Musik an sich


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Grave Digger, Symphorce und Wizard live am 11.01.2004 in der Rockfabrik Ludwigsburg

Eine kultige Location, jede Menge Metalheads, ein Headliner der zu den bekanntesten Bands in diesem Genre zählt sowie zwei hoffnungsvolle Supportacts, die durchaus das Zeug haben, es der Hauptband irgendwann gleichzutun. Diese Zutaten garantieren schon fast für ein Konzert, bei dem man nachher auf keinen Fall bereut dabeigewesen zu sein. Auch wir waren natürlich Sonntagabend live vor Ort um euch ein wenig von diesem schwermetallischen Wochenausklang berichten zu können.

"Hammer, Bow, Axe & Sword" - allein schon der Titel des Opener der Bocholter Band WIZARD machte den wenigen unwissenden Besuchern der Rockfabrik klar, welche Art von Musik man die nächsten ca. vierzig Minuten genießen durfte´. Eigentlich war eine Vorstellung dieser Band auch überflüssig, denn bei dem Gig des routinierten Quartetts handelte es sich für das Ludwigsburger Publikum, dank öfterer Heimsuchungen der Zauberer, um alles andere als eine Gleichung mit vier Unbekannten. Dementsprechend feierten einzelne Fans den Haufen auch headlindergerecht ab, reckten die Nietenarmband-bedeckten Fäuste in die Höhe und sangen jeden Song der Truppe mit erstaunlicher Textsicherheit Wort für Wort mit. Ebenjene Stücke bewegten sich im Fahrwasser vom großen Bruder namens Manowar, wobei die Deutschen eher auf die schnellen Passagen, statt auf zuviel epische Einsprengsel setzte. Dies konnte deswegen durchaus auch einige Zeit mitreissen, wurde technisch sauber dargeboten, doch verlor nach drei bis vier Songs auf Grund mangelnder Abwechslung ein wenig seinen Zauber und begann fast schon zu langweilen. Zum Glück hatte die klischeehaft bekleidete Band auch ein paar Songs wie "Betrayer" vom neuen Album "Odin" oder einen ohrwurmartigen Abschluss in Form von "Defenders Of Metal" inklusive von den Konzertbesuchern dankbar angenommenen Mitsingteil am Start, was die heutige musikalische Visitenkarte von Wizard durchaus tauglich für die Schublade mit der Aufschrift "gelungen" machte obwohl ich in diesem Genre nicht nur aus reinem Lokalpatriotismus Bands wie z.B. Majesty vorziehen würde.

Mit einer etwas seltsamen Situation mussten sich an diesem Abend die schwäbischen Power-Metaller von SYMPHORCE auseinandersetzen, denn deren neues Album "Twice Second" (Review übrigens in dieser MAS-Ausgabe) kam erst tags darauf in die Läden. Doch selbst dieser Umstand hinderte Frauenschwarm Andy B.Franck und Co. nicht ihr Set mit dem nigelnagelneuen Song "Fallen" zu eröffnen und im Laufe dieses Quasi-Heimspieles noch jede Menge Material vom bis dato unveröffentlichten Longplayers nachzulegen. Im Endeffekt war dies auch kein schlechter Schachzug der Band, da auch das Ludwigsburger Publikum schon nach einmaligen Hören, die Klasse der Stücke durch zwar nicht fanatischen, aber zumindest anerkennenden Applaus zu würdigen wussten, was innerhalb der Musiker für sichtlich positive Stimmung sorgte, was man vor allen an den Faxen von Cede Dupoint und Andy B. Franck ohne weiteres ablesen konnte. Letztere hielt sich lobenswerterweise, wenn er gerade mal nichts zu tun bzw. singen hatte, im Hintergrund und überliess der Instrumentalfraktion die volle Aufmerksamkeit der Zuschauerreihen, die sie sich durch atemberaubende Solis bzw. Riffs auch mehr als verdient hatten. Neben einigen Songs aus dem "Phorceful Ahead"-Silberlings, durfte natürlich auch die obligatorische Powermad-Coverversion "Nice Dreams" nicht fehlen, die für mich von mal zu mal live wächst und so langsam eines der Highlights eines Symphorce-Gigs darstellt. Ein weiterer Höhepunkt war natürlich ebenfalls der gestenreiche Auftritt von Fronthünen Andy B.Franck (besonders gut zu beobachten bei "Cause Of Laughter"), der sein Zitat "Nur wenn ich nach dem Gig vor Schweiss triefe, war es ein gelungenes Konzert" durch seine Performance wieder mal eindrucksvoll bestätigte. Dass der Mann auch live singen kann wie ein junger Gott brauche ich glaub ich nicht noch extra zu erwähnen. Nachdem die Fans bei der schnellen Doublebass-Nummer "Two Seconds To Live" auch noch kräftig ihre Frisur schütteln durften, konnte man Symphorce bestätigen das sie heute nichts falsch gemacht hatten und es müsste schon mit dem Gehörnten persönlich zugehen, wenn der Truppe mit ihrer Mischung aus traditionellen Sounds und modernen Elementen nicht die Zukunft gehört.

So, nun aber zum Teufel mit modernen Sounds. Nun war der Moment gekommen, auf den das anwesende Volk der Lautstärke nach sehnsüchtig wie ein Baby auf die Muttermilch gewartet hat. Tja, und laut war das Publikum heute wirklich, denn ich glaube noch nie so vouluminöse und euphorische Reaktionen bei einem Heavy Metal-Konzert erlebt zu haben. Ein Tinnitus nur vom Geschrei des Nachbarn und nicht von der Musik ist doch auch mal was. Zu den Klängen von "The Ring" betrat der wie immer verkleidete Keyboarder H.P.Katzenberg die Bühne, entzündete feierlich mit einer Fackel ein paar nette Feuerchen, die für ein zünftiges True-Metal-Ambiente sorgten, und nahm seinen Arbeitsplatz hinter(!) dem Schlagzeug ein. Dabei fiel mir wieder einmal auf, wie bescheuert ich eigentlich die Maskerade des Tastenmannes so finde und wollte am liebsten "Lieber Hans-Peter, Drummer und Keyboarder haben optisch sogar im Heavy-Metal Narrenfreiheit und für deine kurzen Haare bringt dich hier bestimmt niemand um. (Bist ja eh hinter dem Drummer versteckt.)" rufen, doch meine Botschaft wäre in der Rockfabrik Ludwigsburg am heutigen Abend bestimmt untergegangen wie die Titanic nach ihrem Tanz mit dem Eisberg. Egal, ab jetzt zählte nur noch die Musik und die gabs von den erstaunlich gut aufgelegten Fünfer heute in Hülle und Fülle geboten. Den Strauss stahlgrauer Melodien eröffnete mit "Rheingold" ein Track des neuen Albums und von diesem fanden sich erstaunlich viele Stücke im Set der Band wieder, was ohne Zweifel für die Klasse des neuen Longplayers spricht. Bei den älteren Stücken der Routiners wechseln sich meiner Meinung nach sehr viel Licht und Schatten ab, doch den Mannen um Chris Boltendahl gelang es ohne Zweifel die Rosinen aus dem Kuchen, inklusive einiger selten dargebotenen Stücke, herauszupicken und so den Damen und Herren in den Zuschauerrängen ein Konzert zu bieten, das den Namen "Best Of Grave Digger" im wahrsten Sinne des Wortes verdiente. Die Zuschauer dankten es den Hauptdarsteller des heutigen Abends, indem sie jeden einzeln durch Rufen des jeweiligen Namens abfeierten und man kam sich beinahe so vor wie auf einem Fussballspiel des FC Schwermetall gegen Poser United.

Nach ca. 85 Minuten und absoluten Highlights wie "Maidens Of war", "Valhalla", "Excalibur", "Lionheart", "Morgana Le Fay", "Knights Of The Cross" usw. usw. usw. verließen die Totesgräber zum ersten Mal die Bühne, um nach fanatischen Zugabebekundungen der Fans wieder auf die Bretter, die die Musikerwelt bedeuten, zurückzukehren und welche zwei Songs jetzt im Zugabeblock enthalten waren, wusste jeder, der sich nur ein wenig mit dem wahren Metal auskennt, sofort. Alle anderen dürfen in dieses einfache Kreuzworträtsel die Worte "Rebellion" sowie "Heavy Metal Breakdown" eintragen und diese Klassiker zündeten genauso wie das Feuer das die von Sänger Boltendahl und Keyboarder Katzenberg gekreuzten Schwerter enfachten. Netter Abschlussgag eines Konzertes, das sich wirklich gelohnt hat. Und wer bei dem am heutigen Abend gebotenen noch was zu meckern hat, der sollte sich wirklich mal fragen ob er noch ganz richtig im Schädel ist. So sollte das Wochenende jedesmal ausklingen. 

Manuel Liebler

Internet:
www.legion-of-doom.de (Wizard)
www.symphorce.de 
www.grave-digger.de