Musik an sich


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PORCUPINE TREE mit PAATOS live in München




Info
Künstler: Porcupine Tree

Zeit: 22.09.2006

Ort: München, Muffathalle

Internet:
http://www.porcupinetree.com
http://www.paatos.com

Es vergeht kaum ein Jahr ohne eine livehaftige Stippvisite von Porcupine Tree. Dass die Band um Workaholic Steven Wilson immer populärer wird, erkannte man schon daran, dass die Hallen auch ohne ein aktuelles Album im Gepäck gut gefüllt waren. Aber kein Wunder, hatten Porcupine Tree mit Paatos nicht nur einen interessanten Support-Act mitgebracht, sondern auch angekündigt einige neue und noch unveröffentlichte Songs zu präsentieren. So fanden sich an diesem Freitag geschätzte 1.000 Musikliebhaber in der Muffathalle ein um sich akustisch verwöhnen zu lassen. Interessant dabei ist, welch großen Personenkreis die Briten ansprechen. Vom 15-jährigen Extrem-Metal-Fan, über den reifen Krautrockfan, bis zum jahrelangen Supporter im ausgewaschenen Signify-Tourshirt war so ziemlich alles zu finden.

Petronella Nettermalm

Doch bevor die Hauptband aufspielte, standen zuerst die Schweden Paatos an. Pünktlich um 20:30 Uhr startete das Quintett sein Programm, welches sich hauptsächlich aus Songs der letzten beiden Alben „Kallocain und Silence of another kind zusammensetzte. Die Band wurde von Porcupine Tree eigenhändig als Support ausgewählt und so bekam diese auch volles Licht und einen ebenso guten Sound wie die Hauptakteure des Abends selbst. Auch war die Halle um diese Zeit schon ganz gut gefüllt. Beste Voraussetzungen für einen gelungenen Auftritt also. Paatos nutzten ihre Spielzeit auch hervorragend um ihr atmosphärisches Songmaterial dem teils noch unbedarftem Publikum vorzustellen. Live klang die Band etwas rauer, mitreißender und auch intensiver als auf CD. Das Zusammenspiel der einzelnen Musiker war absolut makellos und wurde von den einfallsreichen Rhythmen des Drummers Ricard Huxflux zusammengehalten. Über alldem trohnte allerdings die Stimme von Sängerin Petronella Nettermalm, welche für die eine oder andere Gänsehaut sorgen konnte. Von der Atmosphäre her fühlte man sich an The Gathering zu Sleepy buildings-Zeiten erinnert. Hier ein kleiner Auszug aus der Setlist: „Still standing“, „Téa“, „Falling“, „Gasoline“, „Absinth minded“. Nach einer Dreiviertelstunde fand dieser Zauber dann mit dem passenden „Is that all?“ sein Ende. Aber dem Applaus nach zu urteilen konnten sich Paatos aber sicher sein, mit ihrem Auftritt jede Menge neuer Fans hinzugewonnen zu haben.

Paatos


Dann wurde es spannend. Schließlich hatte Steven Wilson auf der Band-Homepage mitgeteilt, die erste Konzerthälfte stehe ganz im Zeichen neuen Materials. Und so war es dann auch. Ganze sechs unveröffentlichte und relativ lange Songs wurden gespielt. Allesamt noch unbetitelt. Hier eine Aufstellung meiner Eindrücke davon:

- 1. Song: Ein relativ straightes Lied, welches auf einem harten Gitarrenriff basierte und gegen Ende in einen längeren Instrumentalteil auslief. Klang im Vergleich zu den restlichen Songs nicht ganz so düster. Hervorragender Start des Konzerts.
- 2. Song: Der zweite Titel war ein richtiger Gegenpol zum schwungvollen Opener. Eine pianobasierte Ballade mit schönen Gesangsharmonien, bei dem neben Richard Barbieri auch der Chef selbst auf der Bühne zum Keyboard griff.
- 3. Song: Ein ca. 18-minütiger Longtrack. Als Steven Wilson dies auch als solchen ankündete, ging ein ehrfurchtsvolles Raunen durch den Saal. Nach einem harten Anfang und einer regelrechten Achterbahn aus einfallsreichen Gitarrenriffs und einprägsamen Chorus schwenkte das Stück urplötzlich in einen atmosphärischen Ambietenpart um, der das Stück langsam ausklingen ließ. Schon jetzt ein Klassiker!
- 4. Song: Anschließend ließ es die Band wieder ein wenig ruhiger angehen und gab eine weitere Ballade zum Besten. Dieses Stück klang allerdings etwas sperriger und dunkler als Song Nummer 2. Nicht uninteressant.
- 5. Song: Das nächste Lied entpuppte sich als richtig düsterer Brocken. Es baute sich in getragenem Rhythmus auf und verharrte die meiste Zeit dort. Es fiel durch besonders heftigen Basssound und tiefer gestimmte Gitarrenriffs auf. Wirkte wie die Porcupine Tree-Version eines Opeth-Titels.
- 6. Song: Der letzte Song dieses Sets erinnerte durch zahlreiche Synthiespielerein und dem drückendem Bass an Bands wie Massive Attack und hatte eine leichte industrielle Note. Als später der Refrain einsetzte wurde es richtig mitreißend und gar hypnotisch. Sehr intensiver und hervorragender Song.

Steven Wilson

Song für Song taute die Band immer mehr auf und man merkte vor allem Steven Wilson an wie es ihm immer mehr Spaß machte den Leuten seime neuen Werke vorzustellen. Kein Wunder, denn während unter den Songs (verständlicherweise) andächtige Stille herrschte, gab es anschließend definitiv mehr als nur Höflichkeitsapplaus. Die Live-Premiere in München war somit geglückt. Wie lautet also das Fazit hieraus? Die Band scheint noch düsterer geworden zu sein, sowie auf der einen Seit mit teilweise tiefer gestimmten Gitarren härter. Zum Ausgleich gab es aber immer noch genügend ruhigere Parts zum Schwelgen. Sollten diese Songs für das kommende Album stehen, darf man sich schon heute auf ein weiteres großartiges Werk von Porcupine Tree freuen.

Danach gönnten sich die Hauptakteure des Abends (live wie immer mit John Wesley als Verstärkung an Gitarre und Mikro) eine kurze Pause um anschließend „with some Porcupine Tree-classics“ auf die Bretter zurückzukehren. Dies tat man dann auch und eröffnete mit „Open car“ und dem nachfolgenden Ohrenschmeichler „The sound of Muzak“ die frenetische gefeierte zweite Runde. Diese enthielt, mit einer Ausnahme („Buying new soul“), lediglich Material aus der jüngeren Bandgeschichte (sprich aus Deadwing und In absentia). Älteres Liedgut blieb leider außen vor. Dafür ergänzten sich die Songs hervorragend und ergaben ein harmonisches Programm. Stimmungsvolles Highlight waren wie so oft das überlange „Arriving somewhere but not here“, sowie „Trains“ (inklusive Mitklatschteil). Bei allen Songs fiel auf, dass sich John Wesley mittlerweile pudelwohl zwischen den restlichen Musikern fühlt und zu einem immer wichtigeren Teil der Live-Band geworden ist. Er wirkt nun auch nicht mehr wie in Fremdkörper. Auch Steven Wilson scheint sich in seiner Rolle als Frontmann immer wohler zu fühlen. Denn so locker und kommunikativ präsentierte er sich in den Vorjahren nicht immer. Der Sound war während des ganzen Konzerts hervorragend. Wirklich wenige Bands klingen live so gut. In Sachen Lightshow hielt man sich dagegen etwas zurück. Dafür hatten Porcupine Tree die obligatorischen Film-Projektionen wieder mit an Bord. Dieses tolle Konzert fand nach ca. 100 Minuten leider viel zu früh mit „Halo“ und „Blackest eyes“ seinen Abschluss. Wenn es nach dem begeisterten Münchner Publikum ginge, würde die Band wohl heute noch spielen. Aber glücklicherweise hat Steven Wilson versprochen mit neuem Album im Gepäck bald wieder zu kommen. Hoffen wir, dass er sein Versprechen einhält.

Setlist zweiter Teil Porcupine Tree:
Open car
The sound of Muzak
Buying new soul
Arriving somewhere but not here
.3
The start of something beautiful
Trains
Halo
Blackest eyes


Mario Karl



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