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25 Years after - Mein Leben mit der CD; Folge 69: Konstantin Wecker - Zweitausendeins





Der Dezember 1991 bietet mir reichlich Auswahl. Immerhin 18 CDs sind neu in der Sammlung gelandet. Und das hat nur bedingt etwas mit Weihnachten zu tun. Nur drei CDs sind unter dem 24. Dezember 1991 eingetragen. Alle drei waren aktuell und somit klare Kandidaten für diese Kolumne - der Use your Illusions Doppelschlag von Guns’s’Roses und das Marc Cohn Debüt, der damals mit „Walking in Memphis“ einen Riesenhit hatte. Auch die Sauerei von den Skeptikern war up to date, aber die waren mit Harte Zeiten ja schon einmal Thema der Kolumne.

Mit Springsteens Darkness on the Edge of Town, Totos Klassiker IV (Toto waren gerade erst Thema der Kolumne) und California, dem wohl wichtigsten Album von Gianna Nannini, waren auch drei starke Backkatalog-Anschaffungen am Start.

Auf den Thron geschafft hat es aber ein Album, das aufgrund meiner Auswahlkriterien eigentlich kaum Chancen hatte. Denn es handelt sich nicht nur um eine möglicherweise nicht aktuelle (auf der CD ist kein Veröffentlichungsjahr angegeben) Veröffentlichung und um eine Best of CD. Das sind im Normalfall gleich zwei Argumente gegen die Auswahl.

Mit Konstatin Wecker und dem Titel Zweitausendseins steht diese 4-CD-Box aber paradigmatisch für viele Alben in meiner Sammlung. Ich weiß gar nicht, ob Zweitausendseins wirklich der Titel der CD ist. Vielleicht hat sie offiziell gar keinen. Denn Zweitausendeins ist das Label, bei dem die Box erschienen ist. Dieses Label wiederum ist eigentlich gar keins, sondern ein Bücher-, Platten- und Film-Versand, der in einer Reihe von Großstädten auch Läden unterhält. Das Besondere an Zweitausendeins war vor allem in den 70er und 80er Jahren sein ausgewähltes Programm, das die 68er Generation, die Friedensbewegten und Alternativen mit Kulturprodukten versorgte.

Unter anderem versorgte der Verlag Friedens- und Öko-Bewegte mit Material. Ich erinnere mich insbesondere an zwei Titel. Friedlich in die Katastrophe von Holger Strohm, ein Mammutwerk von über 1300 Seiten, das die Funktionsweise von Atomkraftwerken bis ins Detail beschrieb, und ebenso dick Gobal 2000, eine vom US-Präsidenten in Auftrag gegeben Studie, die en Detail beschrieb, wie die Großindustrie die Welt in den Abgrund führen wird. Vieles davon ist mittlerweile eingetreten. Beide Titel wurden nicht nur als Einzelexemplare angeboten. Bürgerinitiativen konnten sie mit Preisrabatt in dreistelliger Anzahl bestellten. Geliefert wurde dann z.B. 480 Exemplare auf der Palette.

Für mich, der ich aufgrund meines Geburtsdatums für die 68er Bewegung zu spät gekommen war, waren viele der Sachen, die Zweitausendeins anbot, ein Blick in die Vergangenheit – nicht bis in die Generation meiner Eltern, sondern in eine Zwischengeneration zwischen mir und ihnen. Woodstock, Vietnam, Freie Liebe, der SDS, Flower Power – all das waren Dinge, die die Kultur meiner Generation geprägt haben, die aber hinter ihr zurück lagen, in der Generation meiner Eltern aber noch keine Rolle gespielt hatten.
Zweitausendeins war nicht die einzige, aber eine wichtige Quelle, mich mit dieser von mir nicht miterlebten Zeit zu beschäftigen – und Konstatin Wecker gehörte für mich eindeutig in diese Zeit. Seine, bei Zweitausendeins erschienene Werkschau steht für mich quasi als Symbol für die Annäherung an die jüngste Vergangenheit vor meiner eigenen Zeit. Dass ich ihn im Juni 1998 für fir Märkische Allgrmeine Zeitung interviewen durfte, war von daher ein ganz besonderes Ereignis.


Norbert von Fransecky



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