Was Metallica mit ihrem doch recht umstrittenen S&M Klassikprojekt
fabriziert haben, schafften die Jungs von Rage durch ihre Zusammenarbeit mit dem
Lingua Mortis Orchester schon einige Zeit vor den Superstars aus Amiland und das
ganze auch noch um Klassen besser, da die Songs teilweise auf das Orchester
zugeschnitten sind und nicht umgekehrt. Live konnte man sich davon am besten
auf der Tour zu dem Meilenstein "XIII" im Jahre 1998 überzeugen, wovon auch
dieses Konzert im Kölner E-Werk stammt. Rage agiert dort natürlich noch in der
"alten" Besetzung, also inklusive den, inzwischen zur Rockpopgruppe 7ubseven
abgewanderten, ehemaligen Mitstreitern von Peavy Wagner. Natürlich kann sich
diese DVD nicht mit den neuesten multimedialen Auskopplungen von z.B. den
Onkelz oder Queensyrche messen, den es handelt sich um eine fast 1:1 Adaption
einer ausgestrahlten Sendung des WDR-Rockpalast. Aber auch der örtliche
Tonmischer hatte nicht unbedingt seinen besten Tag, den der Gesang ist manchmal zu
leise, das Zusammenspiel Orchester und Band kommt teilweise als Soundbrei daher
und Peavys Bass wirkt bei einem Stück total übersteuert. Dafür wird der Fan
aber mit einer bunten Songauswahl entschädigt, deren Hauptaugenmerk natürlich
auf dem damals aktuellen Werk "XIII" liegt, aber auch Stücke der "Black in
Mind"-Ära werden ausreichend gewürdigt. Die Band und das Publikum präsentieren
sich in einer guten Verfassung, nur Frontröhre Wagner fällt ein wenig durch
seine für dieses Genre schon fast zu freundlichen Ansagen und etwas
Nervosität wegen diesem historischen Ereignis auf. Aber gerade dieses "menscheln"
macht die Gruppe so sympathisch. Das Orchester jedoch zeigt spielerisch grosse
Klasse, dennoch habe ich manchmal den Eindruck als ob die Jungs und Mädels eher
nur ihre Noten herunterspielen, anstatt mit vollem Herzen dabei zu sein.
Auch die Kameraführung geht in Ordung, auch wenn die Grossaufnahmen der
Musikergesichter manchmal nerven, den hier sind nicht die Backstreet Boys oder Spice
Girls am Werk, sondern eine routinierte Metall-Kapelle (im wahrsten Sinne des
Wortes.) Als Schmankerl wird den Fans in der Halle noch ein in australischer
Ureinwohnerkriegsbemalung eingedeckter Didgeridoo-Spieler (der seinen
Auftritt ruhig um ein paar Minuten kürzen hätte können) vor "Just Alone", als
Zugabe das Rolling Stones Cover "Paint it Black" und ein Medley aus einigen
Rage-Stücken spendiert. Insgesamt also trotz einiger Schwächen und fehlender
Aktualität (vor kurzem veröffentlicht - Konzert von 1998) ein sehenswertes Stück
Heavy-Metal Geschichte.
Aber das war ja bei weitem noch nicht alles und dafür steht bekanntlich der
kleine Zusatz "plus" bei DVD. Auf einem entsprechendem Player kann man die
Videos von "Deep in the blackest hole", "From the cradle to the grave" und
"Alive but death" sehen, die sehr schön in Szene gesetzt sind. Schade das auf
unseren Musiksendern für solche Dinge kein Forum geboten wird und die teuren
Videos praktisch nur zu solchen Anlässen an den Mann gebracht werden. Ausserdem
kann man sich noch eine Bandbio -und eine Discographie durchlesen, die aber
leider zu sehr auf die Zeit der Jungs bei G.U.N.-Records zugeschnitten ist, so
werden einige wichtige Alben von Rage einfach ignoriert und entsteht der
Eindruck bei diesem Werk, das versucht wird aus der Orange der Sorte "Rage" das
letzte Tröpfchen Saft herauszupressen, da vor kurzen ja schon die
Rage-Best-of-all-G.u.n.-Years-CD erschienen ist. Aber auch für Menschen ohne einen
DVD-Player ist der Silberling durchaus interessant, da auf der Audioseite alle
Bonus- und Samplerbeitrage von Peavy und Co. versammelt sind. Da tummeln sich
auf der 46minütigen Audio-CD unter anderem Coverversionen wie Priests
"Jawbreaker", Maidens "Trooper" oder sogar "Yesterday" von den Beatles und
Neuinterpretationen wie "Don`t fear the winter"(Version 2001) sowie Bonustracks wie "End
of eternity" der nur Käufern der Erstauflage von "Ghosts" vorenthalten war.
Der Kauf lohnt sich also fast schon wegen den Audiotracks, da die DVDplus
fast zu dem Preis einer "normalen" CD angeboten wird.
Ein gelungenes Paket also, leider mit einem kleinen Nachgeschmack, aber dies
dürfte bei dem Preis und Angebot wohl kaum ins Gewicht fallen.
Manuel Liebler
14 von 20 Punkten
Internet: www.rage-on.de