Musik an sich


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The Hooters meets Manfred Mann's Earth Band - zwei Mal Classic-Rock im Paket




Info
Künstler: Hooters / Manfred Mann

Zeit: 28.07.2013

Ort: München - Circus Krone

Internet:
http://www.hootersmusic.com
http://www.manfredmann.co.uk

Das Paket, das am heutigen Abend im Circus Krone auftritt, lässt den geneigten Classic-Rock-Fan genüsslich mit der Zunge schnalzen: Die Hooters, eine Live-Band allererster Klasse, teilt sich die Bühne mit den Veteranen der Manfred Mann’s Earth Band. Als ich das letzte Mal im Sommer im altehrwürdigen Circus Krone war, bin ich vor Hitze fast zerflossen. Das ist heute komischerweise nicht der Fall. Ein kurzes Gespräch mit einer Ordnerin klärt die Sache auf: Es wurde vor kurzem eine Klimaanlage installiert. Zu Beginn ist die Tatsache etwas verwirrend, aber man gewöhnt sich unglaublich schnell dran!


Pünktlich um 20 Uhr beginnen die HOOTERS mit ihrer Show. Der Song „Alive“ vom Time Stand Still-Album ist ein richtig gut gewählter Einstieg, bei dem zumindest ich sofort anfange, mitzusingen. Es dauert ein paar Songs, bis die Hooters das Münchener Publikum so weit haben, dass sie aufstehen und mitfeiern. Es ist an diesem Abend nicht möglich, sich der Faszination dieser unglaublichen Band zu entziehen. Jeder der Musiker ist ein absoluter Könner seines Fachs und die Band versteht es, das Publikum einzubinden und einzuheizen. Selbst bei den ruhigen Songs schaffen sie es mühelos, die Fans zu begeistern. „Boys Of Summer“ machen die Hooters zu ihrem eigenen Song - und München ist aus dem Häuschen. Der Sound ist perfekt und so ist es ein purer Genuss, den abwechslungsreichen Songs der überaus sympathischen Amerikaner zu lauschen. Spätestens bei „500 Miles“ tanzt der gesamte Circus Krone und die Stimmung ist wirklich grandios. Das überträgt sich auf die Band, die sich von dieser Begeisterung anstecken lässt und ein wahres Feuerwerk an Liedern abfackelt. Sänger Eric Bazilian, der von Flöte über Gitarre bis Mandoline alles perfekt beherrscht, verausgabt sich total. Er ist mitten in seinem Element und liefert sich mit seinem Gegenpart an Gesang, Hammond-Orgel, Harmonica und Akkordeon, Rob Hyman, wahre Gesangsduelle. Wenn die beiden loslegen, wächst sprichwörtlich kein Gras mehr.

„All You Zombies“ wird zum Triumphzug, der Circus Krone steht Kopf. Es bleibt einem aber auch wirklich nichts anderes übrig. Bei dieser Musik und dieser Performance keinen Spaß zu haben, lässt schon auf absolute Taubheit schließen. Auch die restliche Band ist mit einem wahren Feuereifer bei der Sache und die Musiker pushen sich gegenseitig. Als Rob Hyman bei „Karla With A K“ das Akkordon zückt und die Anfangstöne spielt, ist das Konzert nahezu überirdisch. Es liegt ein Hauch von Magie in der Luft und ich habe das Gefühl, bei einem absoluten Mega-Konzert dabei zu sein. Keine Spur von Konzertroutine, von Alltag oder von Lustlosigkeit. Die Hooters lieben es auf der Bühne zu stehen und das lassen sämtliche Musiker zu 100 % raushängen. Diese Spielfreude sieht man selten bei einer kompletten Band so deutlich wie an dem heutigen Abend.

„Private Emotion“ sorgt für meterhohe Gänsehaut. Eric Bazilian singt die zweite Strophe auf deutsch und aus „Private Emotion“ wird „Heimliche Sehnsucht“. Minutenlange Ovationen sind die Folge und die Musiker freuen sich sichtlich über die begeisterten Publikumsreaktionen. Das Konzert vergeht unglaublich schnell. Kracher wie „Satellite“, „Johnny B.“ und „And We Danced“ versprühen eine Wahnsinns-Energie und halten die Laune am obersten Limit. Die Hooters verabschieden sich, werden aber noch für zwei Zugaben herausgepeitscht. Die sind vom Allerfeinsten und bestehen aus den Songs „One Of Us“, den Eric Bazilian auch wieder auf Deutsch singt, und „Time After Time“, den Rob Hyman mit seinem Goldkehlchen veredelt. Danach ist dann Schluss und München feiert die Hooters mit stehenden Ovationen. Absolut verdient - diese Leistung kann sich mehr als sehen lassen!

Setlist Hooters:
I'm Alive
Silver Lining
Day By Day
The Boys of Summer
Graveyard Waltz
500 Miles
Great Big American Car
All You Zombies
Deliver Me
Private Emotion
South Ferry Road
Karla With a K
Twenty-Five Hours a Day
Jigs N Reels
Satellite
Johnny B
And We Danced
---
One of Us
Time After Time


Danach ist Pause und ich denke mir, dass eigentlich nach dieser phantastischen Leistung keine andere Band mehr auf die Bühne zu gehen braucht. Das kann definitiv nicht mehr getoppt werden. Der letzte Auftritt der MANFRED MANN'S EARTH BAND den ich gesehen habe, liegt fast 10 Jahre zurück. Damals hat sie mir sehr gut gefallen und ich bin gespannt, wie sie sich mittlerweile präsentiert. Ich frage mich jedoch ernsthaft, ob Manfred Mann und seine Band hier auch nur ansatzweise punkten können.

Um 22 Uhr kommt Manfred Mann dann auf die Bühne. Angeführt von Sänger Robert Hart, der seit 2011 dabei ist, geht es auch bei der Earth Band mit einem glasklaren, tollen Sound los. Robert Hart ist stimmlich absolut in Topform und erinnert mehr als deutlich an Paul Rodgers, den legendären Bad Company-Sänger. Gitarrist Mick Rogers haut fetzig in die Seiten und das Konzert beginnt vielversprechend. Es dauert nicht lange, da verlässt der sympathische Robert Hart auch schon wieder die Bühne. Und das Unheil nimmt seinen Lauf. Manfred Mann, rechts auf der Bühne hinter seinem Keyboard, schnappt sich ein aus Modern Talking-Videos bekanntes „Keytar“, ein Keyboard zum Umhängen, und liefert sich mit Mick Rogers ein Solo im klassischen Stil der 70er Jahre. Das Publikum applaudiert artig und Manfred Mann geht wieder hinter sein Keyboard. Das Ganze wäre sicherlich originell, wenn man es hin- und wieder durchziehen würde. Manfred Mann macht das jedoch fast bei jedem Lied. So wird der dritte Song, eine Coverversion von Bruce Springsteen’s „Dancing In The Dark“, mal eben in eine 15-minütige Dudelorgie verwurstet. Man sieht immer mehr Leute, die während der „Improvisation“ auf die Toilette gehen, sich was zu essen holen oder auch das Konzert verlassen.

Mit zunehmender Spieldauer werden es immer mehr und es ist schon fast beängstigend, mit welcher Langeweile und welcher Lahmarschigkeit die Songs gespielt werden. Vom Schema ist es relativ einfach: der Song beginnt (die Menge beginnt warm zu werden), Improvisationsteil (langweilig) und kurzer Abschluss, damit man noch weiß, welcher Song vor einer Viertelstunde „angespielt“ wurde. „You Angel You“, ein Lieblingssong von mir, wird langsamer als die Studioversion gespielt und dann auch wieder zu einer 10-Minuten-Version ausgedehnt. Auch „For You“, in der Studioversion ein unnachahmlicher Kracher, wird bis zur Unkenntlichkeit „zerspielt“ und am Schluss weiß keiner mehr so recht, welcher Song das mal war. Leute mit einem schlechten Kurzzeitgedächtnis sind hier förmlich aufgeschmissen. Das schlimmste dabei ist schlicht und ergreifend, dass Robert Hart, der hoch motiviert ist und wirklich toll singt, ständig wieder von der Bühne „gejagt“ wird und auch noch vom Bühnenrand mit ansehen muss, wie Manfred Mann und Mick Rogers die Songs tot nudeln. Auch ist der Gesang von Mick Rogers bei „Father Of Day, Father Of Night“ nicht gut und wäre von Robert Hart sicher besser rüber gekommen.

Die Stimmung im Circus Krone ist mau und weil das so ist, wird mal eben „Do Wah Diddy Diddy“ in einer Mitsingversion fürs Publikum eingestreut. Hier geht gar nichts und es ist einfach nur zum Fremdschämen. Ein bisschen mehr Gespür hätte ich einer Band wie der Earth Band hier schon zugetraut. „Don’t Kill Carol“ ist gut gespielt und endlich mal ohne ein ewiges Solo in der Mitte. „Blinded By The Light“ könnte als Abschluss das Publikum ein bisschen versöhnen, aber es wird auch hier wieder ein völlig überflüssiges und viel zu langes Solo eingestreut. Es folgt ein sogenannter Höflichkeitsapplaus. Vom musikalischen her kann man der Band natürlich keinen Vorwurf machen. Allerdings schaffte es die Manfred Mann’s Earth Band nur ganz selten, das Publikum wirklich zu begeistern. Robert Hart wird völlig unter Wert verkauft. Er wäre ein Sänger, der mühelos 90 Minuten durchsingen kann und dabei noch Begeisterung und Spielfreude versprüht. Aber der Rest der Musiker ist zwar musikalisch über jeden Zweifel erhaben, kann aber keine Kommunikation mit dem Publikum aufbauen - oder versucht es erst gar nicht. Vor ein paar Jahren habe ich Chris Thompson mit seiner Soloband live in der Augsburger Rockfabrik gesehen. Da war zwar wesentlich weniger Publikum anwesend, aber der Typ hat ordentlich gerockt und hat sich mächtig ins Zeug gelegt. Davon war heute Abend wirklich nichts, aber auch gar nichts zu spüren.

Setlist Manfred Mann’s Earth Band:
Captain Bobby Stout
Martha's Madman
Dancing in the Dark
For You
Father Of Day, Father Of Night
Do Wah Diddy Diddy
Don’t Kill It Carol
You Angel You
Davy's on the Road Again
Quinn the Eskimo (The Mighty Quinn)
Blinded by the Light



Stefan Graßl



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