Reviews
Accidentally in between
Info
Musikrichtung:
Singer/Songwriter, Folk
VÖ: 24.06.2011 (Hayk Records / Soulfood) Gesamtspielzeit: 70:37 Internet: http://www.emirsian.com http://www.myspace.com/emirsian |
Aren Emirize ist der Musikwelt vor allem als Gitarrist und Stimme der Noiserocker Harmful bekannt. Unter dem Namen Emirsian veröffentlicht er seit 2006 auch Soloalben. Nach A gentle kind of disaster und Yelq ist Accidentally in between bereits sein drittes. Oder sollte man eher sagen, sein drittes UND viertes? Denn an sich sind es gleich zwei einzelne Werke, die auf einem gemeinsamen musikalischen Fundament ruhen und dann atmosphärisch doch so verschieden sind. Die erste Hälfte Accidentally ist ein recht klassisches Singer-Songwriter-Album in englischer Sprache, während sich Aren bei In between auf die Suche nach seinen armenischen Wurzeln begibt und größtenteils Stücke aus fremden Federn zum Besten gibt (u.a. von seinem Vater).
Alleine das macht das Ganze richtig interessant. Denn ohne den ersten Teil herabwürdigen zu wollen (der mit Verlaub auch ziemlich gut geworden ist!), wird hier der Hörer doch etwas mehr gefordert. Lieder voller Liebe, Sehnsucht und Wehmut findet man dort. Und das spürt man auch ohne die Texte zu verstehen. Ein Zeichen, wie universell Musik doch ist. Generell schwingt hier stets eine angenehme Melancholie mit, die der Sänger mit seiner ruhigen Stimme auf sanfte Weise transportiert. Die musikalische Grundlage ist genretypisch die akustische Gitarre. Die Stücke selbst sind nicht selten sparsam arrangiert. Angenehmen weiblichen Backgroundgesang oder unkitschige Streichereinsätz findet man aber fast immer. Die Melodieführung klingt allein durch die armenische Sprache deutlich nach Vorderasien, was anfangs etwas ungewohnt für mitteleuropäische Ohren klingt. Aber schon nach kurzer Zeit kann man sich der Anziehungskraft des Ganzen nicht mehr so leicht entziehen. Wunderbare Stücke wie das folkige „Hingalla“, das beschwingte, aber nicht ins allzu Fröhliche abdriftende „Sareri Howin Mernem“ oder das mit Pianoklängen beginnende „Zinwori Mor Yerk“ klingen einfach schön. Und auch der Rest weiß zweifelsohne zu überzeugen.
Der Accidentally-Teil mutet dagegen schon richtig traditionell an, klingt aber nicht nur wegen der englischen Sprache „westlicher“, sondern auch wegen der etwas größeren Arrangements und des zeitweisen Einsatzes der E-Gitarre. Das wirkt anfangs im Vergleich gewöhnlicher. Doch auch hier sollte man etwas tiefer schürfen und sich von der Musik treiben lassen. Dann entwickeln Lieder wie das einleitende „Here you are“, das eingängige „First birthday“, das etwas flottere „Straight to the sun“ oder das unaufgeregt intensive „Hopeful“ schnell zu kleinen Schmuckstücken, die man immer wieder hören möchte.
Die Zerrissenheit der Kulturen, welcher eine der Hälften dieses Doppelpacks gewidmet ist, spiegelt sich nicht nur in den Texten wieder, sondern vor allem auch in der Musik. Und das macht Accidentally in between vermutlich auch so spannend. Denn das hier ist kein erzwungenes Multikulti-Experiment, sondern eine ganz natürliche Sache. Denn schließlich sind es zwei Seiten ein und der derselben Person. Emirsian ist hiermit ein angenehm unprätentiöses und doch untergründig loderndes Album gelungen. Man kann sein Vorhaben also nur als geglückt erachten!
Mario Karl
Trackliste
1. Here you are (4:07)
2. Black and white town (3:19)
3. First birthday (4:14)
4. Hit ’em (2:58)
5. Friends (3:37)
6. Straight to the sun (3:11)
7. Bring it down (3:20)
8. Lost song (2:34)
9. Care (2:21)
10. Hopeful (3:49)
In Between:
1. Yar, Ko Parag Boyin Mernem (2:55)
2. Mardigi Yerk (3:41)
3. Hingalla (3:20)
4. Seta (3:39)
5. Zinwori Mor Yerk (4:05)
6. Kun Yeghir, Balas (2:45)
7. Sareri Howin Mernem (3:57)
8. Sari Sirun Yar (3:50)
9. Yeraz (2:47)
10. Yel, Yel… (2:48)
11. Agh’Tschig Sirunag (3:20)
Besetzung
Gäste:
Harout Bezdijan (Akustikgitarre)
Regina Schmitz (Gesang, Piano, Bass)
Claudia Rudek (Gesang, Gitarre)
Olli Rüger (Gitarre)
Thomas Wilhelm (Digeridoo)
Moje (Akkordeon)
Johannes Aeppli (Schlagzeug)
Artur Bagdasaryan (Gesang)
Friedrich Paravicini (Cello, Piano)
SK (Geige)
Gerard Madilian (Duduk)
Moje (Akkordeon)
Tobias Baum (Schlagzeug, Perkussion)
So bewerten wir:
00 bis 05 | Nicht empfehlenswert |
06 bis 10 | Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert |
11 bis 15 | (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert |
16 bis 18 | Sehr empfehlenswert |
19 bis 20 | Überflieger |