, so dass man nach jedem Registerwechsel das Gefühl hat, einen anderen Sänger zu hören. Die Verzierungen bewältigt er nur mit Mühe und in der Höhe wirkt seine Stimme glanzlos bis eng.



Sven Kerkhoff

Trackliste

CD I: Prima Parte
CD II: Seconda Parte

Besetzung

Ensemble Aurora:

Emanuela Galli - Susanne (Sopran)
Barbara Zanichelli - Daniele (Sopran)
Roberto Balconi - Test (Countertenor)
Luca Dordolo - Secondo Giudice (Tenor)
Matteo Bellotto - Primo Giudice (Baß)

Enrico Gatti (1. Violine)
Claudia Combs (2. Violine)
Gaetano Nasillo (Violoncello)
Giancarlo De Frenza (Kontrabaß)
Loredana Gintoli (Harfe)
Anna Fontana (Cembalo)
Francesco Baroni (Orgel)

Ltg. Enrico Gatti
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