Das Devin Townsend Project: ein transzendental-progressiver Metalspaß




Info
Künstler: Devin Townsend Project

Zeit: 10.02.2017

Ort: München - Backstage Werk

Fotograf: Karl-Friedrich Wild

Internet:
http://www.hevydevy.com
http://www.facebook.com/dvntownsend

Der kanadische (ehemalige?) Metal-Weirdo Devin Townsend hatte zum Konzert in München geladen. Klar, da muss man hin. Ist auch schon ein paar Jahre her, dass der Schreiberling (bekennender Townsend-Fan) das letzte Mal auf einem Konzert von ihm war. Damals stand er noch stark unter Drogen und war mit seinem destruktiven Abrisskommando Strapping Young Lad unterwegs. Er hatte aber auch schon seine Devin Townsend Band am Start, von der immer noch (oder wieder) drei Mitglieder mit ihm spielen. Das Vorprogramm der Tour zum aktuellen Album Transcendence war interessant besetzt. Zum einen wurde der Tourtross von den Norwegern Leprous begleitet, zum anderen von den US-Amerikanern Between The Buried In Me.

LEPROUS sind derzeit ein richtiger Geheimtipp in Sachen progressiver, künstlerischer Metal. Man hat durchaus seinen eigenen Sound, der unglaublich leidenschaftlich und intensiv klingt und weit weg vom Dream-Theater-Genre-Standard ist. Ihre Songs sind trotz der teils halsbrecherischen rhythmischen Konstrukte meist relativ straight und leben vom Gesang Einar Solbergs. Dieser war auch schon öfter auf den Soloalben von Landsmann Ihsahn zu hören und Leprous fungieren auch immer wieder als dessen Liveband. Also nicht die schlechtesten Referenzen. Live klang die Band an diesem Abend sogar spannender und mitreißender als auf CD. Dort wirkt man doch teilweise etwas unterkühlt. Wenn man sieht, wie der Frontmann seine Songs durchlebt, kann man gar nicht anders als das gut finden. Leprous kamen mit ihren Stücken auch ziemlich gut an und man dürften durchaus ein paar Fans hinzugewonnen haben. Fürs zu Hause weiterhören gibt wurde vor kurzem das Livealbum Live at Rockefeller Music Hall veröffentlicht. Damit macht man keinen Fehler.

Während der Sound von Leprous ziemliche Eleganz besitzt, wurde es im Anschluss ein ganzes Stück brachialer. Auch wenn der Auftritt mit ruhigen, klaren Klangflächen startete, stammen BETWEEN THE BURIED AND ME doch eindeutig aus dem Mathcore-Bereich, was man immer wieder spüren lässt. Rabiate Parts und prog-, artrockige Teile, die ihre Wurzeln klar im Sound der 70er hat, wechseln sich stetig ab. Die Brüche sind dabei oft recht stark und beim Erstkontakt muss man sich daran erst einmal gewöhnen. Offensichtlich waren an diesem Abend viele da, die das schon hinter sich hatten. Denn trotz ihrer distanzierten Art (Ansagen, was ist das?), riss die Band einen großen Teil des Publikums mit ihren ausgeklügelten Stücken mit, die wie ein Wechselbad der Gefühle waren. Trotz allem ein relativ spannender Auftritt.

Aber am Ende dürften die meisten trotz des unterhaltsamen Vorprogramms auf den Hauptact gewartet haben: das DEVIN TOWNSEND PROJECT. Der Einstieg mit „Rejoice“ und „Night“ war recht harmonisch. Man konnte sich langsam eingrooven. So „heimelig“ sollte es aber nicht bleiben. Denn bei der Cybermetal-Maschine wurde des Öfteren auf die Wahnsinnstaste gedrückt. Die Spitze des Eisbergs war dabei das rabiate „Planet of the Apes“, bei der sich Devin Townsend eine absurd große, Rauchwolken verbreitende Flying V umschnallte. Denn für Dicke-Hose-Musik braucht es schließlich das richtige Gerät.

Das war nicht der einzige Witz den der Kanadier an diesem Abend riss. Devin entpuppte sich mehr und mehr als lustiger Zeitgenosse, der mit den Jahren starke Entertainer-Qualitäten entwickelt hat. Dabei ist es immer wieder schön, wenn es im Hard’n’Heavy-Bereich zwischendurch mal Musiker gibt, die sich nicht so ernst nehmen und über sich selbst lachen können. Das ist der Schlüssel zu diesem Konzert. Denn trotz so manch düsteren und abgründigen Augenblicks, wird jede Menge positive Energie verbreitet. Dass das äußerst zahlreiche erschienene Publikum (das Backstage Werk war fast komplett ausverkauft) diese so bereitwillig und voller Euphorie aufsaugte, quittierte Devin Townsend seinerseits mit viel Dankbarkeit. So schien es fast so, als hätte er das gehauchte „I love you“ der akustischen Zugabe „Ih-Ah!“ seinen Fans gewidmet.

Bis dahin gab es allerdings eine interessante Auswahl aus dem eigenen Songfundus. Da es dort keine klassischen Hits zu finden gibt, vermisste man auch nicht wirklich welche. „Suicide“, „Hyperdrive“, „Spercrush!“, das brandneue „Stormbending“ oder das den „offiziellen Teil“ beschließende „Kingdom“ waren nur ein paar der Highlights des Sets, das mit dem epischen „Higher“ des aktuellen Albums sein Ende fand.

Was als Erkenntnis des Konzerts blieb: Devin Townsend + Band funktioniert auch ohne psychischen Wahnsinn noch bestens. Der Ton ist natürlich ein anderer, aber ein ziemlich angenehmer. Nicht mehr so unberechenbar wie früher. Aber lieber ein gesunder Musiker, der uns weiterhin interessante Musik liefert und unterhaltsame Konzerte spielt!


Setlist Devin Townsend Project:
Rejoice
Night
Stormbending
Failure
Hyperdrive
Where We Belong
Planet of the Apes
Ziltoid Goes Home
Suicide
Supercrush!
March of the Poozers
Kingdom
---
Let It Roll
Ih-Ah!
Higher




Mario Karl



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