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Wade Hayes - Eine Stimme geht ihren Weg

Nachdem bekannt wurde, dass Wade Hayes zusammen mit Mark McClurg ein Duo mit Namen "McHayes" gegründet hat, das unter dem Titel "Lessons in lonely" voraussichtlich im Herbst des Jahres ein neues Album veröffentlichen wird, sind die Fans natürlich mächtig auf diese Produktion gespannt. Wade Hayes ist ja wahrlich kein unbeschriebenes Blatt, also ein Grund mehr sich vor lauter Vorfreude den Künstler Wade Hayes nochmals näher zu betrachten:

In der (gottlob) ständig wachsenden Country-Szene ist es dem Musikkonsumenten kaum möglich, einzelne Interpreten oder Bands an ihrem Song oder der Stimme des Sängers zu erkennen. Lediglich einige Interpreten wie Dwight Yoakam oder Willie Nelson sind bereits mit den ersten gesungenen Worten zu enttarnen. Diese Ausnahme gilt jedoch auch für Wade Hayes, dessen ungewöhnliche Bariton-Stimme als erstes auffällt, wenn man sich einen seiner vier bisher erschienenen Longplayer anhört. Aber nicht nur dies macht den jungen Mann aus Oklahoma zu einem beachtenswerten Musiker.

Wade Hayes erblickte am 20. April 1969 in Bethel Acres das Licht der Welt, wobei ihm die Musik bereits mit in die Wiege gelegt wurde. Sein Großvater spielte Fiddle und sein Vater war ein professioneller Gitarrist, und so entdeckte er seine Liebe zur Countrymusik. Die Mainstream-Popmusik, die seine Freunde hörten, war ihm zu leicht; er suchte Musik, die ihn etwas fühlen ließ.

Mit 10 Jahren spielte er Mandoline, mit 11 entdeckte er seine große musikalische Liebe, die Gitarre, und trat mit gerade einmal 14 Jahren als Lead-Gitarrist in die Band seines Vaters ein. Es hatte ihn immer fasziniert, mit wie viel Freude sein Vater auf der Bühne agierte. In seinem 96er Album "On a good night" verarbeitet er diese frühen Erfahrungen in dem Song "This is the life for me". Und das glauben wir ihm!

Am Erntedankfest 1992 fuhr er mit 450 Dollar und dem, was sein Auto fassen konnte, nach Nashville. Animiert dazu hatte ihn eine Rede von Ricky Skaggs im Rahmen der CMA-Awards, in der dieser junge Talente aufforderte, nach Nashville zu kommen und ihren Träumen zu folgen. Kurz nach seiner Ankunft erhielt er ein regelmäßiges Engagement in "Gilly´s Nightclub" und durfte ein paar Monate später bereits für Johnny Lee die Leadgitarre spielen. Die Music Row wurde auf den jungen Mann aufmerksam und Songschreiber Chick Rains stellte ihn dem allseits bekannten Produzenten Don Cook vor, der bereits drei Tage später als Vize-Präsident von Sony einen Vertrag über sieben (!) Alben mit Wade Hayes schloss.

1994 kam die CD "Old enough to know better" auf den Markt und im folgenden Jahr bekam Hayes als einziger Newcomer für sein Debüt-Album eine Goldene Schallplatte. Möglich wurde dies dadurch, dass der Titeltrack und "I´m still dancin with you", bei denen er auch als Co-Writer mitgewirkt hatte, auf Platz 1 der Charts landeten und "Don´t Stop" sowie "What I meant to say" die Top Ten erreichten. Das Markante an Wade Hayes und seinem Erstlingswerk war seine "unique voice". Mit seinem sanften Bariton brachte er bei seinen Balladen die Herzen zum Schmelzen und man nahm ihm die besungenen Schmerzen ohne Zweifel ab. Beim nächsten Song aber ließ er die Party richtig losgehen und machte mit seiner Stimme richtig Druck. Dazu kam eine Songauswahl, die es in sich hatte, denn so bekannte Leute wie Chick Rains, Tom Shapiro, das Erfolgsduo "Brooks and Dunn" sowie sein Produzent sorgten für das rechte Material.

1996 setzte Hayes seinen Erfolg mit dem Album "On a good night" fort, bei dem er nicht nur als Sänger sondern auch als Gitarrist seine Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte. Produzent Don Cook hatte die selben Musiker wie bei Wade´s Erstlingswerk ins Studio geholt und setzt dabei unter anderem auf Lonnie Wilson an den Drums, Mark Casstevens an der Gitarre und Rob Hajacos an der Fiddle. Auch bei den Textern und Komponisten sah man die altbekannten Namen wie z.B. Brooks&Dunn. Auch Marty Stuart war an einem Song beteiligt. Seinen unüberhörbaren musikalischen Roots zollte er Respekt durch die Neuaufnahme des von Hank Cochran und Willie Nelson geschriebenen "Undo the right". Und diese Roots sind es auch, welche die Musik des ruhigen, beinahe schüchternen Musikers so authentisch machen, denn an merkt ihm an, dass er diese Musik quasi mit der Muttermilch aufgesogen hat und nicht aufgrund seiner Stimmlage einem bestimmten Genre zugeordnet wurde in der Hoffnung auf gute Umsatzzahlen.

Diese Gewissheit setzt sich auch bei seinem dritten Longplayer "When the wrong one loves you right" aus dem Jahre 1998 fort, denn auch hier glaubt man dem begnadeten Gitarristen und Sänger jedes Wort, das er singt, jeden Spaß, über den er sich freut und jede Träne, die er gesanglich vergießt. Auffällig ist - wie auch bei den vorhergehenden Alben -, dass die Anordnung der Songs auf der CD meistens nach einem A-B-A-B-Muster erfolgt, dass also einem Uptempo-Song eine Ballade folgt, um dann wieder von einem lebhaften Song abgelöst zu werden. So hat der Hörer nie das Gefühl, eine zu ruhige oder zu lebhafte CD erwischt zu haben, denn das Verhältnis Uptempo zu Ballade ist fast immer 50 : 50. Strategie oder Zufall? Auf alle Fälle nicht schlecht gemacht!

Dieses System setzt sich auch im Jahr 2000 durch, als Wade Hayes sein bisher letztes Solo-Album "Highways & Heartaches" auf den Markt bringt. War jedoch bisher ein Songtitel immer Namensgeber einer CD, sucht man den Track "Highways & Heartaches" vergeblich auf dem Cover. Fündig wird man erst beim Hören des zweiten Liedes "Life after lovin´you", in dem die maßgebliche Textstelle im Refrain auftaucht. Auch in der Produktion dieses Werkes hat es eine Veränderung gegeben, denn neben Don Cook, der für drei Cuts verantwortlich zeichnet, tauchen diesmal auch Ronnie Dunn und Terry McBride im Studio auf, um ihre langjährigen und äußerst erfolgreichen Erfahrungen einfließen zu lassen. Dies führte zum wiederholten Male zu einem Album, dass den Linedancern ebenso zusagen dürfte wie den Freunden der gemächlicheren Gangart.

Neben den stets hochkarätigen Produzenten ist es auch Wade Hayes, der für die hohe Qualität der Alben zuständig ist, denn er behauptet von sich selbst, ein Perfektionist zu sein. "Wenn es nach mir ginge, würde ich viel länger im Studio stehen und singen, singen, singen, bis alles perfekt ist" lässt den hohen Anspruch erkennen, den er an sich und seine Musik stellt. Der Sänger mit den melancholischen Augen und der Bariton-Stimme wird von vielen als die Verbindung zwischen der klassischen und modernen Countrymusik gesehen, denn einerseits spielt er bei Live-Shows Songs von Willie Nelson, Bob Wills und Merle Haggard, andererseits ist er ebenfalls eine Aushängeschild der New American Music. Das einzige, das fehlt, ist ein neues Album, und mindestens eine Wade-Hayes-CD gehört in die Sammlung jedes Country-Fans.

Lothar Heising