Nicole Johänntgen

Labyrinth


Info
Musikrichtung: Jazz-Fusion

VÖ: 24.09.2023

(Selmabird)

Gesamtspielzeit: 40:24

Internet:

https://www.nicolejohaenntgen.com/
https://uk-promotion.net/


2011 nannte sie sich Nicole Jo, als ihre Platte "Go On" erschien, seinerzeit das fünfte Album. Damals stellte ich fest, dass die Musik im Rahmen von jazziger Fusion durchaus gut sei, aber mir fehlten einerseits groovender Funk und andererseits Raffinesse und Ideenreichtum.

Wie sieht es nun aus mit dem aktuellen Album Labyrinth? Eingespielt wurde es auf jeden Fall mit einer ungewöhnlichen Besetzung. Neben den Saxofonen der Protagonistin gibt es eine Tuba zu hören und rhythmisch wird von einem Perkussionisten gestaltet. Und auf zwei Songs wirkt Gaststar Victor Hege am Sousaphon, eigentlich ja eine Form der Tuba, und so entführt uns dieses Gemeinsame dann ein wenig nach New Orleans und die dortigen Street Bands. Und so empfinde ich die beiden Songs mit Sousaphon-Beteiligung auch als die am interessantesten. Nun, den vollen Sound einer Dirty Dozen Brass Band erzeugt man zwar noch nicht, aber zusammen mit der Perkussion entführt mich der Sound dann doch ein wenig nach New Orleans und erzeugt eine sehr gute Stimmung!

Ja, wenn man in diesem Trioformat den Bass durch eine Tuba ersetzt, muss man davon ausgehen, dass der Sound behäbiger sein wird und weniger fließend, ergo auch etwas geerdeter, und so schunkelt zum Beispiel der Song "In Gedanken" auch eher behäbig dahin, so kann man sich dann auch gelassen den Gedanken hingeben, Stauffacher bringt durch seine Perkussion dezente lateinamerikanische Elemente ein, so dass durchaus ein ungewöhnlicher Song geschaffen wurde.

Ungewöhnlich ist natürlich, dass die Tuba einst als wichtiges Instrument im Jazz genutzt wurde, eben als Vorläufer des Kontrabasses. Später und noch heute findet das Instrument allenfalls noch Verwendung in Verbindung mit Dixieland-Bands. Doch in diese Richtung strömt die Musik auf Labyrinth nun gar nicht, und Jazz in seiner Urform wird auch nicht geboten, insofern befindet sich die Tuba in einem ganz anderen Umfeld.

Im Lineup ist Nicole Johänntgen nicht aufgeführt mit ihren Stimmbeiträgen, die sich ohne Worte gelegentlich einfügen. Und wie kann ich das Saxofon-Spiel der Protagonistin beurteilen? Gleich beim Auftaktsong, dem Titelstück, erinnert mich ihr Ausdruck zu Beginn des Songs sehr an John Coltrane, wenn dieser Balladen spielte, so ein kleiner Hauch dieser Spiritualität ist für mich zu spüren. Ansonsten, im Verbund mit Tuba und Perkussion, wirkt ihr Spiel dann eher perkussiv und wenig jazzmäßig swingend. Erst wenn sie dann ausbricht und freier wird, dann sehe ich diese Lösung als sehr vorteilhaft und auch mitreissend.

Insgesamt betrachte ich die Musik des Albums sicher als ein gewagtes Unterfangen, puristische Jazzfans dürften sich wohl eher nicht daran erfreuen, Freunden von Fusion wird das zu wenig Fusion sein, so hängt das Ganze irgendwie zwischen zwei Stühlen und es empfiehlt sich daher auch viel Offenheit für diese zehn neuen Songs, im Übrigen alle von Nicole Johänntgen komponiert. Zu betonen ist auf jeden Fall, dass diese Experimentierfreude hoch anzurechnen ist, das Wagnis, solch wahrscheinlich relativ unpopuläre Musik zu schaffen. Ein wenig zugänglicher mögen die kurzen Songs sein, "Good Night My Dear" ist ein ruhiges Liedchen, und sehr interessant ist auch "Little Song for Nenel", wo die Protagonistin im Wechsel mit dem Saxofon, ansonsten unbegleitet, singt, es soll sich hier um eine Widmung an ihr Kind handeln.



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Labyrinth (4:38)
2 In Gedanken (4:37)
3 Canyon Wind (5:11)
4 Simplicity, Curiosity! (5:43)
5 Straight Blues, Baby, Straight! (6:13)
6 Lac Léman (3:02)
7 Get Up and Dance (2:39)
8 Good Night My Dear (2:05)
9 Little Song for Nenel (3:06)
10 Song for Nenel (3:08)
Besetzung

Nicole Johänntgen (alto & soprano saxophone, voice)
Jon Hansen (tuba)
David Stauffacher (percussion)
Special guest on track 4 & 5:
Victor Hege (sousaphone)



 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>